Welche Angaben sind für Beitragserhöhungen in der PKV maßgeblich? Darüber urteilte jetzt der Bundesgerichtshof. © picture alliance/dpa | Uli Deck
  • Von Redaktion
  • 17.12.2020 um 14:07
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Private Krankenversicherer (PKV) müssen Prämienerhöhungen künftig besser begründen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Frühere Erhöhungen könnten nun anfechtbar sein. Hier kommen Details und Reaktionen zu dem wegweisenden Urteil.

Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) sorgen regelmäßig für Streit. Am Mittwoch hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) der Sache angenommen und die Ansprüche für die Begründung einer Prämienanpassung nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) präzisiert.

In einer mündlichen Verhandlung entschieden die Karlsruher Richter (Az. IV ZR 314/19), dass vom Versicherer angegeben werden muss, „bei welcher Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beides – eine nicht nur vorübergehende und den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung eingetreten ist und damit die Neufestsetzung“ veranlasst wurde. Eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergebe, genüge nicht. Grundlage für dieses Urteil waren zwei verhandelte, vorinstanzliche Fälle (Az.: IV ZR 294/19 und Az.: IV ZR 314/19), in denen sich versicherte Kläger gegen Beitragserhöhungen der Axa gewehrt hatten, weil die Begründungen nicht den Vorschriften des VVG entsprächen (wir berichteten).

Fehlende Angaben können nachgeholt werden

Nicht mitteilen muss der Versicherer dem Urteil zufolge, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er habe auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst hätten, wie zum Beispiel des Rechnungszinses, anzugeben.

„Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe“, so der BGH, „soll dem Versicherungsnehmer zeigen, was der Anlass für die konkrete Prämienanpassung war. Sie erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat. Dagegen hat die Mitteilungspflicht nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen.“

Die Karlsruher Richter stellten außerdem klar, dass fehlende Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung vom Versicherer nachgeholt werden könnten, was aber „nicht zu einer rückwirkenden Heilung der unzureichenden Begründung“ führe.

Anwalt: „Urteil ist wegweisend“

Für die vorliegenden Fälle, in denen es um Tarife der Axa ging, bedeutet das BGH-Urteil, dass den Versicherten die zu viel gezahlten Beiträge zurückgezahlt werden müssen. Hier genüge die Begründung für Beitragsanpassungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht den oben genannten Anforderungen.

Das Urteil dürfte einen über die zwei verhandelten Fälle hinausgehenden „wegweisenden Charakter“ haben, schreibt Klägeranwalt Knut Pilz in einer Pressemitteilung. Auch andere „Versicherer wie etwa die DKV, Allianz oder Huk haben ihre Prämienerhöhungen regelmäßig ähnlich inhaltsarm und damit unzureichend begründet wie die Axa“, so Pilz. „Für einige Versicherer liegen bereits Entscheidungen und Gerichtshinweise vor, die dies bestätigen.“

Verbraucherschützer reagieren „skeptisch“

Der Bund der Versicherten (BdV) kommentierte das Urteil in einer Stellungnahme „skeptisch“. Grund hierfür sei, so die Verbraucherschutzorganisation, dass die Beitragsanpassung als solche nicht in Frage stehe. Zwar könnten Versicherte die Erhöhungsbeträge zunächst zurückfordern, wenn die Gründe für die Erhöhung unvollständig mitgeteilt worden seien. Im Gegenzug würden dann aber die zukünftigen Beiträge besonders stark steigen, wie es hieß.

„Für die meisten Versicherten läuft es bestenfalls auf ein Nullsummenspiel heraus“, sagte Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. Kritisch sieht er demnach die Erläuterungen des BGH, dass Versicherte bei einer Beitragsanpassung „nur Anspruch auf sehr wenige Informationen“ hätten. „Der Bundesgerichtshof zementiert die Intransparenz diverser privater Krankenversicherer“, so Kleinlein.

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