Stephan Busch (links) und Tim Schreitmüller. © Thomas Schlorke/CoachMeNetto
  • Von Redaktion
  • 31.08.2022 um 11:07
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 07:40 Min

Die Honorarberatung wird gerne in verschiedene Schubladen gesteckt: Manche sind sich sicher, dass sie nie die Massen erreichen wird, andere sehen in ihr die Zukunft, wie sie sein sollte: fair, nachhaltig, transparent. In welche Schublade die Honorarberatung gehört, und welche Vorteile sie für Kunden und Vermittler hat, erklären unsere Kolumnisten Stephan Busch und Tim Schreitmüller.

Was steckt noch hinter der Honorarberatung?

Honorarberatung ist…

  • … eine langfristige und nachhaltige Beratung am Kunden zu den Themen Finanzen, Versicherungen und gesunder Umgang mit Geld.
  • … eine Dienstleistung neutraler Beraterinnen und Berater bei der ausschließlich die Dienstleistung und das damit verbundene Wissenund der Zeitaufwand vergütet werden.
  • … transparent, nachvollziehbar und lehnt jegliche versteckte Vergütungen ab.
  • … die Befähigung von Kunden und Mandanten, selbstständig Entscheidungen zu treffen.
  • … nicht die perfekte Lösung für jeden Bürger; sie stellt lediglich eine Alternative dar.

Honorarberatung hat…

  • … nicht das zwingende Ziel ein Produkt zu vermitteln, und nimmt somit keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung des Kunden.
  • … gewisse Voraussetzungen: So sollten Beraterinnen und Berater mit standardisierten Prozessen und einer nachvollziehbaren Herangehensweise arbeiten.
  • … das Risiko inne, Treiber einer gesellschaftlichen Spaltung zu sein. Aufwandsbezogene Honorare belasten wenig vermögende Kunden deutlich mehr als Vermögende. Dies kann dazu führen, dass gewisse Gruppen komplett auf Beratung verzichten und damit die Belastung für den Staat etwa bezüglich der Altersarmut steigt.
Wie sieht eine gute Honorarberatung aus?

Eine gute Honorarberatung bringt Zeit mit: Der Kunde hat immer die Möglichkeit, all seine Fragen zu stellen und sie auch ausführlich und verständlich beantwortet zu bekommen. Damit er gut informiert selbst Entscheidungen treffen und in die Umsetzung kommen kann. Bei der Honorarberatung wird der Kunde ganzheitlich betrachtet. Das bedeutet beispielsweise, dass Anpassungen nur nach Bedarf, nicht nach dem „Was weg muss“-Prinzip vorgenommen werden, und auch Hinweise zu Themen wie Patientenverfügung oder Kontenstrukturen besprochen werden. Es gilt dabei stets die ungeschriebene Regel: So viele Produkte wie nötig, so wenige wie möglich.

Ist Honorarberatung die beste Lösung für die Gesellschaft?

Die kurze Antwort: Nein. Es gibt nicht die Lösung für alle in unserer Gesellschaft. Ganz im Gegenteil: Es ist gut, dass es verschiedene Modelle gibt, die in Konkurrenz zueinander stehen. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der stetigen und ständigen Weiterentwicklung. Es kann voneinander gelernt und auch adaptiert werden. Dass wie in Großbritannien die Provisionsberatung zugunsten der Honorarberatung vollständig abgeschafft wurde, ist daher in unseren Augen kein richtiger nächster Schritt. Jede Kundin und jeder Kunde kann und sollte selbst eine Wahl treffen, welches Modell für sie oder ihn am besten ist. Dennoch ist wichtig zu verstehen, dass Finanzberatung nicht kostenfrei ist. Finanzberatung ohne Vergütung? Gibt es einfach nicht!

Die Vergütung ist doch wurst!

Ertappt, so einfach ist es nicht! Die Art der Vergütung ist nämlich äußerst wichtig. Sie sollte von Anfang an klar, transparent und verständlich für den Kunden sein, damit er eine bewusste Entscheidung treffen kann. Sie sollte fair sowie ethisch und moralisch korrekt sein. Wucher treiben? Bitte nicht! Dem Kunden vorzurechnen, dass er mit der neuen Nettopolice im Gegensatz zur Bruttopolice einige Euros spart, ist zwar die Wahrheit, sollte aber nie die alleinige Entscheidungsmotivation für Honorarberatung und gegen Courtage sein. Denn eines darf nie vergessen werden: Die Art der Vergütung, also ob Courtage oder Honorar, sagt erst einmal nichts über die Qualität der Beratung aus.

Fazit: Am Ende entscheidet nur einer

Honorarberater ist nicht gleich Honorarberater, auch wenn sich dieses Buzzword quasi jeder auf die Visitenkarte schreiben kann. Sowohl das Courtagemodell als auch die Honorarberatung bieten für Vermittler und Kunden Chancen und Risiken. Eine Weisheit muss man sich daher unbedingt hinter die Ohren schreiben: Beide Modelle sind nur so gut, wie der Mensch hinter der Beratung.

Ein guter Berater wird seiner Verantwortung gerecht und erkennt die Bedeutung seiner Rolle. Ob und wie die Honorarberatung weiterhin an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewinnen wird, ist Zukunftsmusik, doch letztendlich entscheidet der Kunde allein, wie es weitergeht – und spannenderweise wächst die Nachfrage mit jedem Tag.

Über die Autoren

Stephan Busch ist Versicherungsmakler und Inhaber von Progress Finanzplaner. Tim Schreitmüller von der LV 1871 ist digitaler Stratege mit Versicherungs-Know-how und Projektleiter von CoachMeNetto.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Hinterlasse eine Antwort