Hermann Schrögenauer ist Vertriebsvorstand der Lebensversicherung von 1871 (LV 1871) in München. © LV 1871
  • Von Lorenz Klein
  • 15.12.2020 um 10:20
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Mit seiner These „Das Ende der Ausschließlichkeit naht“ hat Hermann Schrögenauer, Vertriebsvorstand der LV 1871, jüngst für Wirbel gesorgt. Im Interview mit Pfefferminzia verteidigt er seine Aussage und spricht zudem über die Vertriebsstrategie des Münchener Lebensversicherers und auch darüber, was Kunden von Maklern in Zukunft erwarten.

Pfefferminzia: In Ihrem Ausblick auf das kommende Jahr haben Sie kürzlich fünf Themen vorgestellt, die die Branche „bewegen“ werden – und dabei auch folgende These geäußert: „Das Ende der Ausschließlichkeit naht“. Warum haben Sie diese sehr zugespitzte Aussage gewählt, denn ein solches Szenario dürfte doch auf absehbare Zeit nahezu ausgeschlossen sein, oder?

Hermann Schrögenauer: Die Ausschließlichkeitsorganisation (AO) befindet sich quasi im Run-Off – das ist eine Entwicklung, die wir schon seit mehreren Jahren beobachten können. Sicherlich wird das noch eine Zeit dauern, aber ein Ende ist absehbar. Nicht umsonst boomen Spezialanbieter, die Vermittler aus der Ausschließlichkeit holen. Parallel dazu öffnen sich Banken für Produkte mehrerer Versicherer, um ein umfassendes Portfolio für die Kunden zu bieten. Wir fühlen uns damit in unserer Strategie und Aussage bestätigt: Wir haben noch nie auf AO-Vermittlung gesetzt und fahren damit sehr gut, denn wir glauben, dass die unabhängige Beratung das ist, was die Kunden suchen. Der unabhängige Makler steht rechtlich als einziger im Lager des Kunden und daher auch für „best advice“.

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Pfefferminzia: Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, wo und wie der Kunde seine Altersvorsorge abschließt – sei es beim Makler, beim Vertreter oder auch online?

Schrögenauer: Unabhängig vom Vertriebsweg muss der faire Umgang mit dem Kunden höchste Priorität haben – das schließt ein, dass die Interessen des Kunden im Mittelpunkt stehen. Jeder Kunde hat andere Vorlieben und Ansprüche, was beispielsweise die Tiefe an Informationen und Beratung angeht. Auf dieser Basis werden Ansprechpartner beziehungsweise Zugangswege gesucht.

Eines steht für uns aber fest: Das Thema Altersvorsorge ist zu wichtig und die Bedürfnisse zu individuell, als dass One-Size-Fits-All-Lösungen hier funktionieren. Lassen Sie mich das anhand eines alltäglichen Beispiels erläutern: Kleidung. Versetzen Sie sich mal in den Kunden: Die wenigsten Kunden kaufen all ihre Kleidungsstücke nur von einer Marke. Vielmehr schauen sie sich in verschiedenen Läden um, probieren verschiedene Marken und kombinieren und vergleichen unterschiedliche Labels. Dabei sprechen wir hier wir von verhältnismäßig schnelllebigen Consumer-Produkten. Wie soll da Altersvorsorge von der Stange funktionieren, auf die sich der Kunde über Jahrzehnte verlassen können muss?

Pfefferminzia: Was erwartet der Kunde künftig, wenn er die Dienste eines Maklers in Anspruch nimmt?

Schrögenauer: Kunden haben heutzutage andere Erwartungen, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Im Zuge der Digitalisierung hat sich das Nutzerverhalten gewandelt: Oftmals haben sich Kunden schon online informiert, bevor sie sich überhaupt an einen Makler wenden. Das muss dem Makler bewusst sein, um die wirklich relevanten Informationen zu vermitteln und den Kunden individuell an geeigneter Stelle abzuholen.

Die Individualisierung ist einer der Megatrends unserer Zeit. Durch die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung wird das einmal mehr vorangetrieben, da der Einzelne immer autonomer wird. Um dem gerecht zu werden, muss der Makler die Kundenbrille tragen und nah am Kunden sein. Ihm zuhören, seine Bedürfnisse und Möglichkeiten im Gespräch herausfinden, ihm individuelle Vorsorgemöglichkeiten aufzeigen, ihn umfassend beraten und auf dieser Basis die passenden Produkte suchen. Dabei fungiert er nicht als Produktverkäufer, sondern als Vorsorgevermittler.

Pfefferminzia: Wie kann sich der Makler ganz konkret auf die sich verändernden Anforderungen und Wünsche des Kunden vorbereiten?

Schrögenauer: Das nötige Wissen und die passenden Tools sind wichtig, um auf die neuen Anforderungen reagieren zu können. Was unserer Erfahrung nach aber noch wichtiger ist, ist das Mindset. Vermittler müssen erkennen, dass die Digitalisierung ihr Geschäftsmodell zwar vor Herausforderungen stellt, aber gleichzeitig auch Chancen bietet, diese zu bewältigen. Die Digitalisierung macht den Beratungsprozess schlanker, schneller und mehr convenient – das können Makler für sich nutzen. Schneller beziehungsweise schnelllebig ist hier aber auch das Stichwort: Um das eigene Geschäft nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen, müssen sich die Vermittler stetig weiterbilden – und zwar über das vorgeschriebene Maß hinaus. Versicherer bieten hier inzwischen umfangreiche Angebote für Makler.

Eine Chance, die die Digitalisierung bietet, ist die Online-Präsenz. So können Makler ihre Kunden genau dort abholen, wo sie sich informieren und sie dann über alle Touchpoints hinweg begleiten. Indem Makler auf Online-Marketing und Social-Selling setzen, werden aus analogen Empfehlungen der Vergangenheit digitale Leads der Zukunft.

Zu bestehenden Kunden sollten Makler eine enge Beziehung aufbauen. Das erreichen sie, indem sie sich über eine klare Personal Brand positionieren und ihre Kunden als Partner über die komplette Customer Journey hinweg authentisch begleiten und beraten. So bauen sie langfristig Vertrauen auf, was die Tür für Up- und Cross-Selling öffnet.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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