Jochen Ruß leitet das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften, kurz ifa, in Ulm. © ifa
  • Von Lorenz Klein
  • 28.10.2022 um 17:02
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Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) hat den Bund der Versicherten (BdV) dazu aufgefordert, eine Studie zurückzuziehen, weil diese „fehlerhaft“ sei. Auf Basis besagter Studie hatten die Verbraucherschützer die These aufgestellt, dass es grundsätzlich nachteilig sei, eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) an eine Fondspolice zu koppeln.

Der Bund der Versicherten (BdV) hat sich Ärger eingehandelt mit dem Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa). Stein des Anstoßes ist eine Studie aus dem Hause des BdV. Danach kommen die Verbraucherschützer zu dem Fazit, dass es für Versicherte grundsätzlich nachteilig sei, Arbeitskraft- und Alterssicherung miteinander zu kombinieren (wir berichteten).

Die Empfehlung des BdV an die Verbraucher lautet entsprechend: Lieber eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) mit separatem Fondssparplan abschließen als eine Fondspolice, an der eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, kurz BUZ, dranhängt. Kurzum: Altersvorsorge und biometrische Absicherung sollten bitteschön getrennt betrieben werden – zumal von derlei Bündel-Produkten „nur Anbieter und Großvertriebe profitieren“, so der Vorwurf aus Hamburg.

Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) hat nun vehementen Widerspruch gegen die Studienthese des BdV eingelegt: In einer Mitteilung forderten die ifa-Wissenschaftler den Verein gar dazu auf, „die fehlerhafte Studie zur Kombination von Arbeitskraft- und Alterssicherung zurückzuziehen“.

Dazu muss man die Vorgeschichte kennen: Im November 2020 hatte das Ifa eine Studie veröffentlicht, die sich mit Vor- und Nachteilen „einer sogenannten Koppelung von Berufsunfähigkeitsschutz und Altersvorsorge im Rahmen einer Basisrente beschäftigte“, wie es beim ifa heißt (wir berichteten). Im Klartext: Die ifa-Untersuchung drehte sich ums gleiche Thema – kam allerdings zu ganz anderen Schlüssen. Das ifa sprach vor zwei Jahren von einem „ausgewogenen“ Ergebnis seiner Studie. Grob übersetzt: Es kommt auf den Einzelfall an, pauschalierende Urteile gehen fehl. 

Forscher gehen in die Gegenoffensive

Die ifa-Autoren fühlen sich nun an ihrer Forscher-Ehre gepackt, denn sie vermuten, dass die BdV-Verantwortlichen vor Pressevertretern über die ifa-Studie gelästert haben als die Verbraucherschutzorganisation ihre eigene Studie kürzlich in Hamburg vorstellte. Presseartikel würden darauf hindeuten, so die Klage des ifa, dass der BdV „unsere Studie aus dem Jahr 2020 gezielt diskreditiert“, habe und als „von der Branche gekauft“ bezeichnet worden sei (weil diese vom Finanzvertrieb MLP beauftragt wurde, Anm. d. Redaktion). „Dies weisen wir entschieden zurück und werden im weiteren Verlauf belegen, dass unsere damaligen Ergebnisse auch heute noch fachlich korrekt sind“, wehren sich die drei ifa-Autoren Sandra Blome, Jochen Ruß und Andreas Seyboth – und blasen ihrerseits zur Gegenoffensive.

„Irritierenderweise hat der – in anderen Fragen zurecht sehr auf Transparenz bedachte – BdV seine eigene Studie nicht öffentlich zugänglich gemacht und uns auch auf Nachfrage seine Studie nur gegen eine unseres Erachtens unangemessene Gebühr angeboten“ echauffiert sich das Autoren-Trio in einer ausführlichen Stellungnahme. Dennoch habe man einige Informationen über die Inhalte der BdV-Studie in Erfahrung bringen können. „Diese Informationen waren ausreichend, um zu belegen, dass den Autoren ein fundamentaler fachlicher Fehler unterlaufen ist, der von einem Mangel an Grundkenntnissen über die Kalkulation von Rentenversicherungsprodukten zeugt“, heißt es weiter.

ifa sieht eigene Ergebnisse bestätigt

Dieser Fehler habe dazu geführt, dass die entkoppelte Variante im Vergleich zur gekoppelten Variante sehr viel besser dargestellt werde als sie tatsächlich sei. So hat der BdV dem ifa zufolge nicht bedacht, dass Lebensversicherer bei der Kalkulation von aufgeschobenen Rentenversicherungen von einem zukünftigen Anstieg der Lebenserwartung ausgehen. „Bereits die Korrektur dieses fundamentalen fachlichen Fehlers verändert das in der BdV-Studie vermittelte Bild völlig“, schreiben die ifa-Wissenschaftler.

Die Autoren der BdV-Studie unterstellten außerdem, so ein weiterer Vorwurf des ifa, dass bei der entkoppelten Variante ein anderer BU-Schutz erworben werde als bei der gekoppelten Variante. „Das Studiendesign des BdV vermischt somit Effekte, die aus dem unterschiedlichen Preis der BU-Produkte resultieren, mit den Vor- und Nachteilen der Koppelung.“ Das Studiendesign sei somit „offensichtlich ungeeignet, um die Frage zu beantworten, ob die Koppelung per se finanziell vorteilhaft ist oder nicht“.

Nach Korrektur dieser beiden Sachverhalte ergibt sich laut ifa „ein deutlicher Vorteil der gekoppelten Variante in den quantitativen Kriterien“. Man sehe somit das Fazit der damaligen Studie bestätigt und fordere den BdV auf, seine Studie zurückzuziehen oder zu korrigieren. Man darf gespannt sein, wie der Bund der Versicherten auf dieses Ansinnen reagieren wird.

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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