Blick auf die leere Autobahn Heilbronn - Stuttgart bei Weinsberg am 09. Dezember 1973, dem dritten Sonntag im Jahr 1973 mit Fahrverbot. © picture alliance /Michael Moesch
  • Von Sabine Groth
  • 22.11.2022 um 10:50
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Vieles erinnert heute an die 1970er Jahre, die unter Ölpreiskrisen, hoher Inflation und orientierungslosen Aktienmärkten litten. Ein Blick zurück zeigt, warum sich ein Aktieninvestment auch in Krisenzeiten auszahlen kann.

Energiekrise, hohe Inflation, drohende Stagflation und ein regionaler Konflikt, der die Weltwirtschaft belastet – da werden Erinnerungen an die 1970er Jahre wach. Was heute der Russland-Ukraine-Krieg ist, war damals der Nahostkonflikt. Heute geht es um Energiepreise allgemein, damals um den Ölpreis.

Im Herbst 1973 brach die erste Ölpreiskrise aus. Anlässlich des Jom-Kippur-Krieges, in dem sich arabische Staaten und Israel gegenüberstanden, drosselten die arabischen OPEC-Mitglieder ihre Fördermenge. Ein steigender Ölpreis sollte die westliche Welt, die auf Seiten Israels stand, unter Druck setzen. Der Preis schnellte tatsächlich nach oben und setzte auch der deutschen Wirtschaft heftig zu. Mit einem Energiesicherungsgesetz wollte die Bundesregierung entgegenwirken. Bekannt bis heute sind vor allem die autofreien Sonntage, an denen Fußgänger, Radfahrer und Rollschuhfahrer die Straßen und Autobahnen eroberten.

Inflation und Rezession

Nach einer leichten zwischenzeitlichen Entspannung spitzte sich die Lage wieder zu, 1979/80 kam die zweite Ölpreiskrise. Förderungsausfälle und die Verunsicherung durch den Sturz des Schahs und den Ausruf der Islamischen Republik im Iran ließen den Ölpreis weiter steigen.

Beide Krisen gingen mit hoher Inflation von zum Teil über 7 Prozent einher und ließen die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abrutschen. Die Arbeitslosigkeit stieg deutlich. Stagflation, also schwaches Wirtschaftswachstum und eine hohe Teuerung, prägten die 1970er Jahre.

Auf die Krise folgten fulminante 1980er Jahre

Aktienmärkte mögen ein solches Umfeld nicht. Die erste Ölpreiskrise schickte den Dax – beziehungsweise seinen Vorgänger, den Index der Börsen-Zeitung, der sich bereits seit dem Frühjahr 1973 nach unten bewegte, noch tiefer in den Keller. 1974 war der Tiefpunkt erreicht – fast 40 Prozent unter dem bisherigen Hoch. Der Einbruch wurde zwar im Folgejahr weitgehend aufgeholt, bis Ende 1982 ging es dann aber unter Schwankungen nur noch seitwärts voran. Die Konsequenz: Für treue Anleger waren deutsche Aktien von 1973 bis 1982 mehr oder weniger ein Null-Summen-Spiel.

Langer Atem zahlt sich aus

Für Anleger, die sich nach dem starken Absturz trauten zuzukaufen, waren die 1970er Jahren dennoch kein verlorenes Jahrzehnt. Denn schwankende Märkte bieten Mutigen mit glücklichen Händchen durchaus gute Chancen.

Was aber noch entscheidender ist: Für langfristige Anleger, und damit sind mehr als zehn Jahre gemeint, waren die 1970er schnell vergessen. Denn ab 1983 ging es an den Aktienmärkten steil nach oben. In den folgenden zehn Jahren hat sich der Index fast verdreifacht. Auch in (längeren) Krisenzeiten sollten Anleger also nicht in Panik verfallen und mit deutlichen Verlusten verkaufen, sondern die Schwächephase aussitzen und eher zu- als verkaufen.

Das gilt heute noch mehr als damals: Denn in den 1970ern hatten Anleger eine Alternative. Die langfristigen Zinsen lagen stets über der Inflation. Auch mit einfachen Zinsanlagen, die damals in der breiten Bevölkerung viel populärer als Aktien waren, waren reale Renditen zu erzielen. Das ist heute nicht der Fall. Die Zinsen sind zwar zuletzt wieder gestiegen, aber die Inflation noch viel, viel mehr. Der reale Zins ist tief im Minus.

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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