Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner von Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach. © Banerjee & Kollegen
  • Von Redaktion
  • 21.11.2023 um 10:38
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Kündigungen von Vertretern durch die Versicherung landen oft vor Gericht. In der Regel geht es dabei um den Umgang mit dem Handelsvertreterausgleich, weiß Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner von Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach. So auch in einem aktuellen Fall, den er in seinem Gastbeitrag beschreibt.

Kommt es zwischen Handelsvertretern und ihren Gesellschaften zum Streit, geht es in den allermeisten Fällen ums Geld. In der Regel wird über den Handelsvertreterausgleich und Provisionszahlungen diskutiert. Gehen diese Streitigkeiten ungünstig aus, kann das für den Handelsvertreter richtig teuer werden und sogar die Existenz gefährden.

Unter dem Handelsvertreterausgleich versteht man die Vergütung, die zum Ende des Vertragsverhältnisses zwischen Handelsvertreter und einem Unternehmen gezahlt wird, um die Vorteile auszugleichen, die der Handelsvertreter dem Unternehmen eingebracht hat. Der Handelsvertreterausgleich ist im Handelsgesetzbuch in Paragrafen 89b geregelt und regelmäßig Gegenstand von arbeitsrechtlichen Verfahren.

Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen freien Handelsvertretern und deren Gesellschaften, die vor Gericht landen. In der Regel geht es dabei ums Geld, und das zumeist im Kontext der Kündigung des freien Handelsvertreters. Das ist besonders häufig dann der Fall, wenn die Gesellschaft den Vertrag mit dem freien Handelsvertreter (fristlos) kündigt. Dann versuchen Gesellschaften häufig, den Handelsvertreterausgleich zu versagen.

Das müssen freie Handelsvertreter aber nicht hinnehmen. So hat sich das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 1. März 2021, Aktenzeichen 19 U 148/20) deutlich auf Seiten freier Handelsvertreter bei Streitigkeiten über den Handelsvertreterausgleich nach fristloser Kündigung positioniert. Und einiges zu den Rechten des Handelsvertreters in dieser Situation klargestellt.

Fristlose Kündigung und kein Ausgleich?

Der Kläger war wegen Steuerhinterziehung zu 180 Tagessätzen verurteilt worden. Daraufhin hatte seine Auftraggeberin, eine Versicherung, ihn fristlos gekündigt und wollte den Ausgleich nach 14 Jahren Tätigkeit nicht zahlen. Die fristlose Kündigung haben sowohl das Landgericht Köln in erster Instanz (Aktenzeichen 89 O 21/20) als auch das Berufungsgericht bejaht.

Streitig blieb aber das Urteil des Landgerichts, dass keine Gründe dafür vorlagen, die zum Entfall des Ausgleiches führen konnten. Daher wurde die Versicherungsgesellschaft verurteilt, diese in einer sechsstelligen Höhe zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Insbesondere wenn eine Vorstrafe oder ein sonstiges Handeln nichts mit dem Vertragsverhältnis zu tun haben, darf es nicht zum Entfall des Ausgleiches kommen.

Das Oberlandesgericht Köln verweist in seiner Urteilsbegründung deutlich darauf, dass die Versagung des Handelsvertreterausgleichs voraussetzt, dass das Unternehmen das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Versicherungsvertreters vorlag. Die Gründe müssten derart schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Handelsvertretervertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Vertrags nicht zugemutet werden könne.

Es gilt im Rahmen einer Interessenabwägung ebenso festzustellen, ob die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses für die Gesellschaft wirklich unzumutbar ist. Dabei ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen.

Kündigungsgründe dürfen nicht Privatsphäre betreffen

Für jede außerordentliche Kündigung ist ein wichtiger Grund erforderlich. Dieser liegt vor, wenn der Gesellschaft unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Außerdem muss der außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung vorausgehen. Nur ausnahmsweise kann sie entfallen. Auf diese arbeitsrechtlichen Vorschriftlichen sollten Handelsvertreter genau achten.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln und die abgelehnte Berufung durch die Versicherungsgesellschaft sind hochrelevant für Streitigkeiten über den Entfall des Ausgleichsanspruches. Das Oberlandesgericht Köln hat erstmalig klarstellt, dass die Kündigungsgründe das Vertragsverhältnis betreffen müssen und nicht etwa in der Privatsphäre oder Lebensführung des Handelsvertreters liegen sollen, um einen Entfall des Ausgleichsanspruches zu rechtfertigen. Die Chancen für Handelsvertreter, auch bei einer fristlosen Kündigung durch den Auftraggeber den Handelsvertreterausgleich zu erhalten, sind also regelmäßig sehr groß.

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