Das Amazon-Logistikzentrum in Pforzheim: Der weltgrößte Versandhändler versucht sich auch in der Versicherungsbranche. © dpa/picture alliance
  • Von Fabrice Gerdes
  • 05.01.2018 um 17:00
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Amazon will ein Versicherungsteam am Standort London aufbauen, berichteten deutsche Fachmedien im November 2017. Die Besorgnis im hiesigen Versicherungsmarkt hielt sich allerdings in Grenzen – zu Unrecht, wie Versicherungsexperte Fabrice Gerdes findet. Denn Amazon tickt anders als Google. Welche Folgen, aber auch Potenziale, der Markteintritt des weltgrößten Versandhändlers für die Branche in Deutschland haben könnte, erklärt er in seinem Gastbeitrag.

Im Oktober 2016 ist Amazon mit seinem intelligenten Lautsprecher Echo gestartet, neun Monate später haben bereits 5 Prozent der Befragten einer repräsentativen PWC-Umfrage angegeben Echo mit der digitalen Assistentin Alexa zu nutzen, weitere 13 Prozent planten dies.

Was bedeutet dies konkret?

Bereits heute können mehrere Millionen Kunden in Deutschland mit dem einfachen Sprachbefehl „Alexa“ auf die digitale Amazon-Assistentin zugreifen, Einkäufe bei Amazon durchführen und mittlerweile sogar Versicherungen abschließen.

Die Deutsche Familienversicherung war der erste deutsche Versicherer, der hierfür einen Skill (vergleichbar mit einer App) veröffentlicht hat. Wenn Lemonade als junger US-Amerikanischer Versicherer seit über einem Jahr eine digitale Schadenregulierung anbietet, was spricht dagegen, dass Amazon bei einem Einstieg in den Versicherungsmarkt hierfür direkt Alexa für die Beratung im Neugeschäft und Schadenbearbeitung einbindet? Da Amazon ja bereits alle relevanten Daten vorliegen reicht dann einfach der Sprachbefehl „Alexa, ich habe einen Schaden“ und schon wird man von der freundlichen Stimme in wenigen Schritten durch den Regulierungsprozess geführt.

Die Neugründungen von (digitalen) Versicherungsgesellschaften im letzten Jahr hat gezeigt, dass es mit Investitionen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich relativ leicht möglich ist einen Risikoträger zu gründen.

Voraussetzung hierfür ist, dass man sich die notwendigen Kompetenzen in Form von Mitarbeitern oder externen Beratern vom Markt einkauft. Für einen Konzern wie Amazon, mit nahezu unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten, der im Jahr 2016 einen Gewinn von über 2 Milliarden Euro erzielt hat, stellen die notwendigen Investitionen für die Gründung eines Versicherers überhaupt keine Hürde dar.

Egal ob als Tippgeber, Vermittler, Assekuradeur oder sogar als Versicherer, Amazon wird seine dominante Marktpositionierung nutzen und in den Versicherungsmarkt eintreten. Auch wenn bei einem solchen Einstieg sich im ersten Schritt eher digital affine Kunden angesprochen fühlen, werden nicht nur Direktversicherer und Vergleichsportale betroffen sein, denn den Markteinstieg eines solchen Schwergewichts würde jeder in der Branche spüren.

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Fabrice Gerdes

Fabrice Gerdes ist Manager der zeb.rolfes.schierenbeck.associates GmbH.

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