Sitz des Oberlandesgerichts Dresden © picture alliance/dpa | Robert Michael
  • Von Andreas Harms
  • 30.04.2024 um 11:59
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Ein Berufsunfähigkeitsversicherter gab seine Parkinson-Krankheit nicht an – und musste es auch nicht, denn er wurde gar nicht danach gefragt. Trotzdem hat er gegen seinen Versicherer nun vor Gericht verloren, allerdings aus einem anderen Grund.

Wer nicht gefragt wird, braucht auch nicht zu antworten. Das gilt offenbar auch für Versicherungsanträge. Denn wenn der Versicherer dort nicht ausdrücklich nach neurologischen Krankheiten fragt, muss der Antragsteller nicht einmal angeben, dass er an Parkinson erkrankt ist. Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Urteil fest, auf das der Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte hinweist (Aktenzeichen: 4 U 1975/23).

Im Jahr 2022 hatte der Kläger, ein Autoverkäufer im Außendienst, Geld aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) beantragt. Dabei stellte sich heraus, dass er bereits seit mindestens 2015 Parkinson hatte, was aber nicht im Versicherungsantrag (ebenfalls von 2015) stand. Weshalb der Versicherer nicht zahlen und den Vertrag anfechten wollte.

Das Landgericht stellte sich auf die Seite des Versicherers. Und das tat auch das OLG, denn es wies die Berufung wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg ab. Das Urteil lässt sich in zwei Stücke teilen. In dem einen bekam der Kläger recht, im anderen nicht.

Da ist zum einen der Teil mit der nicht gestellten Frage nach Nervenkrankheiten. In diesem Punkt steht das Gericht auf der Seite des Klägers. Zwar müsse man Gesundheitsfragen im Antrag vollständig und wahrheitsgemäß beantworten, heißt es. Er dürfe dabei auch nicht werten oder etwas verschweigen. Ausgenommen seien nur Beeinträchtigungen, „die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen“, heißt es im Urteil.

Aber das alles bezieht sich eben nur auf Fragen, die der Versicherer wirklich gestellt hat. Fragt er also nicht nach neurologischen Krankheiten (wie hier), muss der Antragsteller auch nicht ungefragt darauf hinweisen. Dazu heißt es wörtlich: „Grundsätzlich darf sich aber der Versicherungsnehmer darauf verlassen, dass der Versicherer die aus seiner Sicht gefahrerheblichen Umstände erfragt.“

Rechtsanwalt Strübing zeigt sich von diesem klargestellten Grundsatz angetan: „Die richtige Beantwortung von Gesundheitsfragen ist immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzung. Daher ist es gut, dass das OLG Dresden einerseits zwar die Bedeutung einer richtigen Beantwortung betont, andererseits aber auch klare Grenzen aufzeigt.“

Doch da ist zum anderen der Teil mit dem Bewegungsapparat. Denn laut Gericht hätte der Kläger zwar nicht Parkinson, sehr wohl aber die damals schon eingeschränkte Beweglichkeit und Feinmotorik angeben müssen.

Der Versicherer hatte im Antrag nach „Erkrankungen und Beschwerden des Bewegungsapparates“ gefragt. Der Kläger hatte seine Beschwerden laut einem Arztbericht seit 2013 im rechten Arm und im rechten Bein und war damit sogar schon in eine Uniklinik gegangen. Dass er das aber im BU-Antrag nicht erwähnt hatte, werteten die Richter als Arglist zusammen mit dem Vorsatz, den Versicherer zu täuschen. Diese Täuschung habe dazu geführt, dass der Vertrag zustande kam.

Damit riet der 4. Zivilsenat des OLG Dresden dem Kläger, seine Berufung zurückzunehmen. Das spare schließlich zwei Gerichtsgebühren.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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