Nagelneuer Operationssaal im Universitätsklinikum Leipzig: 11,5 Milliarden Euro Mehrumsatz durch PKV © picture alliance/dpa | Sebastian Willnow
  • Von Andreas Harms
  • 16.09.2022 um 13:18
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Auf der Suche nach mehr Geld für die gesetzliche Krankenversicherung stößt man auch auf die Gehaltsgrenzen, bis zu denen man Beiträge zahlt und ab denen man sich privat versichern darf. Der Lobbyverband der privaten Krankenversicherer argumentiert nun, warum man beide Grenzen besser nicht anrühren sollte.

Die privaten Krankenversicherer wehren sich gegen eine höhere Beitragsbemessungsgrenze. Sie könne das Demografieproblem in den Krankenkassen ebenso wenig lösen wie eine eingeschränkte Wahlfreiheit zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung (PKV und GKV). Das meldet der PKV-Verband.

Zum Hintergrund: Die Beitragsbemessungsgrenze, bis zu der man volle prozentuale GKV-Beiträge zahlen muss, liegt derzeit bei monatlich 4.837,50 Euro. Laut Medienberichten soll sie im kommenden Jahr auf 4.987,50 Euro steigen. Damit müssten alle, die mehr als das verdienen, ohnehin schon etwas höhere Beiträge in die GKV zahlen.

Nun gibt es aber auch die Idee, die Bemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung zu heben, aktuell sind das 7.050 Euro im Monat. Der Lobbyverband der PKV hat mal nachgerechnet: Wer mehr als diese 7.050 Euro verdient, müsste den Anstieg komplett tragen und somit rund 46 Prozent höhere GKV-Beiträge zahlen. Der Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung würde von 933 auf 1.361 Euro im Monat steigen. Grundlage für die Rechnung sind die durchschnittlichen Sätze für Kranken- und Pflegeversicherung.

Für den PKV-Verband ist das ein Risiko für die Wirtschaft. So prangert er wörtlich an:

Der Faktor Arbeit würde gerade im Bereich hochqualifizierter Angestellter, zum Beispiel in Forschungs- und Technologie-Unternehmen belastet. Die Wettbewerbsfähigkeit würde unter der Explosion der Lohnzusatzkosten für die Arbeitgeber leiden.

Zugleich warnt der Verband vor einer Maßnahme, die seine Branche hart treffen würde: nämlich die Versicherungspflichtgrenze zu erhöhen. Sie gibt an, ab welchem Einkommen man sich als normaler Angestellter überhaupt privat versichern darf. Derzeit liegt sie bei 64.350 Euro brutto pro Jahr. Würde man sie auf die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung heben, wären das 84.600 Euro.

Laut Verband würde das zwar kurzfristig die Einnahmen für die GKV erhöhen, die demografischen Probleme aber nicht lösen. Denn mittelfristig würden die Ausgaben stark steigen, wenn die neu hinzugekommenen Versicherten älter werden. Und eine entsprechende Vorsorge gibt es bei der GKV dafür nicht. Es wäre somit im „langfristigen finanziellen Eigeninteresse der GKV besser, mehr Wahlfreiheiten an der Systemgrenze zu ermöglichen anstatt weniger“.

Mehrumsatz von 11,5 Milliarden Euro durch PKV

Zugleich weist der Lobbyverband darauf hin, dass die PKV „Behandlungskosten ohne Budgetgrenzen erstattet und für viele medizinische Leistungen auch höhere Honorare“ zahlt. Den Mehrumsatz im Gesundheitssystem beziffert er mit jährlich 11,5 Milliarden Euro, die am Ende auch gesetzlich Versicherten zugutekämen. Und die durch weniger privat Versicherte schrumpfen würden.

Und die würde es ganz sicher geben. „Die außerordentliche Anhebung der Versicherungspflichtgrenze auf 84.600 Euro würde den Markt im Bereich der Arbeitnehmer für die PKV faktisch schließen“, beklagt der PKV-Verband. Denn nur die wenigsten Angestellten zwischen 30 und 40 Jahren würden solche Einkommen erreichen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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