Heinz-Ketchup im Regal: 450 Millionen Dollar für Aktionäre © picture alliance/AP Photo | Gene J. Puskar
  • Von Andreas Harms
  • 06.11.2023 um 17:06
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Wer in Schweden für die Rente spart, spart oft in den Aktienfonds AP7. In Deutschland gehört Union Investment zu den größten Fondsgesellschaften. Und beide nutzen offenbar ihre Stimmrechte, um Unternehmen mit Wildwuchs auf die Finger zu hauen. Wie im Fall Kraft Heinz, das nun 450 Millionen Dollar an Aktionäre zahlt. Einen Teil davon könnten Versicherungen übernehmen.

Der schwedische Pensions-Aktienfonds AP7 und die deutsche Fondsgesellschaft Union Investment haben dem US-Essenkonzern Kraft Heinz einen teuren Vergleich abgerungen. Kraft Heinz muss demnach 450 Millionen Dollar an seine Aktionäre, und damit auch an die Investmenthäuser zahlen (Mehr zum AP7 lesen Sie hier).

Dabei handelte es um eine sogenannte Class Action, die AP7 zusammen mit Union Investment anführte, der sich aber alle Aktionäre anschließen können und deren Ergebnis für alle greift. Kraft Heinz hatte zunächst versucht, die Klage abzuwehren. Nachdem das nicht glückte, ging man auf den erwähnten Vergleich ein. Der stammt eigentlich schon aus dem Mai 2023. In Deutschland bekannt wurde er erst jetzt, weil das „Handelsblatt“ darüber berichtete.

Die Vorgeschichte reicht bis ins Jahr 2015 zurück. Und sie hat dieselbe Tonart wie so viele andere Fusionen, die entweder scheiterten, oder bei denen sich Funktionäre und Investoren schamlos bedient haben.

Damals beschlossen die Besitzer der Konzerne Kraft Foods und H. J. Heinz (genau, der mit dem Ketchup), die beiden zur Kraft Heinz Company zusammenzuschließen. Treibende Kräfte waren der brasilianische Finanzinvestor 3G Capital und das Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway von Warren Buffett, denen Heinz gehörte.

3G hatte schon zu dieser Zeit den Ruf, Unternehmen zu kaufen und dort rücksichtslos Kosten zu senken und Leute zu entlassen. In Deutschland nannte man derart radikal vorgehende Investoren lange Zeit: Heuschrecken.

Wie die Beschwerde der Aktionäre nahelegt, hatten die Beteiligten 2015 den Mund sehr voll genommen und danach einiges in die Soße geritten. Weit über eine Milliarden Dollar an Kosten wollten sie einsparen und mit dem Geld Innovationen fördern und die Marke stärken.

Verwüstete Infrastruktur erst mal wieder aufbauen

Das taten sie offenbar nicht, sondern sparten so brutal, dass Innovationen und Lieferkettenkapazitäten ausgehöhlt wurden, wie es in der Beschwerde heißt. Und als die Börsenaufsicht SEC begann, sich für die Buchhaltung von Kraft Heinz zu interessieren, stieß 3G Capital angeblich Aktien im Wert von über einer Milliarde Dollar ab. Zurück ließ es einen Konzern, der nach eigenen Angaben seine „verwüstete Infrastruktur“ nun erst einmal wieder aufbauen muss.

Jetzt könnte es übrigens sein, dass die Managerhaftpflicht einiger Beteiligter (D&O-Police) beziehungsweise die Versicherung von 3G zumindest Teile des Vergleichs übernimmt. Das schreibt der Jurist Kevin M. LaCroix auf dem Rechts-Portal „The D&O Diary“.

Bei AP7 sind solche Streitigkeiten nicht selten, sondern Teil der aktiven Anlagestrategie. „Er ist ein klares Beispiel dafür, wie AP7 die Möglichkeit nutzt, durch Sammelklagen gegen Unternehmen vorzugehen, die Aktionäre falsch behandelt und den Aktienkurs negativ beeinflusst haben“, sagte AP7-Chef Richard Gröttheim schon im Mai. Man habe noch weitere Verfahren gegen rund 20 Unternehmen am Laufen.

Ähnlich kampfeslustig zeigen sich die Kollegen von Union Investment. Auch die haben sich schon mit einigen Konzernen angelegt, weil diese falsche Auskünfte veröffentlicht hatten.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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