- Von Lorenz Klein
- 05.10.2020 um 11:12
Was ist geschehen?
2011 schließt ein Vater für seine damals 15-jährige Tochter eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ab. Bei der Frage nach Vorerkrankungen im Versicherungsformular verheimlicht der Vater einen wichtigen Punkt: Obwohl die Tochter bereits seit zwei Jahren an einer Psycho- und Verhaltenstherapie teilnimmt, die unter anderem dazu dient, Entwicklungs- und Essstörungen bei seiner Tochter entgegenzuwirken, verneint er eine diesbezügliche Frage.
Im Juli 2016 will der Vater eine Versicherungsleistung in Anspruch nehmen. Die Begründung: Seine Tochter sei wegen psychischer Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen, ihre Schulausbildung fortzusetzen oder eine Berufsausbildung zu beginnen. Doch die Versicherung lehnt das ab und tritt vom Vertrag zurück. Sie beruft sich dabei auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch den Vater.
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Das Urteil
Das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) bestätigt in seinem Beschluss vom 13. August 2020 ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Göttingen (Aktenzeichen 11 U 15/19). Der Beschluss wurde am 25. September veröffentlicht.
Demnach hatte die Klage des Vaters auf Feststellung, dass der Versicherungsvertrag fortbestehe, vor dem OLG Braunschweig keinen Erfolg. Laut OLG-Beschluss ist die Versicherung zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt gewesen, weil der Vater die Fragen im Versicherungsformular arglistig falsch beantwortet habe.
„Er habe sich nicht darauf zurückziehen können, dass einige Störungen seiner Tochter seinerzeit ausgeheilt gewesen seien, denn im Wortlaut des Formulars sei eindeutig nach aufgetretenen Krankheiten in den letzten fünf Jahren gefragt worden“, teilte das OLG Braunschweig in einer Pressemitteilung mit.
Für das Oberlandesgericht habe demzufolge auch festgestanden, dass der Vater die Störungen seiner Tochter gekannt habe. Er habe jedenfalls nicht plausibel dargelegt, wie und weshalb es zu den falschen Angaben gekommen sei. Seine Behauptung, ihm sei nur eine Lese- und Rechtschreibschwäche seiner Tochter bekannt gewesen, überzeugte das Oberlandesgericht laut Mitteilung nicht.
Denn: Ausweislich der Stellungnahme der Therapeutin der Tochter seien auch die Eltern mit in die Behandlung der emotionalen Störung und der Essstörung einbezogen worden, was für eine Aufklärung der Eltern spreche. Weil der Vater erkannt und gebilligt habe, dass die Versicherung den Vertrag über die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht oder nur zu anderen Konditionen geschlossen hätte, wenn sie von der Krankheit der Tochter gewusst hätte, sei ihm ein arglistiges Handeln vorzuwerfen. Damit konnte die Versicherung vom Vertrag zurücktreten, wie es hieß.
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