Fabian von Löbbecke ist Vorstandsvorsitzender der HDI Pensionsmanagement und im Vorstand der HDI Lebensversicherung verantwortlich für den Bereich Produkte und Neugeschäft Leben. © HDI
  • Von Lorenz Klein
  • 10.06.2022 um 13:29
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„Wir brauchen liberalere Vorgaben für die betriebliche Altersversorgung“, fordert HDI-Leben-Vorstand Fabian von Löbbecke im Interview mit Pfefferminzia. Außerdem sagt er, ob das Sozialpartnermodell noch eine Zukunft hat, warum eine harte Bruttobeitragsgarantie „real Geld vernichtet“, wie die bAV nachhaltiger werden kann und wie Vermittler ihre bAV-Beratung erfolgreich gestalten können.

Um dem „Zangengriff“ aus hoher Inflation und niedrigen Kapitalmarktzinsen zu entkommen, forderte die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) kürzlich von der Politik unter anderem, die „strengen Vorgaben für den vollständigen Beitragserhalt bei der Riester-Rente beziehungsweise in Teilen der betrieblichen Altersversorgung“ zu lockern. Unterstützen Sie diese Haltung und wenn ja, warum?

Ja, in der Tat. Der Griff muss gelockert werden. Jeder weiß, Garantien kosten Geld. Zudem kann die Sicherheit einer Garantie auch trügen, denn nominal ausgesprochene Garantien werden durch die Inflation geschwächt beziehungsweise völlig aufgezehrt. Wir erleben aktuell einen realen Kaufkraftverlust von fast acht Prozent. Wer hier weiter auf harte Bruttobeitragsgarantien setzt, vernichtet real Geld. Um auch in Zukunft auskömmliche Versorgungsleistungen aufbauen zu können, sind reduzierte Garantien zugunsten kapitalmarktorientierter Renditechancen zwingend erforderlich.

Allein: Bislang sind die Spielräume für reduzierte Garantien in der bAV begrenzt. Lediglich die schon diskutierte reine Beitragszusage im Rahmen des Sozialpartnermodells lässt die Zügel locker und verbietet sogar die Zusage von Garantien jeglicher Art. Außerhalb eines tarifvertraglichen Modells kann wiederum derzeit nur die beitragsorientierte Leistungszusage Abhilfe leisten. Im Wortlaut des Gesetzes und nach herrschender Meinung ist für diese Zusageart keine Mindestleistung im Sinne einer hundertprozentigen Beitragsgarantie festgeschrieben. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden, um einerseits den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Altersgruppen eine ertragreiche Versorgung zu ermöglichen und andererseits die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen einer beitragsorientierten Leistungszusage zu erfüllen.

Wie halten Sie es bei HDI mit der richtigen Balance?

Die HDI Lebensversicherung bietet für das Neugeschäft in der bAV ausschließlich Tarife im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage an, die eine Bruttobeitragsgarantie von 80 Prozent beziehungsweise 90 Prozent in Abhängigkeit des Tarifs zum vereinbarten Rentenbeginn gewähren. Je nach Produkt, Laufzeit und Kollektivstufe können sich auch höhere Garantieleistungen ergeben. So können wir unsere Kunden an den Renditechancen am Kapitalmarkt in höherem Maß teilhaben lassen, also bei höheren Garantieniveaus.

Dennoch sende ich einen klaren Appell an den Gesetzgeber: Wir brauchen liberalere Vorgaben für die bAV. Wir brauchen einfache Regelungen, die für alle Marktteilnehmer auch außerhalb von Tarifverträgen gelten. Wir brauchen zügige Klarstellungen, denn Vorsorgeentscheidungen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Allen Stakeholdern der bAV und besonders der Politik muss daran gelegen sein, dass die Verbreitung der bAV deutlich gesteigert wird. Um das zu erreichen, müssen die eben genannten Punkten aus meiner Sicht endlich angegangen werden!

Sie hatten die Inflation angesprochen: Die teils rasant zunehmende Teuerung beherrscht seit vielen Wochen die Schlagzeilen in Deutschland. Im Mai lagen die Verbraucherpreise um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mitteilte. Demnach gehen die Experten auch für den Sommer von weiter hohen Inflationsraten aus. Ist diese Entwicklung für den Vertrieb von bAV-Produkten ein Risiko oder vielleicht sogar eine Chance?

Ich sehe klar weiterhin die Chancen und das große Potenzial der bAV. Die Gründe liegen auf der Hand: Keine andere Vorsorgeform bietet so viele Renditehebel und Vorteile, für den effizienten Aufbau einer lebenslangen Altersrente. Der aktuelle Kaufkraftverlust ist zugegebenermaßen ein mächtiger Gegner, doch die Investition in Produktivwerte am Kapitalmarkt bietet dagegen langfristig Schutz vor der Geldentwertung. Wer Geld langfristig in Aktien anlegt, erzielt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach Abzug der Inflation eine beachtliche Rendite. Genau hier setzen auch fonds- oder indexgebundene Versicherungsprodukte an, um den Kunden attraktive Kapitalmarktrenditen zu ermöglichen.

Und die bAV kann noch mehr: Zusätzlich zu den reinen Produkterträgen profitieren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der bAV von der sogenannten Systemrendite. Die staatlichen Fördermechanismen der bAV, die begünstigenden gesetzlichen Arbeitgeberzuschüsse, der Freibetrag für Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Rentner und Rabattierungen durch Kollektivtarife sorgen selbst dann für ein sicheres Renditefundament, wenn die bAV-eigene Produktrendite kalkulatorisch mit null Prozent angesetzt würde. Schon 2020 haben wir mit einer unabhängigen Analyse durch das Institut für Vorsorge- und Finanzplanung die Vorteilhaftigkeit einer bAV belegt.

Seite 3: „An grünen Investments geht daher kein Weg vorbei“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 2 Jahren

Will man die Bürger korrekt beraten und die Chance auf lebenslang adäquate Vorsorge bieten, sind seit Draghi die BAV, Versorgungswerke, Metall-Klinikrente, berufsbezogene Gruppenverträge etc. sichere Verlustbringer und aktuell nach allen Kosten, auch aus evtl. Haftungsgründen, sehr riskant.
Weshalb sonst ist das Versorgungswerk der Steuerberater in Schleswig-Holstein in Insolvenz und Riester nicht rentabel, eigentlich ein gutes, sozial gerechtes Modell, von der Politik zerstört.
Natürlich nicht von den Versicherern zu verantworten-vom Verbraucherschutz gefordert, der EU und in D umgesetzt, aber es wird mit Gewinnversprechen verkauft, die bisher und noch lange NICHT mehr zutreffen.
Ich kann alles Digital, mit dem besten Finanzplan und diversen Absicherungskonzepten erstellen, ausreichende Versorgung, wird man aktuell garantiert nur mit sehr hoher Rendite erzielen.
Der Staat ist völlig ungeeignet, für Zusatzversorgungen, sollte aber diese Innovation übernehmen und kann damit die aktuell unfinanzierbare Rentenversorgung sicherstellen.

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Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 2 Jahren

Will man die Bürger korrekt beraten und die Chance auf lebenslang adäquate Vorsorge bieten, sind seit Draghi die BAV, Versorgungswerke, Metall-Klinikrente, berufsbezogene Gruppenverträge etc. sichere Verlustbringer und aktuell nach allen Kosten, auch aus evtl. Haftungsgründen, sehr riskant.
Weshalb sonst ist das Versorgungswerk der Steuerberater in Schleswig-Holstein in Insolvenz und Riester nicht rentabel, eigentlich ein gutes, sozial gerechtes Modell, von der Politik zerstört.
Natürlich nicht von den Versicherern zu verantworten-vom Verbraucherschutz gefordert, der EU und in D umgesetzt, aber es wird mit Gewinnversprechen verkauft, die bisher und noch lange NICHT mehr zutreffen.
Ich kann alles Digital, mit dem besten Finanzplan und diversen Absicherungskonzepten erstellen, ausreichende Versorgung, wird man aktuell garantiert nur mit sehr hoher Rendite erzielen.
Der Staat ist völlig ungeeignet, für Zusatzversorgungen, sollte aber diese Innovation übernehmen und kann damit die aktuell unfinanzierbare Rentenversorgung sicherstellen.

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