Olaf Stotz ist Professor für Asset Management an der Frankfurt School of Finance & Management © Frankfurt School of Finance & Management
  • Von Redaktion
  • 11.04.2017 um 11:10
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Garantien in der Altersvorsorge sind teuer, schwer verständlich und bringen – vor allem bei längerer Anlage – keinen Nutzen für den Kunden. Das ist das Ergebnis einer Studie, welche die Frankfurt School of Finance & Management (FSF) im Auftrag des britischen Lebensversicherers Standard Life erstellt hat. Über die Erkenntnisse aus der Studie und was Fernseher damit zu tun haben, sprach Pfefferminzia mit Studienautor Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School.

Pfefferminzia: Herr Stotz, wie lautet das Kernergebnis Ihrer Studie?

Olaf Stotz: Wir haben uns die Garantiekosten für eine Einmalanlage und einen Beispielkunden angeschaut, der für 15 Jahre 100.000 Euro anlegen will. Die Durchschnittsverzinsung von als sicher geltenden Anlagen, etwa deutschen Staatsanleihen, ist über die Jahre hinweg deutlich gesunken. Die Garantiekosten hingegen, die wir errechnet haben, gehen ab 2008 relativ deutlich nach oben. Diese beiden Kurven sind also eher gegenläufig. Somit lautet das Kernergebnis, dass das Zinsniveau die Garantiekosten am stärksten beeinflusst, und dass die Garantiekosten mittlerweile deutlich über dem Anlagebetrag liegen. Wenn jemand 100.000 Euro anlegt, dann kann ihn das auf Basis der entgangenen Gewinne tatsächlich mehr kosten als den Betrag, den er anlegt.

Können Sie das bitte an einem Beispiel verdeutlichen?

Wenn die heutigen Zinsen für eine 10-jährige Anleihe bei 0 Prozent liegen, und Sie wollen Ihr Geld zehn Jahre lang sicher anlegen, dann müssen Sie heute 100 Euro investieren, damit sie in zehn Jahren auch 100 Euro herausbekommen. Wenn das Zinsniveau hingegen bei 7 Prozent liegt, erreichen Sie über diesen Zeitraum in etwa eine Kapitalverdopplung. Das bedeutet, Sie müssen nur 50 Euro anlegen, damit Sie in zehn Jahren Ihre 100 Euro sicher zurückbekommen – die restlichen 50 Euro können Sie garantiefrei am Aktienmarkt anlegen; bei dieser Berechnung haben wir die Inflation natürlich außen vorgelassen. Verzichten Sie auf eine Anlage in Anleihen und damit auf die Garantie, können sie die kompletten 100 Euro in Aktien anlegen.

„Das Zinsniveau beeinflusst die Garantiekosten am stärksten.“
Olaf Stotz

Wie verlässlich können Sie Garantiekosten für ein Produkt berechnen, das der Kunde möglicherweise Jahrzehnte lang hält?

Wie sich weltweit der Aktienmarkt die nächsten Jahre und Jahrzehnte entwickelt, weiß natürlich niemand. Wir nutzen deshalb umfangreiche Simulationsverfahren, die gute als auch schlechte Entwicklungen für Aktienmärkte in die Zukunft projizieren. In der Rückrechnung gehen wir dann immer vom jeweils aktuellen Wissensstand aus, wir nutzen also keine unbekannten Informationen. Die Garantiekomponente zu berechnen ist einfacher, wir gehen von den jeweils aktuellen Zinsen aus. Als Alternative zur garantierten Anlage nehmen wir ein reines Aktienmarkt-Engagement. Der Unterschied zwischen der reinen Aktienanlage gegenüber der Anlage mit Garantie bildet die Garantiekosten ab. Letztlich hängt die Verlässlichkeit von dem Simulationsverfahren ab; es zeigt sich jedoch, dass dieses recht robuste Ergebnisse erzeugt.

Was ist denn eine Garantie in der Altersvorsorge dann überhaupt noch wert?

Diese Garantie, die viel kostet, ist im Prinzip nur wenig wert. Sie zahlen für etwas, bei dem die Leistung relativ gering ist und der Garantiefall selten eintritt. Zum Vergleich: Wenn Sie einen Fernseher kaufen, sagen wir für 2.000 Euro, wird Ihnen direkt im Laden eine Garantieverlängerung von ein bis zwei Jahren angeboten. Der Preis, den Sie dafür zahlen müssen – vielleicht 50 bis 100 Euro –, ist im Vergleich zum Kaufpreis des Fernsehers relativ gering. Bei den Garantien in der Altersvorsorge ist das ganz anders: Aktuell sind die Garantiekosten relativ hoch, im Prinzip sogar mehr, als was Sie für das Produkt einzahlen. Das wäre analog zum Fernseher etwa so, als ob Sie mehr als 2.000 Euro für die Garantieverlängerung ausgeben. Das wird niemand machen.

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