Stefan Knoll, Vorstandsvorsitzender und Gründer der DFV Deutsche Familienversicherung. © DFV
  • Von Lorenz Klein
  • 30.08.2021 um 08:12
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Stefan Knoll, Chef der DFV Deutsche Familienversicherung – und CDU-Mitglied, hadert im Interview mit seiner Partei: „Vielleicht hat Herr Laschet auch zu dem ein oder anderen Thema eine Meinung? Kann ja noch sein…“ Zuvor spricht er über seine Wachstumspläne, die geplante Aufholjagd der DFV im Maklervertrieb, ein mögliches Provisionsverbot – und sagt, was er der Bürgerversicherung abgewinnen kann.

Wir müssen am Ende des Gesprächs auch über die politische Großwetterlage sprechen – am 26. September wird bekanntlich hierzulande gewählt, ein neuer Bundestag wird bestimmt. Mit welcher Gefühlslage schauen Sie auf das aktuelle Wahlkampfgeschehen sowie auf mögliche Koalitionen im Herbst?

Als erstes merke ich von dem Wahlkampf gar nichts, außer, dass jetzt die ersten Plakate herumhängen – und ich sage das ganz offen: Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr Mitglied der CDU – und ich bin jeden Tag derzeit entsetzter. Und wenn es nicht die Partei ist, für die ich schon viele Wahlkämpfe mit bestritten habe, dann würde ich ihr empfehlen, in die Opposition zu gehen, damit sie sich erneuert. Es ist ja entsetzlich, welches Bild die CDU in der Bundesregierung abliefert. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal öffentlich sage, also insofern fragen Sie lieber nicht näher.

Was da jetzt in Afghanistan passiert, ist eigentlich Staatsversagen. Was die Corona-Pandemie-Bekämpfung anbelangt ist Staatsversagen, wo ich hinlange: Der Staat wird immer übergriffiger und redet und bekommt nichts auf die Reihe. Ich bin eigentlich substanziell entsetzt und bin gespannt, was da jetzt rauskommt. Vielleicht hat Herr Laschet auch zu dem ein oder anderen Thema eine Meinung? Kann ja noch sein, vielleicht hört man nochmal was. Also Sie sehen, ich bin eigentlich frustriert.

Gilt das denn auch, wenn man jetzt ganz speziell auf die Versicherungswirtschaft schaut, was da zu erwarten ist? Stichwort Schwarz-Grün, Provisionsverbot, was vielleicht ja zumindest von den Verbraucherschützern angestrebt wird – und vielleicht auch bei den Grünen durchaus ein Thema sein könnte. Wie schauen Sie da drauf?

Die Frage ist, wie breit diskutiert man das Thema Provisionsverbot? Heißt das auch, dass die Kosten für den Vertrieb reduziert werden müssen? Also das ist natürlich ein ganz anderes Thema. Wir zahlen ja relativ wenig Provisionen, weil wir Geld in gleicher Größenordnung einfach für Vertrieb ausgeben, weil Online-Werbung, Google, Bing, ja auch Geld kosten – auch wenn das keine Provisionen sind, es sind Vertriebskosten. Wenn das gedeckelt werden würde, dann führt es halt einfach dazu, dass die Produkte nicht mehr wirklich verkauft werden. Dann kann man einen Wirtschaftszweig natürlich auch ruinieren – und das traue ich einer rot-grün-dominierten Regierung durchaus zu.

„Wir können so nicht weitermachen“

Die viel spannendere Frage wäre, dass man einfach mal über die Frage nachdenkt: Wollen wir nicht in einer großen konzertierten Aktion mal über die Sanierung der gesetzlichen Krankenversicherung nachdenken? Wann hören wir auf, die Dualität, diese vertikale Dualität, vorzuschreiben? Wann ersetzen wir diese durch eine horizontale Dualität – als dass man sagt: Es gibt in der Tat die Bürgerversicherung – wir diskutieren jetzt sehr viel offener darüber – reduzieren die Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Und wer will, kann sich obendrauf zusatzversichern. Ich glaube diese Debatte ist längst überfällig. Angesichts der Defizite der öffentlichen Kassen muss diese Debatte jetzt geführt werden – wir können so nicht weitermachen.

Und das nächste Thema ist die Pflege und das dann folgende Thema ist die Rente. Das sind die drei Themen, die wir dringend angehen müssen, und da finde ich ein Provisionsverbot eher eine Petitesse – aber natürlich etwas, wo man den Bürger schön am Nasenring durch die Manege ziehen kann, weil das einfach sehr viel konsumiger ist und nicht so komplex. Wir müssen aber tatsächlich die gesetzliche Krankenversicherung sanieren, die Pflegeversicherung, die Rentenversicherung. Das wäre in der Tat ein großer Wurf – trau’ ich keinem zu im Ergebnis.

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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