Milan Jarosch ist Leiter Vertrieb der DMB Rechtsschutz-Versicherung. © DMB Rechtsschutz-Versicherung
  • Von Lorenz Klein
  • 04.07.2023 um 11:56
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Woran erkennt man eine nachhaltige Rechtsschutzversicherung? Und warum geht Nachhaltigkeit auch die Rechtsschutzbranche etwas an? Milan Jarosch, Leiter Vertrieb bei DMB Rechtsschutz, erklärt im Interview worauf es ihm in der Diskussion ankommt und was sein Haus bereits alles unternimmt.

Pfefferminzia: Was hat Nachhaltigkeit mit Rechtsschutz zu tun? Gibt es hier einen speziellen Zusammenhang?

Milan Jarosch: Nachhaltigkeit ist natürlich ein heiß diskutiertes Thema – das fängt schon bei der Definition an. Wenn man danach geht, was die meisten Menschen unter Nachhaltigkeit verstehen, ist das oft einfach nur ein Synonym für Umweltschutz. Aber das ist natürlich ein bisschen kurz gesprungen. Wenn man sich einmal die UN-Nachhaltigkeitsziele näher anschaut, wird schnell deutlich, dass von 17 definierten Ziele nur ein paar einen direkten Bezug zum Umweltschutz haben. Und ich hatte kürzlich auf einer Veranstaltung auch mit Maklern sehr kontrovers diskutiert über die Frage: Was bedeutet Nachhaltigkeit denn nun genau? Setzt man sich damit ein bisschen intensiver auseinander, merkt man, dass die Komplexität ganz schnell exponentiell zunimmt. Welche ungeahnten Wechselwirkungen entstehen zum Beispiel in den unterschiedlichen Bereichen? Dann zeigt sich, dass es nicht nur schwarz-weiß gibt, sondern auch ganz viel Grauzone mit im Spiel ist.

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Welche Grauzone wäre das zum Beispiel?

Nehmen wir mal eine Photovoltaikanlage. Die meisten würden wohl sagen: Ja, Haken dran, das ist nachhaltig, zu 100 Prozent. Wenn man aber mal ein bisschen genauer hinschaut, so stellt man fest: So eine Anlage braucht natürlich Ressourcen – und diese Ressourcen sind zum einen häufig selten, zum anderen wachsen sie nicht nach. Die Frage der Herstellung also. Daran schließt die Frage an, wer so eine Anlage zusammenbaut und unter welchen Bedingungen? Gerade, wenn das nicht hier in unserer Region passiert, sondern eher in ferneren Regionen? Wie sieht es dort mit den Menschenrechten, den Arbeitsbedingungen, et cetera aus? Dann haben wir auch dort schon wieder eine Baustelle, die wir im Zweifel so gar nicht überblicken können. Und was geschieht mit der Anlage, wenn sie nicht mehr in Gebrauch ist? Kann man sie zum Beispiel wiederverwerten oder nicht?

Kurzum: Schaut man sich die Gesamtbetrachtung an, so kann man festhalten, dass einige Aspekte positiv auf das Konto einzahlen, manche aber eben auch negativ. Somit sind wir auch bei dieser vermeintlichen 100-Prozent-Nachhaltigkeit-Photovoltaikanlage ganz schnell in der Diskussion drin, wie nachhaltig ist das und geht es nicht noch etwas nachhaltiger?

Welchen Beitrag kann die Rechtsschutzversicherung in dieser Diskussion leisten?

Die Rechtschutzversicherung ist vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsziele schon per se nachhaltig – einfach, weil sie den Zugang zum Recht ermöglicht und damit auch Gleichheit schafft. Menschen, die in einer schwächeren Situation stehen, ermöglicht die Rechtsschutzversicherung also, ihr Recht durchzusetzen. Eine andere Dimension birgt die Frage: Bin ich eigentlich als Rechtschutzversicherer schon nachhaltig aufgestellt – als Unternehmen, aber auch, was die Produktpalette angeht? Hier müssen wir immer überlegen, ob es Ansätze gibt, die über ein klassisches ESG-Rating, also über die reine Kapitalanlage hinausgehen. Die DMB Rechtsschutz hat vor etwa sechs Monaten ein neues Produkt rausgebracht. Mit „YOLIG“ haben wir versucht, neben den normalen Rechtsschutzthemen, wie Gleichheit zum Recht, auch Nachhaltigkeitsaspekte zu integrieren – indem wir es zum Beispiel fördern, wenn ein Kunde kein eigenes Auto fährt. Aber das muss sich auch erst mal entwickeln.

Kann man also fortlaufend Dinge integrieren oder auch verwerfen, wie es sich eben aus der Diskussion heraus ergibt?

Das ist genau der Ansatz. Es ist schwierig, wenn man die „eierlegende Wollmilchsau“ schon direkt am Anfang versucht zu finden, indem man sagt: Ich habe jetzt ein fertiges Produkt, und das beinhaltet alles. Wir sind gerade bei der Nachhaltigkeit noch ganz am Anfang. Ich muss mir jeden einzelnen Prozess anschauen und muss überlegen: Was kann ich davon nachhaltig machen? Um nochmal ein Beispiel zu nennen: Bei unserem „YOLIG“ gibt es beispielsweise kein Papier mehr. Grundsätzlich ist es noch immer so, dass die meisten Policen per Post verschickt werden – und viele Dinge passieren in der Versicherungsbranche auch noch per Post. Die ganzen Prozesse im Hintergrund müssen also so umgestaltet werden, dass sie möglichst nachhaltig sind. Das ist aus der Historie betrachtet nicht ganz einfach. Da haben wir alle noch Hausaufgaben zu machen.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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