Eine Statue der Gerechtigkeitsgöttin Justitia vor dem Justizgebäude in Baden-Württemberg. © picture alliance/Stefan Puchner/dpa
  • Von Karen Schmidt
  • 18.02.2020 um 12:48
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Auf dem diesjährigen Vermittlerkongress der Kanzlei Jöhnke & Reichow stellten die Rechtsanwälte Björn Thorben M. Jöhnke und Jens Reichow wieder interessante Fälle der Rechtsprechung aus dem Versicherungsbereich des vergangenen Jahres vor. Folgende fünf Urteile sollten Versicherungsmakler kennen.

Urteil 1: Maklerverträge und der Schutz zugunsten Dritter

Der Fall

Ein Schornsteinfeger soll in Kürze zum Bezirksschornsteinfeger berufen werden, und wendet sich an seinem Versicherungsmakler mit der Bitte um Anpassung seines Versicherungsschutzes. Im Zusammenhang mit der neuen Tätigkeit plant der Mann den Kauf eines Hauses, in dem er mit seiner Frau wohnen will, das aber auch seine Büroräume beherbergen soll.

Auf der Grundlage eines gemeinsamen Gesprächs, an dem auch die Ehefrau des Schornsteinfegers teilnimmt, vermittelt der Makler an den Schornsteinfeger eine Betriebshaftpflichtversicherung inklusive Deckungserweiterung unter anderem auf die Privathaftpflicht auf den Betriebsinhaber und seine Familie sowie auf Haus- und Grundbesitz. Die Ehefrau des Schornsteinfegers ist mitversichert.

In dem Haus, das die Frau gekauft hat, kommt es zum Brand, der auf das Nachbargebäude übergreift. Der Gebäudeversicherer der Nachbarn reguliert den Schaden, nimmt dann aber die Ehefrau des Schornsteinfegers auf Schadensersatz in Anspruch. Diese wiederum wendet sich an die Haftpflichtversicherung ihres Mannes. Der Versicherer lehnt die Regulierung des Schadens ab, da das Haus auch den Gewerbebetrieb des Schornsteinfegers beinhalte.

Es kommt schlussendlich zur Klage gegen den Versicherungsmakler. Dieser beruft sich auf Paragraf 63 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Versicherungsnehmer sei in diesem Fall der Schornsteinfeger gewesen, und der habe keinen Schaden erlitten.

Das Urteil

Diese Ansicht teilen die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg nicht (Aktenzeichen 6 U 95/17). Der Maklervertrag sei mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau ausgestattet gewesen. Der Schornsteinfeger habe seine Ehefrau in die Sorgfalts- und Obhutspflichten des Vertrags einbezogen, indem er den Hauskauf durch seine Ehefrau erwähnt habe.

Die vermittelte Haftpflichtversicherung war außerdem so ausgestaltet, dass die Ehefrau als mitversicherte Person begünstigt werden sollte. Die Versicherungsvermittlung habe dadurch erkennbar einen Drittbezug. Folglich könne sich die Ehefrau auch auf den Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zu ihren Gunsten berufen.

Da der Schornsteinfeger im Gespräch angab, das Büro in dem Haus einzurichten, hätte der Versicherungsmakler erkennen müssen, dass die von ihm vorgeschlagene Haftpflichtversicherung nicht passend war. Die Richter verurteilten den Makler zum Schadensersatz.

Lehre für die Praxis

„Durch das Urteil des OLG Brandenburgs wird die Haftung des Versicherungsmaklers über den Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf einen über den Versicherungsnehmer hinausgehenden Personenkreis – zum Beispiel Ehepartner – erweitert“, gibt Rechtsanwalt Jens Reichow zu bedenken. „Versicherungsmakler sollten sich dieses Haftungsrisikos bewusst sein und dem durch mögliche Gestaltungen im Versicherungsmaklervertrag vorbeugen. Dies gilt insbesondere für die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes. Daneben sollten Vermittler natürlich auch auf eine möglichst genaue und umfassende Dokumentation des Beratungsgespräches achten.“

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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