Der Hamburger Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 26.04.2021 um 16:42
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Führt eine rückwirkend bewilligte Berufsunfähigkeitsrente zur Beendigung einer Krankentagegeldversicherung? Und muss der Versicherte die Leistungen dann zurückzahlen? Über ein aktuelles Urteil zu diesen Fragen, berichtet der Hamburger Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke.

Was war geschehen?

Ein Kunde unterhält bei dem klagenden Versicherer eine private Krankentagegeldversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) in Verbindung mit den Musterbedingungen (MB/KT 2009) sowie die allgemeinen und besonderen Tarifbedingungen zugrunde. In den AVB ist das Folgende geregelt:

§ 11 Anzeigepflicht bei Wegfall der Versicherungsfähigkeit

Der Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit oder der Eintritt der Berufsunfähigkeit (vgl. § 15 Buchstabe b) einer versicherten Person ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Erlangt der Versicherer von dem Eintritt dieses Ereignisses erst später Kenntnis, so sind beide Teile verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen einander zurück zu gewähren.

§ 15 Sonstige Beendigungsgründe

Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen

mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.

Nr. 30 Berufsunfähigkeit

(2) Ein Fall der Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 b MB/KT 2009 liegt auch vor, wenn die versicherte Person eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht.

Der Versicherer erbrachte dem Versicherten im Zeitraum von Januar 2018 bis Januar 2019 aufgrund dessen 100-prozentiger Arbeitsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung. Der Versicherungsnehmer wurde im November 2018 auf Veranlassung des Versicherers von einem Arzt für Neurologie und Psychiatrie untersucht. Im Januar 2019 wurde von einem anderen Versicherungsunternehmen, bei dem der Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeitsversicherung unterhält, nach Prüfung aller Voraussetzungen eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Versicherten festgestellt.

Daraufhin hat der Versicherungsnehmer für den Zeitraum Januar 2018 bis Januar 2019 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten. Sodann forderte der Krankentagegeldversicherer zur Rückzahlung der Leistungen aus dieser Versicherung, da die Versicherung wegen der rückwirkend bewilligten Berufsunfähigkeitsrente geendet habe. Diesen Anspruch macht der Versicherer nunmehr vor dem Landgericht (LG) Offenburg geltend.

Die Entscheidung des LG Offenburg

Das LG Offenburg hat der Klage des Versicherers überwiegend stattgegeben (Urteil vom 05. August 2020 – Aktenzeichen 2 O 4/20). Der Versicherer habe gegen den Kunden gemäß den Musterbedingungen i. V. m. den Tarifbedingungen einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum von Januar 2018 bis Januar 2019 erbrachten Krankentagegeldleistungen.

Beendigung der Krankentagegeldversicherung

Nach den zugrundeliegenden AVB seien für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangene Leistung zurück zu gewähren. Das Versicherungsverhältnis habe nach Auffassung des Gerichts vorliegend geendet. Die Musterbedingungen sehen nämlich vor, dass das Versicherungsverhältnis mit Eintritt der Berufsunfähigkeit endet. Weiter sehen die Tarifbedingungen vor, dass ein Fall der Berufsunfähigkeit auch dann vorliegt, wenn die versicherte Person eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht.

Dies sei hier der Fall. Der Versicherungsnehmer habe von einem anderen Versicherungsunternehmen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung in Form der Rente erhalten. Ob der Beklagte tatsächlich berufsunfähig war beziehungsweise ist, sei nach Wortlaut, Systematik und Sinnzusammenhang von Nr. 30 Abs. 2 der Tarifbestimmungen dagegen irrelevant, so das LG Offenburg.

kommentare
Frank Dietrich
Vor 3 Jahren

Die Bandbreite geht, ausgehend von der Meldepflicht in den MB KT, von einer Rückzahlung bis auf drei Monatsbeiträge, den Verzicht auf Rückzahlung, wenn der eigene Gutachter nicht Berufsunfähigkeit attestiert hat bis zum Verzicht auf die Rückzahlung. Vielleicht nicht uninteressant bei der Auswahl des Tagegeldes zum Versicherungsschutz

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Frank Dietrich
Vor 3 Jahren

Die Bandbreite geht, ausgehend von der Meldepflicht in den MB KT, von einer Rückzahlung bis auf drei Monatsbeiträge, den Verzicht auf Rückzahlung, wenn der eigene Gutachter nicht Berufsunfähigkeit attestiert hat bis zum Verzicht auf die Rückzahlung. Vielleicht nicht uninteressant bei der Auswahl des Tagegeldes zum Versicherungsschutz

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