Tobias Haff ist Geschäftsführer des Insurtechs massUp Insurance Services. © massUp
  • Von Tobias Haff
  • 04.07.2019 um 17:32
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So manch ein Vermittler richtet sein Geschäft gnadenlos auf die Gewinnung von Neukunden aus. Ist das einen schlaue Strategie? Nein, meint Vertriebsexperte Tobias Haff. Es ist teuer, aufwendig und die Bestandskunden sind dann auch in Gefahr.

Vor Kurzem wurde eine bemerkenswerte Nachricht veröffentlicht. In der jährlichen weltweiten PwC-Umfrage zu den Versicherungs-Wachstumsregionen ist Deutschland nur noch unter ferner liefen – nach einem zweiten Platz im vergangenen Jahr. Zweifellos ist der deutsche Markt einer der wichtigsten und innovativsten. Für mich aber schon lange keiner mehr mit ausgeprägtem dynamischem Wachstum.

Trotzdem tun alle so – und sind ständig auf der Jagd nach Neukunden. Täglich gibt es unzählige Möglichkeiten, um zu lernen, wie man an sie rankommt. Online-Seminare, Workshops, Trainings und Geheimtipps – alles dreht sich um neue Kunden. Wie sinnvoll ist das in einem gesättigten Markt, der nicht mehr wächst? Wie sinnvoll ist überhaupt die gnadenlose Ausrichtung auf den Neukunden? Gar nicht! Es gibt dafür drei gute Gründe.

Erstens: Neukunden zu gewinnen wird nicht nur teurer, sondern auch schwieriger. Wer per Suchmaschine oder Lead versucht, an Verkaufschancen zu kommen, zahlt seit Jahren immer mehr oder bekommt schlechtere Qualität für sein Geld. Was vor 15 Jahren noch El Dorado war, ist heute eine karge Vertriebswüste. Wenn Sie nicht über ausreichend Marketing-Geld verfügen, verdorren Sie auf dem Weg zum Kunden. Dazu kommen viele neue rechtliche Vorschriften, die es schwer machen, den Kunden anzusprechen. Ganz zu schweigen vom Risiko hoher Strafen, wenn Sie nicht die passende Einwilligung nachweisen.

Zweitens: Allein die Denke vom Neukunden ist falsch. Wie lange ist er denn überhaupt einer? Spätestens nach Ablauf der Widerrufsfrist ist er nicht mehr neu – sondern Bestand. Sicher hat sich über mehrere Jahrzehnte das Mantra der Abschlussprovision in den Vertriebsköpfen festgesetzt. Erfolgreich war, wer schnell von einem Kunden zum nächsten springen konnte. Ausgebremst wird das nun durch Provisionsdeckel und längere Stornohaftungszeiten. Und überhaupt funktioniert dies nur, solange es genug unterversorgte Kunden gibt. Schwer vorstellbar, dass man im deutschen Markt davon noch viele finden kann.

Drittens: Wer immer nur dem Neukunden hinterherläuft und sich nie um die Gesamtheit der Verträge kümmert, dem werden die Kunden wieder geklaut. Wenn kaum jemand eine hohe Bindung über mehrere Verträge und Bereiche hinweg aufbaut, ist der Kunde eine leichte Beute für den nächsten Jäger. Das Stichwort ist hier: Bündelungsquote. Die wird erreicht, wenn man nach der ersten Unterschrift nicht gleich weiterzieht.

Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt – zwischen Auftaktveranstaltungen und Jahresendgeschäft – um über die Einstellung zur Kundengewinnung nachzudenken. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Überlegen Sie, wie Sie mit den bestehenden Kunden arbeiten und die Kundenbeziehung ausbauen. Das ist nicht nur gut für die Bündelungsquote und sichert den Bestand. Es bringt auch zusätzliche Erträge.

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Tobias Haff

Tobias Haff ist gelernter Versicherungskaufmann. Er ist spezialisiert auf die Digitalisierung und Automatisierung von Vertriebs-, CRM- und Service-Prozessen.

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