Peter Schmidt ist Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung Consulting & Coaching Berlin. © Consulting & Coaching Berlin
  • Von Peter Schmidt
  • 09.01.2024 um 13:22
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Im Vorjahr haben zahlreiche Makler ihre Bestände oder Firmen in neue Hände gegeben. Die Nachfrage ist groß, viele Käufer haben ambitionierte Ziele für Investitionen. Dennoch ist besonders bei Seniormaklern ein Zögern in Sachen Nachfolge zu spüren. Wie man das auflösen kann, schildert Nachfolgeexperte Peter Schmidt.

Ende 2023 hatten wir nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) 46.407 Maklerinnen und Makler in Deutschland. Mehr als die Hälfte ist inzwischen älter als 53 Jahre und müsste sich üblicherweise bald mit dem Thema Nachfolge intensiver befassen.

Dazu kommen beschleunigenden Themen für eine zügige Nachfolgeplanung wie die zunehmende staatliche Regulierung für die Vermittlung von Versicherungen und Finanzdienstleistungsprodukten, konkrete Überlegungen aus Brüssel zur Reduzierung von Vergütungen, grundsätzliche politische Diskussionen zur „Unabhängigkeit“ von Maklern, eine neue Welle der technischen Innovationen über künstliche Intelligenz und auch die Kostensteigerungen für die Kunden beispielsweise über die auch 2024 anstehenden Index-Anpassungen.

Die logische Konsequenz aus diesem Umfeld für die Arbeit von Maklerinnen und Maklern besonders im Lebensalter Ende der 50er bis Ende der 60er Lebensjahre sollten konkrete Pläne zur Wertsteigerung für den Verkauf oder eine Verrentung und anschließend ein Zeitpunkt für den Schlussstrich unter das eigene Lebenswerk sein.

Doch dem ist vielfach nicht so. Immer wieder begegnen mir bei Nachfolgeberatungen von Maklern sowie Maklerveranstaltungen Seniormakler, die sich noch mit Anfang 70 ins Büro schleppen und die persönlichen Grenzen der Arbeit in einem neuen Umfeld selbst nicht erkennen oder negieren. Vielfach wird nicht erkannt, dass auch die eigenen Kunden inzwischen in der Art der gewünschten Beratung und Kommunikation andere Ansprüche als vor 10 oder 20 Jahren haben.

Die eigene Altersversorgung als Grund für das „Weiter so“

Seniormakler und -maklerinnen verstecken nicht selten den wahren Grund für das Weiterarbeiten als Rentner oder Rentnerin hinter dem Argument, dass es ihnen gut geht und sie gerne für die Kunden da sind. Bei Analysen der Umsätze und Bestände besonders bei Einzelmaklern fällt aber auf, dass die Einkünfte über Jahre und Jahrzehnte nicht dafür geeignet waren, eine auskömmliche Altersversorgung aufzubauen. Wie sollte das auch möglich sein, wenn ein Viertel der Maklerinnen und Makler bei Einkünften unter 50.000 Euro und ein weiteres Viertel unter 100.000 Euro liegt.

Natürlich kann man in zwei oder drei Jahren intensiver Arbeit nicht jahrzehntelange Versäumnisse für die eigene Altersversorgung ausgleichen. Dennoch lohnt es sich, rechtzeitig das Thema anzugehen, wie wir in der Praxis aus Handlungsempfehlungen für diese Makler ableiten können.

Nehmen wir das Praxisbeispiel des 64-jähringen Maklers S. aus Brandenburg. Nach Analyse seines Bestandes wurde neben einigen weiteren Maßnahmen zur Wertsteigerung die „KFZ-Aktion 2023“ genutzt, um die Vertragsdichte bei über 100 Kunden durch übernommene Verträge der Kunden von anderen Vermittlern von 1,3 auf über 4,0 zu erhöhen. Dies soll durch Kundenkontakte 2024 fortgesetzt werden, um auch bei anderen Kunden zu einer höheren Cross-Selling-Quote zu kommen. Für den Makler gab es bei diesen Kundengesprächen die wichtige Erkenntnis, dass es den Kunden sehr recht ist, sich nicht mehr an verschiedene Vermittler wenden zu müssen.

Ziel dieser Handlungsempfehlung, die wir in regelmäßigen Abständen auch immer wieder besprechen (als Motivationsunterstützung mit Coaching), ist es, dass wir bis Ende 2026, dem geplanten Verkauf, den Umsatz mindestens um 30 Prozent erhöht haben. Das wird im konkreten Fall eine Kaufpreissteigerung von zirka 100.000 Euro ausmachen, die dann für die eigene Altersversorgung von Makler S. zusätzlich bereitstehen.

„Den Bestand behalten, solange es noch Bestandsprovision gibt“

Leider gibt es aber eben auch Makler, die einen anderen Weg beschreiten als Makler S. Nicht selten hört man Sätze wie „Ich werde den Bestand behalten, solange es noch Bestandsprovision gibt“ oder krasser „Ich lasse den Bestand ausbluten, bis es den letzten Kunden nicht mehr gibt“. Möge sich jeder Leser hier seine eigene Meinung zu so einer Auffassung bilden.

Im Kern bedeutet so eine Geschäftsauffassung, dass man – wenn überhaupt – nur noch auf Anfragen der Kunden oder im Schadenfall reagieren will. Das hat natürlich mit Kunden- und Vertragsbetreuung wenig zu tun und birgt auch Haftungsrisiken in sich, denn bei den Kunden verändert sich im Laufe der Jahre viel.

Denken wir nur exemplarisch an:

  • Veränderte berufliche Situation mit anderem Einkommen
  • Veränderte familiäre Situation und eigene Wege der Kinder
  • Um- und Anbauten von Wohnungen und Wohnhäusern
  • Neue Photovoltaikanlagen und Energiespeicher
  • Wechsel der Energieträge im Haus (u.a. Wärmepumpe)
  • Wünsche zur Absicherung von Kindern und Enkeln
  • Neue Risiken für Gewerbetreibende und Freiberufler

Wenn es im Maklervertrag keine Einschränkungen gibt und der Kunde sich auf seinen Makler verlässt, dann kann es im Schadenfall schnell kompliziert werden. Ganz davon abgesehen, dass der inaktive Makler nicht mehr an neuen Produkten und notwendigen Tarifanpassungen dranbleibt. Nicht zu vergessen, dass bei einem solchen Modell auch die Grundkosten und Aufwendungen für das Unternehmen beim nach wie vor registrierten Makler erhalten bleiben und bei sinkendem Bestand (wegen keiner aktiven Betreuung) auch den möglichen Ertrag schmälern.

Überzogene Preisvorstellungen führen oft zum Scheitern

Verschiedene Studien von Versicherungsforen Leipzig, der Fachhochschule Dortmund und auch die eigenen Erfahrungen aus inzwischen über 700 Vermittlungen, Bewertungen und Verhandlungen zu Bestandsverkäufen zeigen, dass der häufigste Grund für das Scheitern von Verkaufsverhandlungen überzogene Preisvorstellungen zum eigenen Unternehmen oder Bestand sind. Ja, die Preise haben in den vergangenen Monaten und Jahren angezogen. Diese sind aber nur dann im konkreten Fall zu erzielen, wenn wesentliche Schwächen vor dem Verkauf oder der Verrentung gelöst sind.

Ein Bestand im Einzelunternehmen mit über 100 Direktvereinbarungen, der Zusammenarbeit mit drei oder vier Pools, keinem durchgängig genutzten Maklerverwaltungsprogramm (MVP) und weitgehend fehlenden Maklerverträgen mit den Kunden wird den Faktor 3,0 auf die Bestandscourtagen kaum schaffen. Dies gilt auch, wenn die Bestandscourtage zu 40 oder 50 Prozent „nur“ aus KFZ-Verträgen besteht. Auf weitere Hindernisse gehe ich in der speziellen Fachbroschüre „Nachfolge – gewusst wie“ ein.

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Peter Schmidt

Dr. Peter Schmidt ist seit 2013 Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Berlin und als Experte für Strategie- und Prozessberatung für Versicherer, Maklerpools, Vertriebe und Makler tätig.

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