Ex-EU-Kommissar Michel Barnier und EZB-Präsident Mario Draghi (rechts): Das Niedrigzinsniveau, das Draghi verantwortet, schickt die Versicherer auf die Jagd nach mehr Rendite und damit in die Arme der Fondshäuser. Das neue EU-Eigenkapitalregime für Versicherungen, Solvency II, das Barnier mit auf den Weg gebracht hat, macht es für die Versicherer künftig günstiger, Risiko abzugeben – zum Beispiel an die Fondsgesellschaften. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 21.04.2015 um 15:37
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Kooperation unter Wettbewerbern ist kein Widerspruch. In der Altersvorsorge ist es vielmehr das Gebot der Stunde. Versicherungen profitieren von Anlagelösungen, die dem Niedrigzins ein Schnippchen schlagen. Und die Fondshäuser freuen sich über stetige, langfristige Zuflüsse.

Sicherheit kann sich keiner mehr leisten. Anleger, die heute zehnjährige Bundesanleihen kaufen, bekommen einen Zins von 0,15 Prozent. Und bei fünfjährigen Papieren müssen Sparer schon dafür zahlen, dass sie dem Staat Geld leihen. Normal ist das nicht.

Auch die klassische Lebensversicherung, die vor allem in sichere festverzinsliche Papiere wie deutsche Staatsanleihen investiert, ist von dieser Entwicklung betroffen. Der Garantiezins ist zum Jahresbeginn auf 1,25 Prozent gesunken. Diese Absenkung macht sich direkt in der garantierten Beitragsrendite bemerkbar, zeigt eine Studie der Rating-Agentur Assekurata.

Der Kapitalerhalt wird schwierig

Die garantierte Beitragsrendite ist die reale Verzinsung der eingezahlten Kundenbeiträge. Im Schnitt liegt sie für 2015 bei 0,42 Prozent – und damit deutlich unter dem Vorjahreswert von 0,93 Prozent. Die Folge? Bezieht man die Inflationsrate von 0,90 Prozent in die Betrachtung mit ein, „können nur noch vier Lebensversicherer nach 25 Jahren auf Basis der Garantie einen realen Kapitalerhalt herstellen“, heißt es in der Assekurata-Analyse.

Aber zu einer Rentenversicherung gehört ja bekanntlich noch mehr als der reine Garantiezins. Die Überschussbeteiligung zum Beispiel. 2015 ist in der privaten Rentenversicherung aber auch diese gesunken. Sie beträgt für 2015 nur noch 3,16 Prozent. 2014 waren es noch 3,4 Prozent. Die Drei vorm Komma wackelt. Auch wenn die Lebensversicherer nach wie vor Stein und Bein schwören, dass sich ihr Vorzeigeprodukt immer noch lohnt – es dürfte mit den Klassikern einfach immer schwieriger werden, die Rentenlücke im Alter zu schließen.

Rendite fordert Risiko

„Mittlerweile sollte jedem Anleger klar sein, dass man für eine bestimmte Rendite auch ein Mindestmaß an Risikoappetit aufbringen muss“, sagt Martin Stenger, Leiter Vertrieb für unabhängige Finanzberater und Versicherungen bei Fidelity Worldwide Investments. „Es geht mehr denn je darum, den Kunden Anlagealternativen mit kontinuierlichen Renditechancen aufzuzeigen.“

Auch die Versicherer müssen also umdenken. Eine ganze Handvoll hat das bereits getan und die klassische Lebensversicherung überarbeitet. Die „neuen Klassiker“ bieten abgespeckte Garantien und sollen dadurch einen Schuss mehr Rendite bringen. „Parallel sehen wir aber auch, dass viele Anbieter sich darauf vorbereiten, Vertrieben wieder verstärkt reine Fondsanlagen ohne Garantien oder mit geringeren Garantien näher zubringen, weil nur dies auf Sicht eine attraktive Rendite verspricht“, sagt Frank Breiting, Leiter privates Vorsorgegeschäft bei Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM).

Befeuert der Niedrigzins also die Zusammenarbeit zwischen Versicherer auf der einen und Fondsgesellschaft auf der anderen Seite? Nun, es scheint so.

Risiko, Rendite – und Eigenkapital

Denn die Zusammenarbeit lohnt sich aus einem weiteren Grund: Solvency II. Die neuen Eigenkapitalrichtlinien, die die Europäische Union den Versicherern ab 2016 aufdrückt, haben durchaus Konsequenzen für das Produktangebot der Versicherer.

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