Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Hamburg. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Björn Thorben M. Jöhnke
  • 23.07.2018 um 10:51
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Gerade Selbstständige neigen dazu, weiterzuarbeiten, obwohl eigentlich gar nichts mehr geht. Sie betreiben damit „Raubbau an der eigenen Gesundheit“, der zu Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) berechtigen kann. Allerdings erkennen Versicherer in ihrer Leistungsfallprüfung oft nicht, wenn der Versicherte den Zeitpunkt des „Ausstiegs“ überschreitet. Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke schildert einen aktuellen Fall.

Hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin „voraussichtlich dauernd“ zur weiteren Ausübung ihres Berufs außerstande sei, erfordert eine im Wege rückschauender Betrachtung anzustellende medizinische Prognose. Voraussetzung ist, dass ein Zustand erreicht ist, dessen Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der halben Arbeitskraft nicht mehr zu erwarten ist. Dass „voraussichtlich dauernd“, seien das auch nur drei Jahre, eine Besserung nicht zu erwarten war, hatte die Klägerin – anders als bezogen auf einen sechsmonatigen Prognosezeitraum – jedoch nicht bewiesen.

Zwar hatte der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass aufgrund der unzureichenden Wirkung des Medikaments Fluoxetin im März 2008 ein Fortbestand des Zustands der Klägerin für weitere sechs Monate zu erwarten war. Dass bereits zu diesem Zeitpunkt jedoch von einer dauernd schlechten Prognose auszugehen gewesen wäre, vermochte er hingegen nicht festzustellen.

Hinweis für die Praxis:

Das Urteil des OLG Hamm überzeugt im Ergebnis. Vielmehr: Es zeigt, dass sich das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme umfassend mit der gesundheitlichen sowie beruflichen Situation der Klägerin auseinandergesetzt hat. Dieses darf man zwar auch erwarten. Jedoch zeigen viele andere Fälle, dass dies nicht immer geschieht. Auch kommt es dabei auf die spezielle Expertise des gerichtlich bestellten medizinischen Gutachters an.

Auch an dieser Stelle können viele Probleme im Verfahren entstehen, wenn Gutachter zum einen wegen der geltend gemachten Zeiträume keine Aussagen tätigen können. Zum anderen jedoch auch, wenn die Tätigkeiten des Anspruchstellers vorher nicht genau vorgetragen wurden. Dieses erfordert viel Fingerspitzengefühl und Rechtskenntnisse im Versicherungsrecht, spezieller noch: „Berufsunfähigkeitsversicherungsrecht“.

Unzumutbares Weiterarbeiten

Stehen Tätigkeiten und die Gesundheit fest, so kann man zu dem Ergebnis kommen, dass der Versicherte zwar weitergearbeitet hat, jedoch eigentlich gar nicht hätten arbeiten können. Damit wäre ein Weiterarbeiten unzumutbar und löst Ansprüche gegen BU-Versicherungen aus. Dieses gilt es zu erkennen. Gerade Selbstständige erliegen dabei dem Phänomen, immer weiterzuarbeiten und den Zeitpunkt des „Ausstiegs“ zu überschreiten. Dieses ist zum einen gesundheitlich sehr gefährlich, zum anderen erkennen Versicherungen dieses im Rahmen ihrer Leistungsfallprüfung oft nicht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist anwaltliche Unterstützung zwingend geboten.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zu dem Bereich „Berufsunfähigkeit“ auf den Vermittler-Seminaren am 24. September 2018 in Hamburg, am 25. September 2018 in Dortmund, am 26. September 2018 in Bad Soden und am 27. September 2018 in Leipzig referieren. Informationen zur Agenda finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Thema Berufsunfähigkeit finden Sie hier.

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Björn Thorben M.

Björn Thorben M. Jöhnke

Björn Thorben M. Jöhnke ist Gründer und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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