Händler in der New Yorker Aktienbörse: US-amerikanische Aktien dominieren seit Jahren den MSCI World © picture alliance / EPA | JUSTIN LANE
  • Von Andreas Harms
  • 21.12.2023 um 15:53
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Jahrelang verklären Verbraucherschützer und Medien ETFs auf den Aktienindex MSCI World zur Standard- und Einstiegsanlage schlechthin. Dann schwächelt der Index im Frühling 2023 und offenbart seine alten Schwächen. Sofort beginnt das großen Deuten, doch eigentlich ist klar: Ein wirklicher Weltindex ist der MSCI World schon seit Jahren nicht mehr.

Man könnte es mit etwas bösem Willen das böse Erwachen nennen. Da hatte der Aktienindex MSCI World jahrelang das Geschehen an den Märkten angeführt. Fast durchweg mischte er mit Top-Renditen ganz vorn mit. Und seine Index-Schwergewichte Apple, Microsoft, Alphabet (also Google) und Meta (also Facebook) und neuerdings auch der Grafikkartenhersteller Nvidia schienen vor Kraft nur so zu strotzen. Sie waren ganz offensichtlich unhackbar.

Bis zu jenem Frühling im Jahr 2023, als diesem Superindex sogar der eher provinziell anmutende Dax aus Deutschland einfach davonlief. So zeigt die folgende Grafik die zurückliegenden zwölf Monate der Indizes MSCI World, MSCI Europe und MSCI Germany, der sich sehr ähnlich wie der Dax verhält.

Aktienindizes MSCI World, MSCI Germany und MSCI Europe über zwölf Monate in Euro inklusive Nettodividenden
Aktienindizes MSCI World, MSCI Germany und MSCI Europe über zwölf Monate in Euro inklusive Nettodividenden

Es ist gut zu erkennen, wie schwach der Welt-Index zunächst abschnitt, wie stark er dann aber wieder aufholte. Es erinnert ein bisschen an den FC Bayern, der zwischendurch auch mal schwächelt, am Ende aber eben doch wieder Deutscher Meister wird. Also lag auch der MSCI World wieder vorn.

Also alles wie immer? Nicht ganz. Denn der MSCI World genießt vor allem unter deutschen Anlegern einen ganz besonderen Ruf. Indexfonds (ETFs), die ihn nachbilden, sind in Fondspolicen überdurchschnittlich stark repräsentiert. Dazu trägt nicht zuletzt der Stiftung-Warentest-Ableger „Finanztest“ bei, der den Index vor Jahren schon kurzerhand zur Standardanlage erklärt hatte. Denn er ist einer von zwei Teilen für das Pantoffel-Portfolio, was so einfach und bequem wie ein Pantoffel sein soll. Ideal für Einsteiger: reinschlüpfen und wohlfühlen. Und schließlich ist der Index ja immer besser als die anderen, oder?

Die Nachteile des MSCI World sind seit Jahren bekannt

Es ist schwer zu sagen, was mehr verstört: Die Naivität, mit der sich Anleger von den in der Tat starken Ergebnissen blenden lassen. Oder das Erstaunen darüber, dass sich das auch mal ändern kann. So fühlte sich beispielsweise das Magazin „Börse-Online“ plötzlich genötigt, den Index als Mogelpackung zu beschimpfen. Und das „Handelsblatt“ fragte in den Blätterwald: „Lohnt sich ein Welt-ETF noch?“ Kurze Antwort: Ein Welt-ETF würde sich lohnen, wenn es ihn denn gäbe.

Die Nachteile des MSCI World sind seit Jahren bekannt: Ganz anders als sein Name behauptet, bildet er nämlich nicht die Börsenwelt ab, sondern lediglich 23 Industrienationen. Schwellenländer wie China, Brasilien, Mexiko, Indien und Südafrika fehlen zum Beispiel. Stattdessen ist der Anteil US-amerikanischer Werte auf mittlerweile 70,1 Prozent gewachsen (Stand: 30. November 2023). Die zehn größten Titel im Index stammen durchweg aus den USA und machen 21 Prozent des Index aus. Den Rest dürfen sich die übrigen 1.499 Titel teilen. Und von den Branchen deckt die Informationstechnologie (IT) 23 Prozent ab. Gut gestreut geht definitiv anders.

Seite 2: US-Gewicht im MSCI World früher viel niedriger

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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