Philip Wenzel ist Versicherungsmakler und Biometrie-Experte. © Doris Köhler
  • Von Redaktion
  • 17.02.2023 um 15:41
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Auch mit 40plus kann man sich noch gegen Berufsunfähigkeit versichern. Aber hier tut der Makler gut daran, beim Kunden nachzufühlen, woher die plötzliche Einsicht für die Absicherung kommt. Das findet zumindest Versicherungsmakler und Biometrie-Experte Philip Wenzel.

Die Risikovoranfrage bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist einer der letzten Prozesse in unserer Gesellschaft, in dem Diskriminierung von Alter, Beruf und Krankheiten vollkommen ok ist. Das schreibe ich zu gut 76 Prozent im Spaß. Aber es ist manchmal schon ein wenig anstrengend.

Ich möchte mich mit dem Thema nochmal beschäftigen, weil ich gerade den Artikel von Matthias Helberg gelesen hab, in dem er beschreibt, dass er einem Mann mit Anfang 50 eine BU-Versicherung verkauft hat, und der dann gleich BU wurde.

Und da habe ich mir gleich gedacht, dass die BU-Versicherer den Artikel nicht gerade als Vertriebstipp wahrnehmen, sondern eher darüber nachdenken werden, die Annahmepolitik zu ändern. Denn grundsätzlich kann ich bei den meisten Versicherern bis 55 Jahre eine BU-Versicherung abschließen. Aber ab 45 Jahren sinken schon bei den meisten Versicherern die Untersuchungsgrenzen und ich muss ab 2.000 Euro eine ausführlichere Untersuchung inklusive Laborwerten einreichen.

Ich verstehe die Risikoprüfung da auch. Denn die Frage ist ja, wieso jemand dann, wenn es auf die Rente zugeht, plötzlich merkt, dass er seine Arbeitskraft absichern muss. In der Regel sind die Kinder auf dem Weg aus dem Haus – und das Haus auch schon fast abbezahlt.

Klar gibt es Ausnahmen. Aber für einen Versicherer zählt die große Zahl. Und da liegt der Verdacht eben nahe, dass der Interessent „spürt“, dass er berufsunfähig werden könnte. Gerade psychische Erkrankungen schleichen sich oft über mehrere Jahre an, bevor man sich eingesteht, dass man mal zu einem Therapeuten muss.

Damit im Leistungsfall kein Problem entsteht, ist eine anonyme Voranfrage wichtiger denn je. Eine anonyme Voranfrage ist immer das Wichtigste, aber bei einem 20-Jährigen läuft der Vertrag 47 Jahre und es besteht durchaus die Hoffnung, dass die BU erst nach den ersten zehn Jahren eintritt. Bei einer Laufzeit von noch 17 Jahren erkennt jedes Milchmädchen, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass der Versicherer im Leistungsfall noch anfechten darf.

Mein momentaner Lieblingsgrund für anonyme Voranfragen ist übrigens die Frage bei vielen BU-Versicherern nach abgelehnten oder mit Erschwernis angenommenen Anträgen. Denn damit verlängert der Versicherer den Abfragezeitraum. Mal angenommen, der Interessent hat vor drei Jahren einen Antrag gestellt, in dem er eine psychische Erkrankung von vor sieben Jahren angegeben hat und deswegen einen Ausschluss angeboten bekam. Dann muss ich das angeben, wenn ich Anträge mit Ausschlussklausel in den letzten fünf Jahren angeben muss. Auch wenn bei psychischen Erkrankungen nur nach den letzten fünf Jahren gefragt wird.

Mehr Anfragen von Ü-Vierzigern

Aber zurück zum Thema. Tatsächlich merke auch ich, dass immer mehr Anfragen aus dem Bereich Ü40 kommen. Damit das gut über die Bühne läuft, mache ich, wie immer, eine anonyme Voranfrage. Der Unterschied ist aber, dass ich vorab mit dem Interessenten sehr genau kläre, woraus jetzt die Einsicht sprießt, eine BU-Versicherung abzuschließen.

Denn wenn es da einen guten Grund gibt, dann kann ich damit den eventuellen Verdacht der Risikoprüfung schon mal vorwegnehmen, dass sich hier schon eine BU anbahnen würde. Und was mir an dieser Zielgruppe so gut gefällt, ist das grundsätzliche Verständnis für die hohen Prämien, weil sie – so ist zumindest meine Beobachtung –, den Wert der Absicherung besser verstanden haben.

BU günstiger als KFZ?

Erst letzte Woche hat mir ein 47-jähriger Kunde geschrieben, dass die BU-Versicherung selbst mit Zuschlag im Verhältnis günstiger sei als seine Kfz-Versicherung. Das kann selbstverständlich an der immens teuren Kfz-Versicherung liegen. Ich denke aber, dass mit dem Alter einfach ein anderes Risikobewusstsein vorherrscht als bei jungen Menschen. Beobachte ich ja bei mir selbst auch.

Unterm Strich spricht nix dagegen, sich erst spät gegen Berufsunfähigkeit abzusichern. Es gilt zwar immer noch „Je früher, desto besser!“, aber eben auch „Besser spät als nie“!

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