Peter Süßengut ist Experte für alternative Vergütungsmodelle und Gründer von Peter Süßengut Consulting. © privat
  • Von Redaktion
  • 13.07.2020 um 11:35
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Seit einigen Jahren schwebt die Frage im Raum, in welchem Verhältnis Tech-Giganten und Insurtechs auf der einen und Versicherungsmakler auf der anderen Seite zueinanderstehen. Geprägt ist sie von der Idee eines technologisch getriebenen Umschwungs. Doch die Realität zeichnet längst ein anderes Bild, wie Vergütungsexperte Peter Süßengut in seiner neuen Kolumne darlegt.

Die Angst vor dem großen A treibt seit einigen Jahren die Branche um: Was passiert, wenn Amazon auf den Markt drängt? Anstelle des Techgiganten drängen andere Unternehmen zunehmend auf den deutschen Markt: PingAn, Lemonade oder Clark heißen sie. Markteintrittsbarrieren wie die Zulassung zur Vermittlung von Versicherungen stellen kaum eine Hürde für diese Unternehmen dar – doch eins gelingt ihnen aller Innovation zum Trotz nicht: Das Herz der Kunden zu erobern.

Die Revolution blieb aus, es reicht kaum zur Revolte

Caspar Tobias Schlenk hat sich diese Initiativen jüngst für das Portal Finance Fwd näher angesehen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Das Geschäft läuft allen Kapitalreserven und Finanzierungsrunden zum Trotz beschwerlich.

Einer der Gründe für die Skepsis gegenüber digitalen Angeboten ist der Kundenwunsch nach Service. Dazu gehören, klar, auch digitale Angebote wie ein virtueller Versicherungsordner. Service ist jedoch im Kern und der Erwartung von Kunden etwas Anderes als virtuelle Plattformen ohne menschlichen Kontakt und das Gefühl, eine für die eigenen Angelegenheiten zuständige Person zu haben. So zeigt eine aktuelle Statistik des Statistischen Bundesamts, dass jedes vierte Anliegen nicht (richtig) verstanden wird und Kunden so häufig verärgert sind.

Zwar hallt aus allen Ecken des Landes die Mär von der Servicewüste. So stimmen 71 Prozent der in Deutschland lebenden Personen der Aussage des Statistischen Bundesamts zu, dass die Bereitschaft zu Service und die Durchführung dessen zu wünschen übrig lässt. Gleichzeitig ist jedoch jeder Zweite dazu bereit, für zusätzlichen Service zu bezahlen. Vorausgesetzt, der Service stimmt.

Woran die meisten Insurtechs gescheitert sind

Deshalb ergibt die Unterscheidung des Dudens in Kundenservice und Kundendienst durchaus Sinn: Während es sich im ersten Fall um das Angebot einer Dienstleistung handelt, die Kunden bei der Inanspruchnahme einen Vorteil bringen wie beispielsweise die zahlungspflichtige Entsorgung von Altwaren bei der Lieferung der neu gekauften Waren, beschreibt der zweite Begriff eher unentgeltliche Leistungen, die Kunden gerne in Anspruch nehmen wie beispielsweise einen kostenfreien Wasserspender im Ladengeschäft.

Diese Potenziale hat auch die Wissenschaft erkannt und seit einigen Jahren einen Forschungsschwerpunkt zur Entwicklung neuer Methoden für die Kreation geeigneter Kundenservices gelegt. Ziel dessen ist es, Unternehmen und Unternehmer bei der nachhaltigen Umsetzung und Einführung zu unterstützen, um die bestehende Kundenbeziehung so lange als möglich auszudehnen. Denn längst ist bekannt, dass es etwa sieben Mal so teuer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen wie einen Bestehenden zu binden. Zugleich spielt der Preis aktuellen Umfragen des statistischen Bundesamts zufolge mittlerweile eine untergeordnete Rolle: Genauso wichtig wie die Frage danach, was ein Angebot kostet, sind die enthaltenen Leistungen. Erst die Verbindung von Angebot, Preis und gutem Ruf erlaubt es, ein Serviceangebot erfolgreich zu platzieren. Genau das ist es, woran die meisten Insurtechs gescheitert sind.

Über fehlende Anführer und falsche Ideale

Die angekündigte Revolution ist also ausgeblieben, weil Insurtechs nicht oder nicht genügend Kunden gewinnen konnten. Deshalb melden sich nun die Ersten zu Wort, die einen Wandel in der Geschäftspolitik der Unternehmen wahrnehmen: Anstelle der Endkunden rückt nun der Vertrieb mit direktem Zugang zu Endkunden in den Fokus der Insurtechs. Sie möchten vergleichbar zu Maklerpools Service am Makler leisten und die eigenen Prozesse zur Verfügung stellen.

Doch muss man klar sagen, dass dies keins der aktuellen Probleme der Versicherungsmakler löst. Eine Auswahl der Sorgen, die nachts wirklich wachhalten:

  • Wie steht es um meine Rente?
  • Sinken meine Einnahmen kommendes Jahr weiter ab?
  • Wie setze ich die nächste Regulierung um?
  • Wann habe ich mal wieder Zeit für Familie, Freunde oder Hobbies?
  • Kann ich mit dem Markt noch Schritt halten?
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