Stephan Busch und Tom Wonneberger (v.l.) sind Versicherungsmakler bei der Progress Finanzplaner in Dresden. © Progress Finanzplaner
  • Von Stephan Busch und Tom Wonneberger
  • 11.05.2023 um 17:14
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 07:20 Min

In einer dreiteiligen Serie widmen sich die Versicherungsmakler Tom Wonneberger und Stephan Busch von Progress Finanzplaner dem Megatrend Nachhaltigkeit. In diesem letzten Teil geht es um die praktische Umsetzung von Nachhaltigkeit für Maklerunternehmen.

Wie ermittle ich meinen Status quo?

Die Stakeholder-Analyse sollte der Ausgangspunkt ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen sein. Eine Möglichkeit, relevante Stakeholder zu identifizieren, ist die Stakeholder-Map. Sie unterscheidet die Stakeholder nach direkten und indirekten Stakeholdern sowie dem Umfeld. Für ein Maklerunternehmen könnte das beispielsweise so aussehen:

Grafik vergrößern

Quelle: Progress Finanzplaner

Es geht zunächst nur darum, herauszufinden, wer alles ein Interesse/Ansprüche am Unternehmen hat beziehungsweise, an wem das Unternehmen Interesse hat. Im zweiten Schritt bringen Sie in Erfahrung, was Vertreter dieser Anspruchsgruppen zum Thema Nachhaltigkeit erwarten oder wünschen und wie sie ihr Unternehmen dahingehend einschätzen. Das können Sie über persönliche Gespräche, Telefonate, Veranstaltungen oder eine Umfrage machen. Außerdem können Sie die Studien und die Fachpresse dahingehend untersuchen. Stellen Sie die Ergebnisse mit ihrer Selbsteinschätzung gegenüber. Sammeln Sie gegebenenfalls gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden alle Bemühungen und Maßnahmen, die Sie bereits betreiben.

Die Wesentlichkeitsanalyse dient dazu, relevante Punkte für die Veränderung herauszufinden. Es ist schön, wenn Sie Bäume pflanzen oder eine Tierpatenschaft übernehmen. Es ist jedoch nicht wesentlich. Dafür nutzen Sie einerseits die Erkenntnisse aus ihrer Stakeholder-Analyse und andererseits aus ihrer Selbsteinschätzung.

Fragen Sie sich hierfür:
  1. Welche Aktivitäten des Vermittlerbetriebes sind mit ökologischen und sozialen Problemen des Umfelds verknüpft? („Inside-out-Perspektive“)
  2. Welche ökologischen und gesellschaftlichen Einflüsse wirken von außerhalb des Vermittlerbetriebes auf das Geschäftsmodell ein? („Outside-in-Perspektive“)

Sie können die Matrix auch gemeinsam mit Mitarbeitenden und/oder externen Stakeholdern ausfüllen. Sie brauchen jedoch eine grundlegende Kenntnis über die Nachhaltigkeitsthemen. Hier kann externe Unterstützung sinnvoll sein.

Den Hand- und/oder Fußabdruck des Betriebs zu ermitteln ist nicht ganz einfach. Zunächst ist wichtig zu wissen, dass es drei Geltungsbereiche gibt:

Grafik vergrößern

Quelle: Progress Finanzplaner

Scope 1 spielt für Maklerunternehmen als Dienstleistungsunternehmen in der Regel eine untergeordnete Rolle. Scope 2 trifft zu, da Sie ein Büro oder Homeoffice haben. Wesentlich sind die Emissionen hier jedoch ebenfalls nicht. In Erfahrung bringen können sie diese über ihren Versorger. Die größten Emissionen dürften in Scope 3 anfallen. Diese lassen sich Stand jetzt jedoch nicht oder nur unzureichend ermitteln. Für einige Emissionen gibt es mittlerweile Online-Rechner. Ansonsten sind die IHKen ein Ansprechpartner.

Aus unserer Sicht ergibt eine externe Beratung bei der Analyse des Status quo durchaus Sinn. Ersten können Sie sich darüber die nötige Expertise einkaufen und sparen so Zeit und Sie erhalten oftmals einen objektiveren Blick, als wenn Sie die Analyse selbst vornehmen.

Wie entwickle ich eine Strategie?

Die Nachhaltigkeitsstrategie sollte sich in Ihre Gesamtstrategie einfügen. Als Gesamtstrategie begreifen wir das Geschäftsmodell. Vorab sollte also Ihr Geschäftsmodell klar sein. Sofern das noch nicht der Fall ist, hier die Kurzübersicht, welche Themen zum Geschäftsmodell gehören:

Quelle: Progress Finanzplaner

Alternativ oder ergänzend können Sie ihr Geschäftsmodell auch mit dem Business Model Canvas beschreiben.

Ausgehend von ihrem aktuellen Geschäftsmodell beschreiben Sie nun

  • welche Bedeutung Nachhaltigkeit für das eigene Geschäftsmodell hat,
  • ob bereits eine Nachhaltigkeits-Strategie verfolgt wird,
  • ob und welche Standards dabei angewendet werden,
  • wie darüber berichtet wird oder werden soll.

Die Strategie erklärt das „Wie“, davon lassen sich Maßnahmen für das „Was“ ableiten. Berücksichtigen Sie dabei die Wesentlichkeit (siehe oben).

Erklären Sie weiterhin

  • welche Bestandteile der eigenen Wertschöpfung auf Nachhaltigkeits-Aspekte ausgerichtet werden,
  • ob geprüft wird, dass Geschäftspartner Nachhaltigkeits-Aspekte berücksichtigen,
  • ob geprüft wird, dass die vermittelten Produkte Nachhaltigkeits-Aspekte berücksichtigen,
  • ob und wie diese Prüfung Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Beratung und Vermittlung hat.

Ein zentraler Punkt, vor allem wenn Sie Versicherungsanlageprodukte (VAP) vermitteln, ist die Umstellung der Produktpalette. Prüfen Sie zunächst, welche Produkte Sie im Portfolio (Versicherungen, Anlagen, Immobilie usw.) haben und welche Kundengruppen welche Produkte am meisten nachfragen. Prüfen Sie als nächstes, welche Produkte wesentlich sind (siehe erster Beitrag). Anschließend untersuchen Sie den Markt, zu welchen Produkten es nachhaltige Alternativen gibt und welche Standards sie anlegen möchten.

Mit diesen Produkten starten Sie. Die zweite Gruppe nehmen Sie in die mittelfristige Planung. Wo es keine (sinnvollen) nachhaltigen Alternativen gibt, sollten Sie zumindest ihre Kunden aufklären.

Den Wandel durchzuführen, ohne die Organisation mitzunehmen, wird nicht gelingen. Es ist also entscheidend, Ihre internen Stakeholder wie Mitarbeitende und/oder Gesellschafter frühzeitig ins Boot zu holen. Das gelingt einerseits, indem Sie sie in die Transformation einbeziehen, wie oben bei der Status-quo-Analyse gezeigt und indem Sie das Unternehmen insgesamt transformieren. Das gelingt mit der richtigen Firmenkultur und -politik. Diese sollte (wie oben geschrieben) Gegenstand der Geschäftsmodellbeschreibung sein. Das können Leitplanken und Regeln sein, zum Beispiel dass regionale Anbieter/Lieferant überregionalen vorzuziehen sind, auch wenn sie teurer sind. Das kann auch eine einfache Heuristik wie „Bestands- vor Neukunden“ sein. Wichtig ist: Das muss gelebt und nicht nur geschrieben sein. Eine klare Unternehmensvision, -mission und -ethik komplettiert das Ganze und sorgt für Identifikation der Mitarbeitenden.

autorAutor
Stephan Busch

Stephan Busch und Tom Wonneberger

Stephan Busch und Tom Wonneberger sind Versicherungsmakler und Inhaber der Progress Finanzplaner aus Dresden.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort