Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, spricht am 14. Januar 2021 bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag. © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
  • Von Lorenz Klein
  • 14.09.2021 um 15:07
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Obwohl die Grünen für den kompletten Umstieg auf eine Honorarberatung werben, will die Partei das Wählerpotenzial der klassischen Versicherungsvermittler keineswegs abschreiben, wie ihr Sprecher für Rentenpolitik, Markus Kurth, im Interview betont. Pfefferminzia fragte außerdem nach, auf welche Übergangsfristen sich provisionsbasierte Vermittler nach dem Willen der Grünen einstellen müssen.

Ich komme noch einmal auf die BVK-Umfrage zurück, weil daraus sehr viel Erhellendes hervorgeht, wie ich finde. An anderer Stelle heißt es dort: „Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass in vielen Bereichen die Probleme nur durch einen Umstieg auf honorarbasierte Beratung gelöst werden können“, weil nur so, die von Ihnen auch schon erwähnten „Interessenkonflikte“ abgemildert werden könnten, die durch eine provisionsbasierte Vermittlung entstünden. Aus der Versicherungsbranche wird Ihnen dann immer zuverlässig entgegengehalten, dass ein Umstieg auf eine Honorarberatung – wie zum Beispiel in Großbritannien – dazu geführt habe, dass viele Menschen, insbesondere Geringverdiener, gar keine Finanzberatung mehr in Anspruch nehmen würden, so dass viele britische Bürger ohne Vorsorge dastünden. Ist das für Sie nur Schwarzmalerei?

Die Zahlen, die mir vorliegen, sehen das gar nicht so negativ. Von 25 Prozent, die eine Finanzberatung in Großbritannien gebraucht hätten, haben nur 9 Prozent angegeben, dass sie diese wegen der Kosten und wegen mangelnden Geldes nicht gemacht haben. Und letzten Endes müssen auch Geringerverdienende, die einen Vertrag auf Provisionsbasis abschließen, ja etwas dafür bezahlen – das gibt‘s ja nicht umsonst, es scheint halt nur so. Aber im Endeffekt stecken dort mit den Abschlusskosten auch Beratungskosten drin – und das muss ja auch sein, denn eine wirklich gute und umfassende Beratung kann es ja auch gar nicht kostenlos geben. Und wer qualifiziert beraten will, muss Zeit aufwenden und die muss natürlich auch angemessen honoriert werden. Aber sicherlich wird es gewisse Marktverschiebungen geben, es wäre unrealistisch, das nicht anzunehmen. Man kann hoffen, dass es mit der Zeit auch eine kulturelle Veränderung gibt oder einen Einstellungswandel. Im Moment ist es so, dass die Honorarberatung in Deutschland ein Nischendasein führt und dass die Bereitschaft der allgemeinen Bevölkerung für Finanzberatung erstmal zu bezahlen, bevor man was hat, recht gering ist. Da muss man realistisch sein.

Immer mehr Banken und Versicherer setzen auf eine Finanzberatung, in der das Thema Nachhaltigkeit betont wird. Freut Sie das oder sind die Anstrengungen der Branche in diesem Bereich aus Ihrer Sicht noch zu gering?

Erstmal freut mich das. Natürlich kann man sich da immer mehr wünschen, aber ich habe im Großen und Ganzen schon den Eindruck, dass viele Versicherer und Banken in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel vorgenommen haben und auch die ESC-Kriterien für die Kapitalanlage ganz klar auf dem Schirm haben – und zwar nicht nur aus eigener Einsicht, sondern, weil die Kunden das auch nachfragen. Die wollen ja wissen, was passiert eigentlich mit meinem Geld? Und wo wandert das genau hin? Zumindest nimmt die Zahl derjenigen deutlich zu. Und wir sehen ja auch, dass bestimmte Institute, die sich in besonderem Maße Nachhaltigkeit, oder auch Umweltkriterien in besonderer Form, verschrieben haben, überdurchschnittliche Wachstumsraten aufweisen und Kunden hinzugewinnen können. Und ich glaube, dass die Branche dort insgesamt diesen Metatrend folgt oder zumindest versucht, da nicht abgehängt zu werden.

Im Übrigen erweisen sich ja zunehmend auch Anlagen, die auf fossilen Wirtschaftsmodellen basieren, als immer unsicherer. Ökonomen sprechen ja auch von der sogenannten Carbon Bubble, also der Kohlenstoffblase. Das in den Unternehmensbilanzen, etwa von Energiekonzernen, die sehr viele Kohlekraftwerke haben, ungeahnte Risiken schlummern. Da werden beispielsweise Kraftwerke mit einem langen Abschreibungszeitraum gar nicht so lange laufen – oder sie werden nicht so hoch ausgelastet sein, wie das bei der Bilanz-Kalkulation ursprünglich angenommen wurde.

Und ich gehe davon aus, dass bei nicht wenigen Unternehmen erhebliche Abschreibungen, Wertberichtigungen, notwendig sind, die sich dann natürlich auch auf die Kurse niederschlagen – all das wird ja ganz offen in der Finanzbranche diskutiert. Insofern ist das kein Zufall, dass große Versicherer schon seit längerem gezielt versuchen, etwa aus dem Bereich Kohleverstromung – Braunkohle insbesondere – herauszukommen. Von daher würde ich sagen: Der Grad des Bewusstseins und des Handelns ist gestiegen. Wir würden es auf jeden Fall begrüßen und auch dann fördern und unterstützen, wenn das noch zunimmt in der nächsten Zukunft. Aber ich bin da relativ optimistisch.

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 3 Jahren

Nach über 10 Jahren massiver DAUERBESCHALLUNG und Werbung aller Medien hat man unter 300 Honorarberater GESCHAFFT. So viel-wenig, Versicherungsvermittler gibt es in einem Stadtteil von München! Darunter sicher auch einige die nach wie vor auch über Provision beraten. In GB kann sich die Mehrheit der Bürger Honorarberater nicht leisten-ein deutlich höherer Druck auf die Sozialsysteme ist die Folge. Mehr Versagen und dämlichem beharren auf unsinniges ist fast nicht denkbar. Honorarberatung ist auch definitiv meistens NICHT günstiger. Bei niedrigen Beiträgen, sogar viel schlechter. Beispiel € 30,00 monatlich über 55 Jahre (Kindersparplan) erhält ein Makler bei 4 % Provision -fast alle Versicherer zahlen nur bis 40 -jährige Verträge-€ 576,00. Vergleicht den gesamten Markt, biete den BESTEN Tarif UND HAFTET auch noch UNBEGRENZT dafür. Ich muss eine komplette Bestandsaufnahme erstellen, Lücken definieren, die besten Tarife mit allen Begriffen, Vor-und Nachteilen erläutern, anschließend das BESTE Angebot anfordern, dem Kunden wiederum erläutern, ein Beratungsprotokoll erstellen, an die Gesellschaft weiterleiten. Den Versicherungsschein auf KORREKTHEIT überprüfen und zum Kunden bringen. Die PROVISION ist das EINZIGE EINKOMMEN des Maklers, Büro, Digital, Personal, PKW, Bildung- Fortbildungskosten 20 Stunden sind Pflicht, Altersversorgung, Versicherungen, Lebensunterhalt und Beratungen ohne Abschluss-gibt es bei Honorarberatern nicht, alles in dieser Provision involviert. Da hat keiner Zeit für eine Kur, wo sich viele Beamte gerne, ausgiebig, immer wieder, erholen.
Fazit: Makler leisten Frondienste für die ganze Gesellschaft, die Provision müsste deutlich erhöht werden. Bei vielen Beamtenversicherungen sind, auch anderen, mit überwiegend Angestellten sind Vermittler mit Festeinkommen, Bestand, Büro- und Fortbildungskosten, mit Altersversorgung weitgehend versorgt, dürfen aber nur das Produkt ihres Unternehmens anbieten. Das dies in Fälle das BESTE für den Kunden ist, ist sehr unwahrscheinlich.

Weyers Heinrich
Vor 3 Jahren

Mich interessiert nur, welche berufliche Tätgikeit Herr Kurth außer seiner politschen Tätigkeit ausübt.
Danke für diese Information.

Heinrich Weyers, Kleiner Markt 3-5 in 47533 Kleve
E-Mail: info@Finanzberater-kleve.de

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Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 3 Jahren

Nach über 10 Jahren massiver DAUERBESCHALLUNG und Werbung aller Medien hat man unter 300 Honorarberater GESCHAFFT. So viel-wenig, Versicherungsvermittler gibt es in einem Stadtteil von München! Darunter sicher auch einige die nach wie vor auch über Provision beraten. In GB kann sich die Mehrheit der Bürger Honorarberater nicht leisten-ein deutlich höherer Druck auf die Sozialsysteme ist die Folge. Mehr Versagen und dämlichem beharren auf unsinniges ist fast nicht denkbar. Honorarberatung ist auch definitiv meistens NICHT günstiger. Bei niedrigen Beiträgen, sogar viel schlechter. Beispiel € 30,00 monatlich über 55 Jahre (Kindersparplan) erhält ein Makler bei 4 % Provision -fast alle Versicherer zahlen nur bis 40 -jährige Verträge-€ 576,00. Vergleicht den gesamten Markt, biete den BESTEN Tarif UND HAFTET auch noch UNBEGRENZT dafür. Ich muss eine komplette Bestandsaufnahme erstellen, Lücken definieren, die besten Tarife mit allen Begriffen, Vor-und Nachteilen erläutern, anschließend das BESTE Angebot anfordern, dem Kunden wiederum erläutern, ein Beratungsprotokoll erstellen, an die Gesellschaft weiterleiten. Den Versicherungsschein auf KORREKTHEIT überprüfen und zum Kunden bringen. Die PROVISION ist das EINZIGE EINKOMMEN des Maklers, Büro, Digital, Personal, PKW, Bildung- Fortbildungskosten 20 Stunden sind Pflicht, Altersversorgung, Versicherungen, Lebensunterhalt und Beratungen ohne Abschluss-gibt es bei Honorarberatern nicht, alles in dieser Provision involviert. Da hat keiner Zeit für eine Kur, wo sich viele Beamte gerne, ausgiebig, immer wieder, erholen.
Fazit: Makler leisten Frondienste für die ganze Gesellschaft, die Provision müsste deutlich erhöht werden. Bei vielen Beamtenversicherungen sind, auch anderen, mit überwiegend Angestellten sind Vermittler mit Festeinkommen, Bestand, Büro- und Fortbildungskosten, mit Altersversorgung weitgehend versorgt, dürfen aber nur das Produkt ihres Unternehmens anbieten. Das dies in Fälle das BESTE für den Kunden ist, ist sehr unwahrscheinlich.

Weyers Heinrich
Vor 3 Jahren

Mich interessiert nur, welche berufliche Tätgikeit Herr Kurth außer seiner politschen Tätigkeit ausübt.
Danke für diese Information.

Heinrich Weyers, Kleiner Markt 3-5 in 47533 Kleve
E-Mail: info@Finanzberater-kleve.de

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