In der Branche wird über neue Provisionsmodelle diskutiert. © Panthermedia
  • Von Oliver Lepold
  • 19.07.2019 um 11:15
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Die Abschlussprovision steht bei Lebensversicherungen unter Beschuss. Bestandspflegeprovisionen gewinnen daher weiter an Bedeutung. Was bedeutet das für Vermittler? Pfefferminzia klärt auf.

Die Diskussion um den Provisionsdeckel in der Lebens- und Restschuldversicherung hält an. Die Bundesregierung ist fest entschlossen, ab 2021 eine Obergrenze von 2,5 Prozent für Abschlussprovisionen einzuführen, um „Fehlanreize durch besonders hohe erfolgsabhängige Vergütungselemente“ zu verhindern. Laut Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium sollen maximal 4 Prozent möglich sein, wenn recht vage formulierte positive Qualitätsmerkmale vorliegen. Dazu gehören eine geringe Stornoquote, eine geringe Zahl an Kundenbeschwerden und hochwertige und umfassende Beratung.

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Der Trend zu sinkender Abschlussvergütung ist bereits seit Inkrafttreten des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) vor fünf Jahren zu spüren. Viele Vermittler müssen daher ihr Vergütungsmodell auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls anpassen. „Wir sehen eine Bewegung von der Vergütung auf Basis der Beitragssumme hin zur Vergütung auf Basis des aktuellen Vertragsguthabens“, sagt Jens Patze, Produktmanager der Helvetia Leben. Dies sei eine Win-Win-Situation, denn wenn das Guthaben steigt, erhält der Vermittler entsprechend mehr an Vergütung. Daher sei die Motivation größer, den Kunden langfristig zu betreuen. Gerade bei Abschlüssen gegen Einmalbeitrag wird laut Patze immer häufiger guthabenabhängig vergütet.

Kombinationsmodelle im Trend

Ein weiterer Trend sind Vergütungsmodelle mit einer ratierlichen Vergütung. Der Vermittler erhält eine Provision immer dann, wenn der Kunde in seinen Vertrag einzahlt. Manche Versicherer kombinieren diese Komponente auch mit einem guthabenabhängigen Teil, sodass ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Ergebnis für den Berater entsteht. „Dies bedeutet auch weniger Stress, denn der Vermittler muss in diesem Modell nichts zurückzahlen, falls der Kunde den Vertrag nicht länger bedient“, so Patze.

Transparenz gegenüber dem Kunden

Dem Kunden muss die transparent ausgewiesene Vergütung erklärt werden. Je höher der monatliche oder einmalige Beitrag, desto intensiver beschäftigen sich die Kunden mit den Kosten. „4 Prozent bei einer Laufzeit über 40 Jahre ist extrem günstig. Bei kurzer Laufzeit sieht das anders aus“, sagt Patze. Angesichts der Tarifvielfalt kann ein Vermittler bei mangelnder Akzeptanz auch in andere Gebührenmodelle wechseln, um den Kunden nicht zu verlieren. „Zum Beispiel in ein Modell, das am Anfang deutlich weniger aus dem Vertrag entnimmt, dafür aber vom Gewinn beziehungsweise dem Guthaben profitiert. Dann weiß der Kunde auch, dass der Berater selbst ein großes Interesse an einer guten langfristigen Betreuung des Vertrages hat“, schlägt der Experte vor.

Wie finden Vermittler Altersvorsorgetarife, die mehr auf die Bestandspflegeprovision abzielen? Leider bilden Vergleichsprogramme unterschiedliche Vergütungsmodelle in der Regel nicht ab, dort ist meist nur die Standardtarifvariante verzeichnet. „Sie sollten sich umsehen und die infrage kommenden Produktpartner direkt ansprechen“, rät Patze. Neben der Helvetia, die mit Online-Seminaren und einem dreitägigen Workshop zum Thema Investment inklusive Vergütungsmodelle arbeitet, bieten hierzu auch andere Versicherer wie zum Beispiel Standard Life oder die Bayerische konkrete Unterstützung für den Berater an.

Kompensation von Einbußen möglich

Experten schätzen, dass der Provisionsdeckel zu Einkommenseinbrüchen bei Vermittlern von 10 bis 20 Prozent führen wird. Wie sollen sich Vermittler vor diesem Hintergrund optimal aufstellen? Einerseits ist eine Kompensation über Mehrerträge in anderen Sparten möglich. Sach- und Gewerbeversicherungen sowie Versicherungen gegen die Risiken BU, Grundfähigkeit und schwere Erkrankungen sind nicht vom Provisionsdeckel betroffen. Andererseits hat eine stärkere Konzentration auf Abschlüsse gegen Einmalbeiträge Vorteile. Schließlich liegen auf deutschen Konten rund 2 Billionen Euro schlecht verzinst in liquiden Anlagen. Hier könnten Berater etwa in Fondspolicen umschichten. Der Provisionsdeckel greift dann zwar, aber da größere Summen angelegt werden, ist der Hebel für die Vergütung auch größer.

Verband droht mit Klage gegen Provisionsdeckel

Ob und wann der Provisionsdeckel wirklich kommt, ist derzeit noch unklar. Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung droht in diesem Fall mit einer Klage, weil die Deckelung aus seiner Sicht einen unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Vermittler darstellt und daher verfassungswidrig sei. Auch der GDV und andere Verbände sind dagegen. Helvetia-Experte Patze sieht ebenfalls keine Vorteile: „Die Kosten würden nicht wie von der Politik gewünscht sinken, weil der Provisionsdeckel auch wieder einen gewissen Verwaltungsaufwand für die Anbieter erfordert, der in die Produkte eingepreist werden wird.“

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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