Finanzwissenschaftler Claus Kriebel © Claus Kriebel
  • Von Oliver Lepold
  • 01.12.2020 um 07:44
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Berufsständische Versorgungswerke bieten eine von der gesetzlichen Rente unabhängige Altersvorsorge. Diese ist zunehmend unzureichend, meint „Geldprofessor“ Claus Kriebel. Im Interview mit Pfefferminzia erklärt der Finanzanalytiker, wie Makler mit den richtigen Beratungsansätzen bei Kammerberufen punkten können.

Pfefferminzia: Für wen gibt es Versorgungswerke und welche Bedeutung haben sie?  

Claus Kriebel: Versorgungswerke sind bereits vor knapp 100 Jahren entstanden für die Altersvorsorge typischer Kammerberufe wie Ärzte, Apotheker, Anwälte, Architekten, Bauingenieure und in einigen Regionen auch Psychotherapeuten. Die Mitgliedschaft ist nicht nur für angestellte Berufsangehörige, sondern auch für Selbstständige verpflichtend. Heute gibt es rund eine Million Beitragszahler in 80 Versorgungswerken der Kammerberufe. Des Weiteren gibt es noch einige weitere Versorgungswerke wie die Künstlersozialkasse oder das Presseversorgungswerk, die keine Pflichtmitgliedschaft kennen.  

Was charakterisiert deren Konzepte?

Versorgungwerke sind ein elitärer Club, der stark auf Vertrauen basiert. Sie haben eigene Satzungen, sind zum größten Teil unfassbar intransparent und oft weit von einer Digitalisierung entfernt. In den Jahresberichten herrscht meist großer Nebel, es gibt kaum Angaben zu Kosten. Und diese sind nicht gerade niedrig, die Allerbesten liegen bei 1,5 Prozent Effektivkostenquote p.a. (Reduction-in-yield). Auskünfte als Mitglied erhalten Sie zudem oft nur, wenn sie diese schriftlich, teilweise per Brief, beantragen. 

Wie ist das Leistungsniveau im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)?  

Sie zahlen beinahe in allen Versorgungswerken fast exakt den Beitragssatz, den Sie auch in der GRV bezahlen würden. Die Leistungen sind jedoch noch um etwa 25 bis 30 Prozent höher. Aber das Niveau sinkt jedes Jahr um rund zwei Prozentpunkte. Versorgungswerke verfolgen eine Anlagepolitik wie die klassische Lebensversicherung, bieten aber keinerlei Garantien. Sie könnten hohe Aktienquoten fahren, tun dies aber selten. Da sie auch um freiwillige Beitragszahler werben, agieren sie konservativer als sie es tun müssten.  

Welche Rolle spielt eine zusätzliche private Altersvorsorge für diesen Kundenkreis?  

Ein Versorgungswerk aus Bayern hat bereits schriftlich eingeräumt, dass es in der Vergangenheit mehr versprochen hatte, als es einhalten konnte. Bei den Kammerberufen ist mittlerweile angekommen, dass die Rente nicht ausreichen wird, daher werben Versorgungswerkum Zusatzzahlungen – mit nur mäßigem Erfolg, weil angesichts der sinkenden Leistungen bereits Skepsis eingekehrt istMakler können hier sehr gut ansetzen, denn die Zielgruppe ist an unabhängiger privater Vorsorge interessiert. 

Welche Rolle spielt die Basisrente für diese Berufsgruppen?

Eine sehr große. Gerade Freiberufler sind typische Basisrenten-Kunden. Sie verfügen damit über die Sicherheit eines staatlichen Schutzes. Angesichts der Corona-Pandemie halte ich künftig Vermögensabgaben für wahrscheinlich. Da ist es sicher von Vorteil, wenn ihr Geld in einer Vorsorgeform liegt, die vom Staat eher nicht angegriffen werden wird. Sie haben zudem die Freiheit, dass Sie außerhalb von Anlagenverordnungen der Versicherer anlegen können. Unter Kostenaspekten ist es sinnvoll, wenn Makler hier 50 Prozent Provisionsreduzierung anbieten, denn dann ist ihr Angebot preiswerter als die Zusatzvorsorge des Versorgungswerks. Mit günstigeren Kosten und der freien Geldanlage der Basisrente haben Makler überzeugende Argumente. 

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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