Arbeit in der Gärtnerei - egal ob Angestellte oder Inhaber, es stellt sich stets die Frage: Bleibt genug fürs Alter, vielleicht auch für die Hinterbliebenen? © Pexels.com
  • Von Oliver Lepold
  • 18.04.2023 um 09:07
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Steffen Liebig, bei Standard Life verantwortlich für den Bereich strategische Geschäftsbeziehungen, über Kundenängste vor der Verrentung und beim Vermögensübergang in der Ruhestandsplanung.

Pfefferminzia: Warum scheuen sich viele Ruheständler, ihr angespartes Vermögen zu verrenten?

Steffen Liebig: Es liegt in der Psychologie begründet, dass sich Menschen nicht trennen mögen von dem, was sie sich hart erarbeitet haben. Sie blicken gern auf das, was sie erreicht haben. Einerseits möchten sie Partner, Kindern oder Enkelkindern etwas hinterlassen. Andererseits erhofft der Mensch, durch das Geld unabhängig und flexibel reagieren zu können. Die Planung für die letzte Phase des Lebens endet mit dem Tod, mit dem sich viele ältere Menschen jenseits der 70 nicht beschäftigen möchten. In Beratungsgesprächen taucht häufig das Motiv auf, dass Vermögen schützt und unabhängig macht.

Müssten Entsparmodelle nicht anders konzipiert werden, um die psychologische Hürde für die Best Ager kleiner zu machen?

Ja, das wäre sinnvoll. Wir sollten der Angst, das eigene Vermögen „wegzugeben” und dafür dann kleine Scheibchen zu bekommen, anders begegnen. Statistiken zeigen, dass die meisten heutigen Rentner weiter sparen. Das Motiv, Vermögen zu bewahren und weiterzugeben, sitzt sehr tief.

Daher sind Modelle, die Kundinnen und Kunden die Flexibilität und die Kontrolle über ihr Vermögen belassen, auch deutlich gefragter als sofort beginnende Renten. Trotzdem wird ein Teil verrentet werden müssen, um die laufenden Ausgaben vollumfänglich abzudecken. Dazu benötigen Kunden Hilfestellung, um ihre Lebenssituation und die Ausgaben im Alter zu durchleuchten.

Neigen Ruhestandsplaner womöglich dazu, zu schnell auf Produkte abzuzielen?

Das passiert. Wenn der Kunde 100.000 Euro aus einer ablaufenden Lebensversicherung erhält, würden viele Berater gern möglichst den vollen Umfang in neue Produkte stecken. Das will der Kunde aber emotional gar nicht. Ruhestandsplanung ist Analyse und Planung für die letzte Phase des Lebens, kein Produktverkauf. Erst nach der ausführlichen Analyse werden die passenden Produkte vorgeschlagen. Und da haben flexible Produkte wie innovative Fondspolicen große Vorteile, sodass Berater das Thema Vermögensübertragung professionell aufbauen können.

Der Tod muss aber thematisiert werden können?

Wenn Kunden nicht dazu bereit sind, ist kaum sinnvolle Planung möglich. Eine gute Einstiegsfrage in die Thematik ist, was passieren würde, wenn der Kunde gestern verstorben wäre. Denn in diesem Planspiel wird deutlich, ob für die Angehörigen im Todesfall richtig vorgesorgt worden wäre. Berater sollten zudem die Phasen des Ruhestandes mit unterschiedlichem Kapitalbedarf verdeutlichen. Diese sind natürlich individuell.

Zunächst sind Senioren oft noch aktiv und reisen, in der zweiten Phase werden sie gebrechlicher und gehen häufiger zum Arzt; in der dritten Phase könnte Pflege anstehen oder sie sind einfach froh, gemütlich im Garten unter einem Baum zu sitzen. Sie können sich dann zwar noch eine Kreuzfahrt leisten, aber sie machen sie nicht mehr. Wir alle werden an Mobilität verlieren, das will sich aber niemand eingestehen. Dadurch wird sich unser Ausgabeverhalten deutlich verändern. Eine Rente kann darauf nicht reagieren, ein Auszahlplan schon. Risiken in schlechten Kapitalmarktphasen lassen sich dabei gut abfedern durch die Kombination mit einer Sofortrente. Eine solche Kombination ist immer vorteilhaft.

Wie wichtig ist der Hinterbliebenenschutz innerhalb der Ruhestandsplanung?

Die Frage muss geklärt werden, auch wenn es keine Nachkommen gibt. Ich habe noch keinen Kunden gesprochen, dem die Frage egal ist. In der Breite erben nicht die Kirche oder Tierheime, sondern Familienangehörige. Gerade, wenn entfernte Verwandte oder Freunde erben sollen, gibt es kaum Freibeträge. Hier ist eine frühe Planung mit Fondspolicen sinnvoll.

Wer zum Beispiel 100.000 Euro auf einen Neffen übertragen will, kann schon im Alter von 50 starten und 20 Prozent der Versicherungspolice auf den Neffen einsetzen. Nach zehn Jahren die nächsten 20.000 Euro, dann bleibt es steuerfrei. Und falls der Kunde dann stirbt, bleibt die Todesfallsumme der restlichen 60.000 Euro einkommensteuerfrei. Solche Konstellationen sind in der Ruhestandsplanung relevant. Nicht vergessen werden darf auch die Frage, ob die Bezugsberechtigten im Vertrag aktuell sind und dort nicht etwa noch der Ex-Partner aufgeführt ist.

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Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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