Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen. © Banerjee & Kollegen
  • Von Redaktion
  • 13.09.2023 um 11:23
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Für Angestellte in Banken und Versicherungen gehören Provisionen oft zur festen Gehaltsstruktur. Dabei sollten Arbeitnehmer mit Provisionsansprüchen generell auf einige Punkte bei der Gestaltung ihrer Vereinbarungen achten, etwa mit Blick auf Verfallsfristen. Rechtsanwalt Tim Banerjee klärt in seinem Gastbeitrag auf.

Für viele Angestellte in Banken und Versicherungen gehören Provisionen beziehungsweise Zahlungen für vermittelte Geschäfte zur festen Gehaltsstruktur. Je nach Gestaltung können diese einen spürbaren Anteil an der gesamten Vergütung ausmachen. Als Provision wird im Arbeitsrecht im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) die Erfolgsprämie beschrieben, deren Auszahlung davon abhängt, ob der Vermittler dem Auftraggeber zu einem Umsatz verhilft oder nicht.

Grundsätzlich werden diese Ansprüche im Arbeitsvertrag geregelt, die Höhe der Vergütung orientiert sich beim Provisionsvertrag meist an einem bestimmten Prozentsatz. Dieser wiederum ergibt sich in der Regel aus dem für den Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn oder erbrachten Umsatz. Der Provisionssatz ist Verhandlungssache und hängt beispielsweise von der Branche, vom Wert der vermittelten Ware und vom Grad der Markteinführung der Produkte ab. Ein üblicher Durchschnitt ist eine Provisionshöhe von 10 Prozent.

Bei der Gestaltung von Provisionsverträgen für Arbeitnehmer gibt der Vertriebsrechtsexperte zu bedenken: Es gilt beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer ausschließlich auf Provisionsbasis tätig ist, dies entweder arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt sein muss. Unzulässig ist eine vertragliche Grundlage, wenn von vornherein offenkundig ist, dass der Arbeitnehmer allein aus den Provisionszahlungen keinen angemessenen Verdienst erzielen kann.

In dem Zusammenhang kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Verdienst nicht angemessen ist und Arbeitszeit und Provision des Mitarbeiters in einem krassen Missverhältnis stehen. Eine solche Vereinbarung ist sittenwidrig (Paragraf 138 BGB). In dem Paragrafen heißt es: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall die für seine Tätigkeit übliche Vergütung nach Stunde oder Monat verlangen.

Geltendmachung von Provisionen sorgt regelmäßig für Streit

Auch die Geltendmachung von Provisionen sorgt in der Praxis regelmäßig für Streitigkeiten. Oftmals haben Unternehmen und ihren Arbeitnehmer im Vertrieb ein anderes Verständnis hinsichtlich Berechnung und Strukturierung der Provisionsregelungen. Um Streitigkeiten über die Voraussetzungen des Entstehens des Provisionsanspruches und über die Höhe der Provision zu vermeiden, braucht es zum einen individuelle vertragliche Regelungen, die für beide Seiten akzeptabel sind.

Zum anderen existieren einschlägige Vorgaben im Handelsgesetzbuch, die auch arbeitsrechtlich relevant sind. Wenn beispielsweise arbeitsvertraglich vereinbart ist, dass ein kaufmännischer Angestellter für Geschäfte, die von ihm geschlossen oder vermittelt werden, eine Provision erhalten soll, gelten die Regeln des Handelsgesetzbuches auch für Arbeitnehmer, die demnach bei der Provisionsregelung dem freien Handelsvertreter gleichgesetzt sind.

Ebenfalls gilt dann die Regelung, dass Arbeitgeber die Provisionsansprüche grundsätzlich monatlich abrechnen müssen. Als maximaler Abrechnungszeitraum sind drei Monate zulässig. Ist nichts weiter vereinbart, wird die Provision zum Monatsletzten des Folgemonats fällig, „sobald und soweit“ der Arbeitgeber das Geschäft tätigt.

Zielerreichungskontrolle muss transparent und fair sein

Entscheidend ist, dass die sogenannte Zielerreichungskontrolle transparent und fair ist. Der Arbeitgeber ist für die Richtigkeit der Leistungsbestimmung verantwortlich und muss diese im Zweifel vor Gericht auch beweisen. Vor allem gilt auch der Grundsatz, dass Zielvereinbarungen beziehungsweise Zielvorgaben realistisch sein müssen. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits 2010 festgelegt. Der Arbeitgeber muss im Zweifel nachweisen, dass die Ziele erreichbar gewesen sind. Ist dies nicht der Fall, kann dies Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen begründen, die von den Gerichten auch geschätzt werden könnten.

Das bedeutet: Grundsätzlich sollten Vertriebsmitarbeiter also schon bei den Arbeitsvertragsverhandlungen und der Festsetzung der Provisionsregelungen und Zielvereinbarungen darauf achten, dass rechtlich tragfähige und konsensuale Regelungen gefunden werden. Das kann später viel Ärger ersparen.

Ein wichtiger Punkt: Die meisten Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln, nach welchen alle Ansprüche drei Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Das ist hochgefährlich. Wer also Provision zu bekommen hat, kann die Zügel nicht einfach schleifen lassen, sondern muss handeln.

Über den Autor

Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen. Er hat sich unter auf die Beratung an der Schnittstelle zwischen Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisiert und berät sowohl freie Handelsvertreter als auch Arbeitnehmer im Vertrieb und Unternehmen bei allen rechtlichen Fragen rund ums Vertriebsarbeitsrecht.

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