Von links: Michael Schmahl, Vertriebsleiter der Knappschaft, und Thorulf Müller, Krankenversicherungsexperte © privat
  • Von Manila Klafack
  • 05.01.2018 um 09:30
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 05:20 Min

Während des Wahlkampfs spielte sie kaum eine Rolle, doch plötzlich rückt sie in den Fokus der Politik: die Bürgerversicherung. Pfefferminzia sprach mit Michael Schmahl, Vertriebsleiter der Knappschaft, sowie dem Krankenversicherungsexperten Thorulf Müller über unser Gesundheitssystem. Wann lohnt sich eine Rückkehr in die GKV? Und welche Möglichkeiten gibt es, falls dies nicht möglich ist? Hier kommen die Antworten.

Pfefferminzia: Welches sind die häufigsten Gründe, dass Privatversicherte in die gesetzliche Krankenversicherung zurück möchten?

Michael Schmahl: Vielen Privatversicherten wird die private Krankenversicherung (PKV) mit der Zeit zu teuer. Sie suchen einen Weg zurück in das meist günstigere Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das ist die Hauptursache. Die Beiträge von Privatversicherten sind in den vergangenen Jahren im Durchschnitt um jährlich etwa 3 Prozent gestiegen. Auch wenn sich das Einkommen anders entwickelt als erwartet, passt die private Absicherung oft nicht mehr zur veränderten Lebenslage. Zudem spielt die Familienplanung oft eine Rolle. Wer Kinder möchte oder hat, muss für sie extra Beiträge zahlen. Denn anders als bei gesetzlichen Kassen gibt es in der PKV keine Familienversicherung.

Was können die privaten Krankenversicherer tun, damit die Wechselbereitschaft von der privaten in die gesetzliche Absicherung weniger wird?

Thorulf Müller: Die PKV ist nicht in der Lage, das einzudämmen. Die Gründe liegen im Einzelfall beim Versicherten. Zum Beispiel hat er nicht ausreichend für sein Alter vorgesorgt. Deswegen verfügt er nicht über genügend Alterseinkünfte, um sich den Beitrag leisten zu können. Die Menschen, mit denen ich zu tun habe, und das sind bis zu 200 Fälle pro Jahr, erkennen, dass sie gegen die Beitragsanpassungen der PKV nicht ansparen können.

Unter welchen Umständen ist eine Rückkehr in die GKV nicht möglich?

Schmahl: Wer älter als 55 Jahre ist, hat kaum eine Chance. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten für diesen Personenkreis stark beschränkt, selbst bei einer eigentlich geltenden Versicherungspflicht über ein neues Arbeitsverhältnis. Doch auch für Jüngere ist es nur in Ausnahmefällen möglich. Angestellte müssen mit ihrem Bruttoeinkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen. Für 2018 sind das 59.400 Euro. Selbstständige müssen im Hauptjob in ein Angestelltenverhältnis wechseln, in dem sie ebenfalls weniger als 59.400 Euro jährlich verdienen.

Müller: Diese Grenzen gibt es. Dennoch prüfe ich bei jedem Fall im Rahmen der Expertennetzwerk24 alle Möglichkeiten. Dazu gehört unter anderem die Auswirkung auf die GKV-Beiträge im Alter, der Status für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner, die Rechtssicherheit aus allen Faktoren, wie beispielweise aus dem Einkommenssteuerbescheid. Wir finden in rund 90 Prozent der Fälle einen Weg. Den ältesten Rentner, den wir in die GKV zurück gebracht haben – wohlgemerkt legal und rechtskonform – war Ende 70 und die älteste Rentnerin 83 Jahre alt. Beide waren immer noch selbstständig beruflich tätig, nur um die PKV-Beiträge zahlen zu können.

autorAutorin
Manila

Manila Klafack

Manila Klafack war bis März 2024 Redakteurin bei Pfefferminzia. Nach Studium und redaktioneller Ausbildung verantwortete sie zuvor in verschiedenen mittelständischen Unternehmen den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort