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Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK). © TK
  • Von Redaktion
  • 07.05.2019 um 16:01
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lesedauer Lesedauer: ca. 01:55 Min

Krankenkassen nehmen immer noch Einfluss auf niedergelassene Ärzte, wenn es um die Kodierung von Krankheiten geht. Fast jeder fünfte befragte Mediziner berichtet seit Januar 2018 von solchen Maßnahmen, wie eine aktuelle Studie des WIG 2 Instituts im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt.

Viele Ärzte berichten nach wie vor davon, dass Krankenkassen Einfluss darauf nehmen wollen, wie sie Krankheiten kodieren. Und das, obwohl der Gesetzgeber diese Maßnahmen im Heil-und Hilfsmittel-Versorgungs-Stärkungsgesetz (HHVG) im April 2017 für unzulässig erklärt hat. 40 Prozent der Mediziner berichten danach von einer persönlicher Kodierberatung, 31,7 Prozent von telefonischer Beeinflussung, 36,7 Prozent von Einflussnahme über die Praxissoftware und 19,2 Prozent über Nachkodierungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Krankenkassen.

Das geht aus einer aktuellen Studie des WIG 2 Instituts im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) hervor. Hintergrund des Ganzen: Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) regelt, wieviel Geld Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Welche Diagnosen für Versicherte dokumentiert („kodiert“) sind, wirkt sich dabei direkt auf die jährlichen Zuweisungen aus. Bestimmte Diagnosen lösen jährliche Zuschläge aus. Daher haben die Kassen ein Interesse daran, die Patienten kränker zu machen, als sie sind, um mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds abzugreifen.

Die Einflussnahme der Krankenkassen in diesem Sinne sorgte 2016 für Aufsehen in der Branche (wir berichteten) Für Versicherte kann solch eine Manipulation schlimme Folgen haben, wenn sie aufgrund einer falschen Diagnose zum Beispiel keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr bekommen (mehr dazu hier).

Es braucht eine einheitliche Kassenaufsicht

„Dass nach wie vor jeder fünfte Mediziner von Kodierbeeinflussung berichtet, zeigt, dass der Finanzausgleich der Kassen eine funktionierende Manipulationsbremse braucht“, sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Der aktuelle Entwurf zum sogenannten Faire-Kassenwahl-Gesetz (GKV-FKG) sehe hierfür sinnvolle Maßnahmen vor, unter anderem zahlreiche Maßnahmen, die die Beeinflussung beim Kodieren von Diagnosen stoppen sollen. Baas: „Die greifen aber nur, wenn sie als Gesamtpaket umgesetzt werden. Entscheidend ist, endlich für eine einheitliche Aufsicht aller Kassen zu sorgen.“

Das Gutachten des WIG 2 Instituts unterstreicht diese Forderung: „Unter den jetzigen Bedingungen der unterschiedlichen regionalen und bundesweiten Aufsichtspraxen ist es den Prüfbehörden nicht möglich, auch unter den verschärften rechtlichen Rahmenbedingungen des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes, die Einflussnahme von Krankenkassen auf Ärzte vollständig zu unterbinden. Daher ist es sachgerecht, das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit dem Referentenentwurf intendierte Ziel, diese Parallelstrukturen zugunsten einer einheitlichen Instanz zu beenden, zeitnah umzusetzen.“

Thema der Kodierberatung sind häufig Volkskrankheiten

Nach den Erkrankungen befragt, die Thema der Kodierberatung waren, nennen 65 Prozent der Ärzte Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und 49 Prozent Endokrine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten. Zu diesen Bereichen gehören beispielsweise die Diagnosen Bluthochdruck und Diabetes, die zusätzliche Zuschläge für die Kassen auslösen: Bei Bluthochdruck sind es 251 Euro mehr pro Jahr für eine 45-jährige Versicherte, die die Kasse gegenüber einer gesunden Versicherten gleichen Alters erhält. Bei einer einfachen Form von Diabetes sind es 384 Euro. Bei beiden Diagnosen seien die Fallzahlen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.

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