Stephan Schinnenburg. © Jochen Rolfes
  • Von Redaktion
  • 10.02.2015 um 17:11
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Stephan Schinnenburg ist seit knapp einem Jahr bei der Ergo Beratung und Vertrieb und leitet dort den Makler-, Banken- und Kooperationsvertrieb. Im Gespräch geht er auf die Verzahnung der Beratung mit dem Internet ein und erklärt die Umorganisation der Ergo-Vertriebe.

Ist die Senkung der Abschlussprovisionen unumgänglich?

Nun, wie sieht es in der Branche denn aus? Wir haben seit Jahren deutlich sinkende Zinsen. Wir haben auf der anderen Seite deutlich reduzierte Kosten bei den Versicherern. Die einzige Kostenposition, die sich nicht verändert, sondern eher steigt, sind die Abschlusskosten. Natürlich sind in den Abschlusskosten nicht nur Provisionen enthalten, aber Fakt ist: In diesem Zinsszenario können wir Kunden in der Lebensversicherung nur noch dann ein attraktives Produkt anbieten, wenn die Abschlusskosten sinken. Wir müssen an das Thema Neuverteilung ran und uns die Frage stellen, ob es richtig ist, dass der Vermittler die gleiche Provision bekommt, egal ob ein Vertrag bis zum Ende durchgehalten oder nach sieben Jahren storniert wird. Ich kann aber auch gleich einen Ausweg skizzieren.

Schießen Sie los.

Wir reden ja primär über Liquidität. Vermittler müssen den Beratungsansatz also dahingehend ändern, dass sie nicht nur zur Altersvorsorge beraten, sondern gleichzeitig auch andere Risiken des Kunden etwa im biometrischen Bereich ansprechen. Durch diese zusätzlichen Gespräche werden sie zusätzliche Abschlüsse generieren, mit denen es gelingt, die Liquidität am Anfang gleich hoch zu halten – und auf längere Sicht sogar höhere Erträge aus der Beratung einzufahren.

Wie wird sich der Versicherungsvertrieb in den kommenden Jahren Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Ich bin jetzt seit 35 Jahren in der Branche, und von damals zu heute haben wir riesige Schritte  gemacht. Ich glaube, zwei Dinge sind wichtig. Das eine ist, Prozesse deutlich zu verbessern. Hier spielt das Thema Digitalisierung eine wichtige Rolle. Die Regulierung der vergangenen Jahre hat viel Arbeit auf den Vertriebspartner verlagert. Das wird man nicht mehr zurückdrehen können. Jetzt geht es aber darum, ihn hierbei technisch zu unterstützen. Da geht es zum Beispiel um die Frage, wie ich einen Antrag generiere. Wir sind da heute noch oft auf dem Postweg unterwegs, arbeiten aber daran, den Prozess komplett zu digitalisieren.

Welches ist das zweite entscheidende Thema?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass eine Versicherung verkauft werden muss. Sie ist kein Produkt, das die Leute von sich aus kaufen möchten. Sie brauchen also einen Menschen ihres Vertrauens, der in der Lage ist, ihre Risiken zu erklären und Lösungen vorzustellen. Die allgemeine Informationsbeschaffung mag sich in Zukunft vielleicht deutlich stärker ins Internet verlagern. Sobald es aber an den Abschluss geht, hat der Berater wieder die Nase vorn. Die Herausforderung dabei ist nur, die Präsenz des Beraters zu erhöhen. Nehmen wir ein klassisches Beispiel: Ich komme abends um 19.30 Uhr nach Hause, mache meine Post auf und habe den Brief eines Versicherers drin, den ich nicht verstehe. Ich will also bei meinem Vermittler anrufen. Einen Großteil der Makler werde ich um die Zeit aber nicht mehr erreichen.

Und wie lässt sich dieses Problem nun lösen?

Es geht um die intelligente Verzahnung der Beratung mit dem Internet. Im Bankenvertrieb haben wir zum Beispiel gute Erfahrungen mit der Video-Beratung gemacht. Sie vereinbaren mit dem Kunden ganz normal einen Termin und beraten ihn dann von Bildschirm zu Bildschirm. Das haben wir in der Hausratversicherung und der privaten Krankenversicherung umgesetzt und das funktioniert gut. Ich sage jetzt nicht, dass das allein die Zukunft ist. Es kommt natürlich auch auf den jeweiligen Kunden an. Letztendlich ist es ein Puzzle aus vielen verschiedenen Bausteinen, die es sauber zu orchestrieren gilt. Das ist sicher eine Stärke, die ein großer Versicherer wie die Ergo hat. Wir bedienen alle  Vertriebswege und kennen jeweils ihre Spezifika. Wir können die Erfahrungen, die wir in einem Vertriebsweg machen, also auf andere übertragen. Und das wird uns zum Erfolg führen.

Stephan Schinnenburg …
…ist seit April 2014 bei der Ergo Beratung und Vertrieb AG für den Maklervertrieb zuständig. Im August 2014 übernahm er dort außerdem die Verantwortung für den Banken- und Kooperationsvertrieb.  Zuvor war Schinnenburg seit 2010 Geschäftsführer des Hofheimer Analysehauses Morgen & Morgen. Der 53-Jährige hat bereits einige Stationen bei Versicherern hinter sich. Vor seiner Tätigkeit bei  Morgen & Morgen war Schinnenburg Geschäftsführer für Deutschland bei Hartford Life. Davor machte der gelernte Versicherungskaufmann Station bei der Ideal, Lloyd’s of London, Colonia und Basler.

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