Trafen sich in Hamburg, um über die Zukunft der privaten Krankenversicherung zu sprechen (v.l.): Jan Roß, Inter; Eric Bussert, Hanse-Merkur; Wiltrud Pekarek, Hallesche; Thomas Wiesemann, Allianz; Karen Schmidt, Pfefferminzia; und Marcus Kremer, Continentale. © Jens Hannewald
  • Von Redaktion
  • 14.08.2018 um 10:52
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Die PKV hat ein neues Hoch bei den Altersrückstellungen erreicht. Trotzdem befürchten potenzielle Kunden, ihre Beiträge im Alter nicht zahlen zu können. Gibt es hier ein Beratungsproblem? Das sowie weitere Themen wie das neue Hamburger Modell für Beamte, der schwelende Treuhänderstreit und die Chancen von E-Health besprachen wir mit Experten.

Bleiben wir beim Thema Beratung. Die Altersrückstellungen der PKV sind mit über 250 Milliarden Euro auf einen neuen Rekordwert geklettert. Trotzdem ist ein Hauptargument potenzieller Kunden gegen eine PKV, dass sie befürchten, die Beiträge im Alter nicht mehr zahlen zu können. Schaffen es die Berater nicht, die Vorteile der PKV rüberzubringen?

Bussert: Das ist zumindest eine naheliegende Vermutung. Es liegt aber sicherlich auch daran, dass Einzelfälle von deutlichen Beitragssteigerungen im Alter, dann wieder auf die ganze Branche übertragen werden. Es gibt in den verschiedenen Häusern, auch in unserem, regelmäßige Auswertungen, wie die Beitragsentwicklung mit 60, 70 oder 80 Jahren ist. Dabei offenbaren sich viele kosten- und beitragsdämpfende Faktoren, wie etwa den Wegfall des gesetzlichen Zuschlags ab 60 Jahren. Während der Laufzeit gibt es außerdem zahlreiche Möglichkeiten, für einen stabilen Beitrag im Alter zu sorgen. Sei es durch das Umsteigen auf andere Selbstbehaltsstufen, sei es durch andere Tarifbausteine, die dann im Alter niedrigere Beiträge ermöglichen. Darüber aufzuklären ist allerdings eine große Aufgabe für Berater, das müssen sie drauf haben, damit der Kunde am Ende auch ein gutes Gefühl hat und solche Themen abgefangen werden.

Wiesemann: Mein Eindruck ist, dass sich sehr viel verändert hat in der Beratung. Als die Zinsen noch bei 6 oder 7 Prozent lagen und der Rechnungszins 3,5 Prozent betrug, spielte das Thema Beitragsanpassungen im Alter noch nicht diese große Rolle. Das ist heute ganz anders. Heute ist neben der Wahl des richtigen Tarifs ganz entscheidend, dass ich auch eine finanzstarke Gesellschaft auswähle. Denn hinter der Vollversicherung, aber auch bei der Pflegeversicherung, stecken langfristige und große Sparvorgänge. Das sind zum Teil die größten Sparvorgänge im Laufe eines Menschenlebens.

Roß: Daher ist es auch wichtig, sich in dem aufkommenden Markt der Vergleicher und der Portale nicht nur vom Preis leiten zu lassen – sei es als Berater oder als Endkunde. Idealerweise wähle ich eine Krankenversicherung nur einmal aus, sie begleitet mich dann ein Leben lang. Ich möchte als Kunde also auf Dauer den günstigsten Beitrag generieren, und eben nicht nur am Anfang und hinten raus kommen dann die Probleme. Zu einer vernünftigen PKV-Beratung gehört daher auch immer der Blick in die Altersvorsorge-Situation des Kunden.

Pekarek: Man muss aber auch sagen, dass die Gegner der privaten Krankenversicherung durch die lange Phase der Regierungsbildung sehr viel Raum hatten, Argumente gegen die PKV vorzubringen. Sie haben es sehr gut verstanden, Kunden, die den Wechsel zu uns vielleicht überlegt hatten, mit Halbwahrheiten wieder umzustimmen. Uns fehlt als Branche oft das Selbstbewusstsein, den Wertbeitrag, den wir als PKV für unser duales Gesundheitssystem leisten, herauszustellen. Wir müssen klar Stellung beziehen und unseren Gegnern das Stoppschild zeigen: „Die Argumente gegen die PKV sind schlicht und ergreifend falsch.“

Kremer: Ich teile diese Sicht. Was in der Phase der Koalitionsverhandlungen zum Beispiel untergegangen ist, ist die finanzielle Situation der Kassen. Derzeit mag die Lage dank der guten Beschäftigung ganz gut sein. Aber das ist ja nicht nachhaltig. Die Krankenkassen haben keine Demografie-Vorsorge über 250 Milliarden Euro aufgebaut wie die PKV. Da gibt es einen Monatsbeitrag, das war‘s. Denken wir mal zehn Jahre weiter, sieht die Lage ganz anders aus.

Wiesemann: Auch unser Abschneiden im internationalen Vergleich sollte man herausstellen. Das deutsche Gesundheitssystem ist eines der leistungsfähigsten der Welt. Das muss man vielleicht stärker an Einzelbeispielen deutlich machen. In Deutschland braucht man für die Markteinführung eines neuen Medikaments 3,5 Monate, in den Niederlanden sind es 10 Monate und in Spanien 16 Monate. Einen Termin beim Hausarzt bekommt man hierzulande in 76 Prozent der Fälle am gleichen Tag oder einen Tag später. Da sind wir ganz vorne im OECD-Vergleich.

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