Pfefferminzia-Redakteur Andreas Harms: „Denken Sie sich an dieser Stelle bitte meine geballte Siegesfaust.“ © Pfefferminzia
  • Von Andreas Harms
  • 11.12.2023 um 15:32
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Eine kaputte Dachpfanne und ein aufrüttelnder Beitrag des Maklers Tom Wonneberger werfen bei mir eine Frage auf: Warum muss sich eigentlich immer alles irgendwie lohnen? Und warum ausgerechnet auch Versicherungen? Zeit für ein Plädoyer gegen den Lohn-Wahn.

Endlich lohnt sich mal meine Versicherung. Endlich. Ich bin so glücklich. 13 Jahre lang musste ich warten, doch jetzt hat es geklappt. Nach einer stürmischen Nacht tropfte es durch unser Dach direkt ins Bad, weil eine Dachpfanne gebrochen war. Und weil ja Versicherer sowieso nie zahlen, erstattete uns unser Wohngebäudeversicherer die kompletten Kosten für Anreise des Dachdeckers und Austausch der Pfanne. Ohne irgendeine Gegenfrage. Ohne Probleme.

Damit musste ich zwar mehrmals bei Regen in den Spitzboden krabbeln und aus der Dachluke heraus ein Leck suchen. Ich musste herumtelefonieren, damit ich einen ausreichend verrückten Dachdecker fand, der an einem Freitagnachmittag anreiste und – immer noch bei Regen – auf den Schindeln herumturnte.

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Ich hatte also einen ziemlich bescheuerten Tag. Aber das ist egal, denn endlich hat sich mal meine Gebäudeversicherung gelohnt. Ich habe in diesem Jahr mehr Geld erhalten als gezahlt. Denken Sie sich an dieser Stelle bitte meine geballte Siegesfaust.

Worauf ich hinaus will? Ich möchte zeigen, wie absurd der noch immer untote Gedanke ist, dass sich eine Versicherung lohnen muss. Der Dresdner Makler Tom Wonneberger scheint davon ähnlich genervt zu sein wie ich. Denn er postete im Netz mal die schönen Sätze: „Frage nie eine Frau nach ihrem Alter! Frage nie einen Mann nach seinem Verdienst! Frage nie mich, wann sich die Versicherung lohnt!“

Und jetzt der Schwenk zur Rente

Ich habe absichtlich einen Sachschaden als Gleichnis genommen, weil dort die Absurdität besonders deutlich hervortritt. Denn das gerade unter Verbraucherschützern beliebte „Das muss sich doch lohnen“ kommt meist gar nicht dort, sondern in einer anderen Disziplin daher: der Rente. Sie teilen mit Vorliebe das vorhandene Guthaben durch die monatliche Rente und ermitteln so, wie lange man leben muss, damit sich der ganze Bums auch wirklich lohnt. Leider ist das Argument ungefähr so wasserdicht wie ein tropfendes Dach.

Denn der Hauptvorwurf richtet sich ausgerechnet gegen das, was eine Versicherung ausmacht: Diejenigen mit geringen Schäden zahlen für diejenigen mit großen Schäden mit. Wobei der Schaden in diesem Fall aus einem langen Leben besteht. Ähem … ja. Stirbt ein Kunde früher, fällt das Geld an die anderen, die länger leben. Vererbungseffekt nennt sich das und ist der Kern der ganzen Sache. Wobei ich der Branche keinen Persilschein ausstellen will: Natürlich muss man bei Vertragsschluss gut hinschauen, wer so etwas braucht und welcher Versicherer die Rente später mal wie berechnet. Plunder gibt es immer wieder, gar keine Frage.

Aber manche Kritiker lassen schon das Grundprinzip nicht gelten. Für sie müssen alle Rentner einen Gewinn einfahren und die Versicherer draufzahlen. So schreibt beispielsweise das Portal „Finanztip“ in einem Ratgeber: „Die Rente fällt im Vergleich zum eingezahlten Kapital meist gering aus und lohnt sich nur, wenn Du lange lebst.“

„Aber das ist mir doch dann egal.“

Testweise erzählte ich meiner Frau mal (weil wir zu Hause ja ständig über Versicherungen reden): „Stell dir mal vor, du hast eine lebenslange Rente und stirbst plötzlich. Dann hast du weniger raus als du eingezahlt hast.“ Sie schaute mich nur entgeistert an und meinte trocken: „Aber das ist mir doch dann egal.“

Und das ist der Knackpunkt, den die Lohn-Fraktion gern mal vergisst: Wenn sich eine Leibrente nicht gelohnt hat, kriegt man es selber nicht mehr mit (zumindest nach meiner Weltanschauung). Ärgern könnten sich höchstens die Erben, weil die weniger bekommen. Aber auch das kriegt man nicht mehr mit. Wie gut man damit (rest-)leben kann, ist eine Frage des familiären Gefüges.

Nach der Logik von „Stern TV Spezial“ hätte ich übrigens meine Gebäudeversicherung nach zehn Jahren schon kündigen können (wenn sie nicht vorgeschrieben wäre, natürlich). Denn in einer schon legendär schwachen Sendung schlug der Verbraucherjournalist Ron Perduss einer Familie vor, ihre Rechtsschutzversicherung zu kündigen. Denn … a-ha-ha-ha-ha … befreites Gelächter … man habe ja zehn Jahre lang keinen rechtlichen Konflikt gehabt. Hat sich nicht gelohnt, zu dumm aber auch.

Ich bin in den vergangenen zehn Jahren nicht gestorben, werde das also auch in den kommenden zehn Jahren nicht. Ist doch logisch, zumindest bei RTL. Meine Risiko-Lebensversicherung ist bisher für mich ein reines Minusgeschäft. Ich buttere nur rein. Aber wissen Sie was? Ich werde das jetzt ändern. Ich gehe ein paar Stockwerke nach oben und sorge mal dafür, dass sie sich lohnt. Endlich.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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