Jens Reichow ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Redaktion
  • 25.03.2020 um 09:11
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In manchen Medienberichten ist aktuell zu lesen, dass es zu einer Haftungswelle gegen Makler kommen könnte, weil sie ihren Kunden keinen Versicherungsschutz für das Risiko von Betriebsschließungen verkauft haben. Ist das wirklich zu erwarten? Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow nimmt sich diese Frage in seinem Gastbeitrag vor.

Das Corona-Virus führt deutschlandweit zu Betriebsschließungen. Vielen Unternehmen drohen dadurch erhebliche finanzielle Schäden. Durch Abschluss einer Versicherung hätten viele Unternehmen dieses finanzielle Risiko absichern können. Gleichwohl stehen aktuell einige Unternehmen ohne eine solche Absicherung da, während sich das Corona-Virus weiter ausbreitet. Fraglich ist daher, ob diese Unternehmen den Versicherungsmakler für diese Lücke im Versicherungsschutz haftbar machen können.

Spartenmaklervertrag contra umfassendes Maklermandat

Um zu einer Haftung des Versicherungsmaklers zu gelangen, ist zunächst der Umfang des Maklermandates zu prüfen. Der Gesetzgeber spricht in Paragraf 61 VVG insoweit vom „Anlass“ der Beratung.

Der Umfang des Maklermandates wird für gewöhnlich im Maklervertrag geregelt. Wir befürworten seit längerer Zeit den Abschluss eines spartenbezogenen Maklervertrags. In einem solchen können der Versicherungsmakler und der Versicherungsnehmer genau festlegen, in welchen Versicherungssparten sich der Versicherungsmakler um die Besorgung von geeignetem Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer bemühen soll.

War seitens des Versicherungsnehmers keine Beauftragung des Versicherungsmaklers in der Versicherungssparte „Betriebsunterbrechung“ oder „Betriebsschließung“ gewünscht, so haftet der Versicherungsmakler auch nicht für eine sich in diesem Bereich ergebende Lücke des Versicherungsschutzes.

Beratungsanlass

Fehlt es an einem spartenbezogenen Maklervertrag, so ist zu prüfen, ob der Versicherungsmakler nach Paragraf 61 VVG einen Beratungsanlass hatte. Hierbei ist anzumerken, dass in der Rechtsprechung bereits Fälle entschieden wurden, wonach der Versicherungsmakler zu einer eigeninitiativen Bedarfsermittlung verpflichtet ist (siehe auch OLG Schleswig: Pflicht zur eigeninitiativen Bedarfsermittlung).

Hierbei ist oft ein weiterer Beratungsanlass vertretbar. Soweit die betrieblichen Versicherungen thematisiert wurden, wäre daher sicherlich auch über eine Betriebsunterbrechung oder Betriebsschließung zu reden gewesen, selbst wenn zum Zeitpunkt der Beratung die Bedrohung durch das Corona-Virus noch weit weg waren.

Beweispflicht ist entscheidend

Unsere Erfahrungen als Kanzlei ist, dass Versicherungsmakler, die sich bewusst gegen einen spartenbezogenen Maklervertrag entscheiden, das oft gerade deswegen tun, weil Sie eben das Maklermandat für eine Vielzahl von Sparten öffnen wollen und dann eben auch eine umfassende Beratung anbieten. Die Themen Betriebsunterbrechung und Betriebsschließung werden daher regelmäßig aktiv angesprochen. Leider zeigen die Erfahrungen unserer Kanzlei aber auch, dass sich Kunden hieran im Schadensfall nur selten dran erinnern können.

Das führt dazu, dass im Haftungsfall die Frage der Beweislast von entscheidender Bedeutung ist. Gut ist es daher für Versicherungsmakler, wenn sie eine Beratungsdokumentation vorweisen können, aus welcher sich ergibt, dass sie die Themen Betriebsunterbrechung und Betriebsschließung aktiv beim Versicherungsnehmer angesprochen haben oder aber aus denen sich ergibt, dass der Versicherungsnehmer eben nur ganz gezielt nach konkreten Absicherungen gefragt hat. Neben der Beratungsdokumentation kommt damit natürlich auch die mit dem Versicherungsnehmer geführte Korrespondenz als Beweismittel in Betracht.

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