Rechtsanwalt Björn Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Informationstechnologierecht bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke und Reichow
  • Von Redaktion
  • 08.11.2021 um 12:26
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Kann eine Verspätungsklausel in den AVBs einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine Ausschlussfrist bestimmen? Darüber hatte der Bundesgerichtshof (BGH) schon vor einigen Jahren zu befinden. Die Entscheidung des BGH ist aber nach wie vor aktuell, erklärt Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

Die rechtliche Wertung des BGH

Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hob das Urteil des OLG auf (Urteil vom 16.06.2010 – IV ZR 226/07). Der Versicherungsschutz sei durch die Beitragsfreistellung sowohl der Haupt- als auch der Zusatzversicherung im Jahr 2000 schon deswegen nicht erloschen, weil ausweislich des Ersatzversicherungsscheins im Falle einer innerhalb der Versicherungsdauer eintretenden Berufsunfähigkeit weiterhin eine Berufsunfähigkeitsrente gezahlt werden sollte.

Der BGH führte aus, dass die Regelung des § 9 Abs. 8 B-BUZ nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Nach § 1 Abs. 1 B-BUZ genüge für die Begründung der Leistungspflicht aus der BUZ, dass die Berufsunfähigkeit in der versicherten Zeit eintrete. Die Leistungspflicht des Versicherers erlösche gemäß § 1 Abs. 3 B-BUZ bei Wegfall der Berufsunfähigkeit, Tod des Versicherungsnehmers oder Ablauf des Versicherungsvertrages. Nach Ansicht des BGH benachteilige § 9 Abs. 8 B-BUZ den Versicherten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Daher könne es offenbleiben, ob die Regelung hinreichend transparent sei, so der BGH weiter.

Den in der BUZ eingetretenen Versicherungsfall bezeichne man als einen sogenannten gedehnten Versicherungsfall. Dieser werde durch die Fortdauer des mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes bestimmt. In § 1 Abs. 1 B-BUZ verpflichte sich der Versicherer, bis zum Ablauf der vertraglich bestimmten Leistungszeit so lange zu leisten, wie der den Versicherungsfall auslösende Zustand andauere. Die Beendigung des Versicherungsverhältnisses, zum Beispiel durch Kündigung der Hauptversicherung, beende die Leistungspflicht aus einem schon zuvor in der Zusatzversicherung eingetretenen Versicherungsfall grundsätzlich nicht, so der BGH.

Unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers

Der Senat führte weiter aus, dass die Beschränkung dieses Leistungsversprechens durch § 9 Abs. 8 B-BUZ auf festgestellte oder anerkannte Ansprüche den Versicherten unangemessen benachteilige. Grund für diese Annahme sei, dass die Beschränkung ohne Ausnahme eingreifen solle, unabhängig davon, wie lange vor der Beendigung der Versicherungsfall eingetreten sei.

Der BGH sehe auch keine Interessen des Versicherers, die eine solche Einschränkung des Leistungsversprechens rechtfertigen könnten. § 9 Abs. 8 B-BUZ entlaste den Versicherer zwar davon, sich nach Beendigung der Zusatzversicherung noch mit der Prüfung zurückliegender, nicht abschließend geklärter Versicherungsfälle zu befassen. Hiermit solle unter anderem eine zeitverzögerte Prüfung und die damit verbundenen Schwierigkeiten für eine zuverlässige Feststellung des angezeigten Versicherungsfalles vermieden werden.

§ 1 Abs. 2 B-BUZ bestimmt eine Ausschlussfrist

Allerdings wies der BGH darauf hin, dass sich der Versicherer bereits mit § 1 Abs. 2 B-BUZ ein Instrument verschafft habe, das den Versicherungsnehmer zur zeitgerechten Anzeige des Versicherungsfalles anhalte und auch Ansprüche vor der Anzeige ausschließe. Diese Regelung stehe dem Anspruch auf Leistungen aus der BUZ nicht entgegen. Die Klausel bestimme lediglich eine Ausschlussfrist.

Der Anspruch auf Versicherungsleistungen entstehe nach § 1 Abs. 2 B-BUZ mit dem Ablauf des Monats, in dem bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Ein Leistungsbeginn ab diesem Zeitpunkt verlange aber eine Mitteilung, die nicht später als drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit erfolgt. Nur in diesem Rahmen verspreche der Versicherer Leistungen auch für einen Zeitraum, der der Mitteilung vorausgeht. Eine Versäumung der Mitteilungsfrist habe demgemäß nicht den vollständigen Anspruchsverlust zur Folge, jedoch „entstehen“ Ansprüche auf Versicherungsleistungen erst mit dem Beginn des Monats der Mitteilung, so der BGH weiter.

Der Versicherte verliere mit der Fristversäumung mithin Ansprüche, die in der Zeit zwischen dem Ablauf des Monats, in dem Berufsunfähigkeit eingetreten ist, und dem Beginn des Mitteilungsmonats entstanden sind. Ansprüche für die Zukunft bleiben danach unberührt. Die Fristversäumung bewirke demnach einen teilweisen Leistungsausschluss, der sich auf die Zeit vor Beginn des Mitteilungsmonats beschränkt.

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