Blick in eine Patientenakte: „Wird eine Praxis geschlossen, warum auch immer, so ändert dieses nichts an den Verpflichtungen zur Aufbewahrung“, betont der Krankenversicherungsexperte Sven Hennig. © dpa - Report
  • Von Lorenz Klein
  • 14.10.2019 um 11:39
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:20 Min

Auch Ärzte werden einmal schwer krank, haben Unfälle oder schließen ihre Praxis aus Altersgründen. Wie Patienten in solch einem Fall an eine Kopie ihrer Krankenakte kommen, hat der Versicherungsmakler Sven Hennig in Erfahrung gebracht.

Welche gesetzlichen Grundlagen gelten eigentlich, wenn eine Arztpraxis plötzlich geschlossen ist und ein Patient an seine Krankenakte kommen möchte? Welche Zuständigkeiten sind bei der Patientenakte zu beachten? Kurzum: An wen muss sich der Betroffene wenden, um an die Krankenakte zu kommen?

Der Versicherungsmakler und Gesundheitsexperte Sven Hennig unterscheidet in seinem aktuellen Blog-Beitrag zunächst zwei Fälle im Bezug auf die Krankenakte – die reguläre Schließung der Arztpraxis sowie die Übergabe der Praxis an einen Nachfolger.

So lege der Gesetzgeber den Ärzten und Praxen zahlreiche Dokumentations- und Informationspflichten auf – und viele Ärzte kämen dem auch gewissenhaft und problemlos nach. Hennig verweist hier beispielsweise auf das Heilberufsgesetz des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Dort heißt es in Paragraph 22 (2):

„Die Kammermitglieder haben beim Ausscheiden aus einer eigenen Niederlassungg oder bei deren Schließung dafür zu sorgen, dass die in Ausübung ihres Berufs gefertigten medizinischen und pflegerischen Aufzeichnungen und sonstigen dort vorhandenen Patientenunterlagen nach den Vorschriften der Schweigepflicht und des Datenschutzes untergebracht und nur für Berechtigte zugänglich gemacht werden. Kommt ein Kammermitglied dieser Pflicht nicht nach, ist die Kammer verpflichtet, die Unterlagen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung zu verwahren und zu verwalten. Die Kammern können auch gemeinsame Einrichtungen zur Aufbewahrung und Verwaltung errichten oder nutzen; das Nähere regelt die Satzung.“

Verpflichtung zur Aufbewahrung von Patientenakten

Wird eine Praxis nun aus welchen Gründen auch immer geschlossen, so ändere dieses nichts an den Verpflichtungen zur Aufbewahrung aller relevanten Unterlagen und Patientenakten der Praxis, betont Hennig. „Es macht es aber komplizierter“, fügt der Experte hinzu. „Denn bevor Sie nun eine Krankenakte bekommen und/oder Ihren Anspruch auf Auskunft geltend machen können, müssen Sie als Patient erst einmal wissen, wo der Arzt denn nun erreichbar ist und wo Ihre Akte und Unterlagen gelagert werden.“

Einige Arztpraxen seien postalisch über Nachsendungen dennoch erreichbar. „Probieren Sie also immer die schriftliche Anforderung der Patientenakte an die alte Arztanschrift und hoffen, dass es einen Nachsendeauftrag für die Arztpraxis gibt.“

Hatte der Arzt bisher eine Kassenzulassung, so könnten Betroffene auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung nach einer Anschrift des Arztes fragen und dort um Auskunft zur Krankenakte bitten. Einige Ärzte nutzten auch spezielle Dienstleister, um die Krankenakten auch nach Schließung der Praxis innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Jahren abrufbar zu halten. Alternativ (und auch bei Ärzten ohne Kassenzulassung) kann Hennig zufolge auch die Ärztekammer kontaktiert werden, um Auskünfte zur Patientenakte einzuholen. „Diese haben auch nach Schließung einer Praxis meist Kontaktdaten oder können mit einer Postanschrift oder Lagerungsstätte helfen.“ Um die passende Ärztekammer zu finden, hat die Landesärztekammer in Bayern ein Tool zur bundesweiten Suche veröffentlicht.

Neuer Arzt übernimmt Praxis

Deutlich weniger kompliziert ist es in der Regel, wenn ein neuer Arzt die bestehende Praxis übernommen hat. Dann können hier meist auch die Patientenakten und Unterlagen weiter eingesehen werden. Dabei sind allerdings datenschutzrechtliche Anforderungen zu beachten. „Es könnte ja sein, dass Sie als Patient oder Patientin gerade diesem Arzt keine Einsicht geben möchten. Daher sind hier Lösungen wie geschützte Datenräume (physisch wie virtuell) denkbar und werden teilweise auch so praktiziert. Dabei werden die Akten unter Verschluss gehalten, bis Sie dem neuen Arzt die Verwendung der Krankenakte gestatten“, wie Hennig erläutert.

Und wer sich gegen die Weiterbehandlung durch den neuen Arzt in der Praxis entscheiden sollte, habe dann noch ausreichend Zeit, seine Patientenakte abzuholen oder versenden zu lassen. „Selbst wenn dem nicht so ist und Sie vielleicht von der Schließung der Arztpraxis nichts wussten, so ist hier auch im Anschluss noch eine Lösung möglich, wenn Sie die neue Praxis kontaktieren“, stellt der Makler klar.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Skip to content