Ältere Damen üben Tai Chi: Das neue Pflegestärkungsgesetz erfasst körperliche, geistige und psychische Einschränkungen in Zukunft besser. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 09.09.2015 um 15:05
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Der Gesetzgeber hat mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz die heutige Pflegepflichtversicherung vollständig verändert. Was neu ist, welche Auswirkungen das auf bereits pflegebedürftige Leute haben dürfte und wie die Versicherungsgesellschaften bei ihren privaten Pflegeprodukten reagieren könnten, erklärt Thorulf Müller in seinem Gastbeitrag.

Was passiert mit den Personen, die heute bereits eine Pflegestufe haben?

Alle heute beziehungsweise bis zum 1. Januar 2017 anerkannten pflegebedürftigen Personen werden automatisch in das neue System übergeleitet. Es muss kein neuer Antrag auf Begutachtung gestellt werden.

Folgende Regeln gelten grundsätzlich:

„Menschen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen werden automatisch in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet.“
Beispiele: Pflegestufe I wird in Pflegegrad 2, Pflegestufe III wird in Pflegegrad 4 übergeleitet.

„Menschen mit geistigen Einschränkungen kommen automatisch in den übernächsten Pflegegrad.“
Beispiel: Pflegestufe 0 wird in Pflegegrad 2, Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird in Pflegegrad 4 übergeleitet.

Was passiert mit den Pflegezusatzversicherungen?

Rententarife der Lebensversicherer sehen wir aktuell kritisch. Da muss man schon die berechtigte Frage stellen, was die da konkret machen wollen. Entsprechende Regelungen für die Änderung der laufenden Verträge gibt es wohl nicht.

Pflegegeldtarife der PKV sind zu unterscheiden:

1. Ganz alte Tarife auf der Basis alter Rechtsgrundlagen (MB/PV)
2. Moderne Tarife auf der Basis MB/EPV mit Option auf Umwandlung in neue Tarife bei Gesetzesänderungen
3. Moderne Tarife auf der Basis MB/EPV ohne Option auf Umwandlung in neue Tarife bei Gesetzesänderung
4. Pflege-Bahr (MB/GEPV2013)

Grundsätzlich sollten eigentlich nur Verträge vermittelt werden, die eine Option auf eine Umstellung haben. Dann muss natürlich der Versicherer noch einen neuen passenden Tarif anbieten, weil sonst diese Option ins Leere führt.

Ist das nicht der Fall, dann könnte man mit dem Paragrafen 204 VVG eine Änderung durch den Tarifwechsel herbeiführen. Auch hier stellt sich natürlich die Frage, ob es passende Tarife gibt und was gegebenenfalls an Mehrleistungen zu beachten ist.

Nach unseren Informationen will aber der PKV-Verband mit der Bafin abklären, ob hier nicht gegebenenfalls der Paragraf 203 Abs. 3 VVG anzuwenden ist:

3) Ist bei einer Krankenversicherung im Sinn des Absatzes 1 Satz 1 das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens berechtigt, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderungen zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer erforderlich erscheinen und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderungen überprüft und ihre Angemessenheit bestätigt hat.

Dieser Lösungsansatz erscheint uns sinnvoll zu sein, weil man sich damit auch die Arbeit sparen würde mit jedem einzelnen Kunden im Bestand das Gespräch zu führen.

In Pflege-Bahr-Tarifen ist das bereits in Paragraf 11 Abs. 1 MB-GEPV zweiter Absatz geregelt:

Ändert sich die vertragliche Leistungszusage des Versicherers aufgrund der dem  Versicherungsverhältnis zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen, ist der Versicherer berechtigt, die Beiträge mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders entsprechend dem veränderten Bedarf zu erhöhen oder zu verringern.

Bei verringertem Bedarf ist der Versicherer zur Anpassung insoweit verpflichtet. Erhöht der Versicherer die Beiträge, hat der Versicherungsnehmer ein Sonderkündigungsrecht gemäß Paragraf 17 Absatz 4.

Verträge Zusatzversicherung in Leistung

Wenn der PKV-Verband es nicht so macht, oder nicht alle Versicherer mitmachen, dann stellt sich die Frage, wie die Leistung zu handhaben ist.

Der Gesetzgeber hat hier durch die Überleitung im PSG II aber schon eine klare Leitlinie vorgegeben.

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