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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 06.11.2023 um 09:51
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lesedauer Lesedauer: ca. 03:35 Min

Vor Kurzem sorgte ein Urteil des Landgerichts Bremen in der Branche für Furore. Danach dürfen Versicherungsmakler nicht mit ihrer Unabhängigkeit werben. Wie ist das Urteil einzuordnen? Das analysiert Rechtsanwalt Björn Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

Ist Werbung mit „Unabhängigkeit“ irreführend?

„Unabhängigkeit‘ bedeute nicht nur, dass der Makler nicht in einer vertraglichen Beziehung zu den Anbietern der Anlagen beziehungsweise Versicherungen stehe. Der durch die Werbung des Maklers angesprochene Verkehr von Anlegern habe darüber hinaus auch die Erwartung, dass der Makler im Falle der Werbung mit einer „produktunabhängigen Beratung” beziehungsweise „unabhängigen Beratung” tatsächlich nicht in einem Provisionsinteresse tätig wird, sondern vollständig unabhängig von etwaigen Provisionen oder anderen Zuwendungen, die seitens der Anbieter von Anlagen in unterschiedlichen Höhen an den Makler im Erfolgsfalle geleistet werden, für den Verbraucher Anlagen vermittelt.

Eine irgendwie geartete Abhängigkeit des Maklers von einem Produktgeber, sei es auch keine vertragliche, sondern nur eine über eine Provision oder sonstige Zuwendung vermittelte, steht aus Sicht des angesprochenen Verkehrs einer „Unabhängigkeit“ entgegen, so das Gericht.

Genau diese Unabhängigkeit sei Gegenstand der Regelung des Paragrafen 34h GewO, wobei es nicht ausreiche, dass dem Verbraucher, nachdem er sich mit dem Angebot des beklagten Maklers aufgrund der unlauteren Werbung näher befasst, erfahren könnte, dass der Makler verschiedene Vergütungsmodelle anwende. Diese Erläuterungen seien ersichtlich zu spät. Für die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses spricht nach Ansicht des Gerichts der zu übertragende Gedanke aus der Regelung des Paragrafen 94 Absatz 1 WpHG, der eine Verwendung der Bezeichnung „Unabhängigkeit“ nur zulässt, wenn der Werbende im Register unabhängiger Anlageberater eingetragen ist.

Fazit sowie Hinweise für die Praxis

Das Landgericht verurteilte den Makler zur Unterlassung und stellt im Kern auf die Regelung des Paragrafen 94 Absatz 1 WpHG ab sowie auf die Tatsache, dass Makler eine Vergütung erhalten, die nicht vom Kunden gezahlt wird.

Die Entscheidung des LG Bremen ist jedoch nicht nachvollziehbar. Denn das Gericht bewertet zwar auf der einen Seite die Regelung des WpHG, lässt dabei jedoch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (sogenannte Sachwalter-Entscheidung, mehr Infos dazu gibt es hier) sowie auch die einschlägigen Vorschriften des VVG und der GewO in Bezug auf den Versicherungsmakler außer Acht.

Der Erhalt von Provisionen ist unter Anbetracht der Anforderungen an die Beratung der Versicherungsmakler nachrangig. Vorrangig wäre zu werten gewesen, dass der Versicherungsmakler per Gesetz rechtlich „im Lager“ des Kunden stehen (vgl.  § 59 Abs. 3 Satz 1 VVG, § 34d Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 GewO). Damit hat der Gesetzgeber den Versicherungsmakler bereits zu einem „unabhängigen“ Vermittler gemacht. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht eine andere Auffassung vertreten wird.

Für Versicherungsmakler, die auf der Webseite mit „Unabhängigkeit“ werben, bestehen durchaus Abmahngefahren, insbesondere durch Verbraucherverbände, wie in diesem vorliegenden Fall durch den VZBV. Versicherungsmakler sollten restriktiv mit entsprechenden Formulierungen zum Thema „Unabhängigkeit“ umgehen und – rein aus Vorsichtsgründen – entsprechende Formulierungen von der Webseite entfernen. Solange der BGH nicht grundlegend zu dieser Thematik entschieden hat, besteht keine Rechtsklarheit.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zu diesem und ähnlichen Fällen auf dem Vermittler-Kongress am 18. Januar 2024 referieren. Die digitale Veranstaltung ist für Vermittler kostenfrei.

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