Stephan Busch und Tom Wonneberger (v.l.) sind Versicherungsmakler bei der Progress Finanzplaner in Dresden. © Progress Finanzplaner
  • Von Stephan Busch und Tom Wonneberger
  • 28.04.2023 um 15:55
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In einer dreiteiligen Serie widmen sich die Versicherungsmakler Tom Wonneberger und Stephan Busch von Progress Finanzplaner dem Megatrend Nachhaltigkeit. Im ersten Teil ging es zunächst um die theoretischen Grundlagen zur Nachhaltigkeit bei Finanzen. Der zweite Teil dreht sich nun um die strategische Einbindung des Themas für das eigene Geschäftsmodell als Maklerunternehmen.

Welche strategischen Optionen habe ich?

Grundsätzlich haben Sie drei Optionen für ihre Nachhaltigkeitsstrategie (in Anlehnung an BVK):

Mit der defensiven Nachhaltigkeitsstrategie unterstützen Sie die Nachhaltigkeitsziele der Versicherungswirtschaft und erfüllen die gesetzlichen Pflichten hierzu. Das heißt, Sie formulieren strategische Ziele (bezogen auf Nachhaltigkeit). Das kann zum Beispiel sein, dass Sie nachhaltige Versicherungen in ihr Angebot integrieren möchten. Hierfür absolvieren Sie die notwendigen Weiterbildungen. Sie definieren ihr Produktspektrum im Bereich der ungeförderten Versicherungsanlageprodukte (VAP) anhand von Mindeststandards. Nachhaltige VAP bieten Sie auf Nachfrage an. Sie klären ihre Kundinnen und Kunden anhand von Produktgebern bereitgestellter Informationen über Nachhaltigkeit auf und führen die erweiterte Geeignetheitsprüfung für VAP durch. Für Bestandskunden berücksichtigen Sie Nachhaltigkeit ebenfalls nur auf Nachfrage. Insgesamt agieren Sie also hauptsächlich reaktiv.

Mit der impact-orientierten Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln Sie eigene Nachhaltigkeitsziele und setzen sie in geeigneter Weise um. Das bedeutet, Sie formulieren konkrete eigene Nachhaltigkeitsziele. Das könnten zum Beispiel sein: Anteil nachhaltiger Versicherungen im Neugeschäft oder Erhöhung des Frauenanteils im Betrieb auf X Prozent. Sie absolvieren umfassende und regelmäßige Weiterbildungen zu nachhaltigen Versicherungsprodukten. Sie ergreifen Nachhaltigkeitsmaßnahmen im eigenen Betrieb wie etwa Messung und Senkung des CO²-Fußabdrucks, Mülltrennung. Sie ergreifen Maßnahmen in Bezug auf Ihre Dienstfahrzeuge (zum Beispiel Umstellung oder Abschaffung) und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zum Beispiel equal pay, Beteiligungsmöglichkeiten). 

Sie definieren ihr Produktspektrum und nutzen so weit wie möglich überall nachhaltige Versicherungsprodukte. Ihr nachhaltiges Produktangebot ist obligatorisch. Sie befragen und informieren ihre Kundinnen und Kunden mittels eigener gestalteter Unterlagen und für bzw. über alle Versicherungs-/Finanzprodukte und nicht nur die VAPs. Auch ihre Bestandskunden prüfen und befragen Sie regelmäßig zum beziehungsweise über das Thema Nachhaltigkeit. Insgesamt agieren Sie also proaktiv.

Wie kann ich Nachhaltigkeit in mein Geschäftsmodell implementieren?

So wie Sie jedes andere strategische Thema (hoffentlich) selbst beziehungsweise gegebenenfalls mit externer Unterstützung bearbeiten und nicht delegieren, so sollte auch Nachhaltigkeit ihre Aufgabe als Geschäftsführer/in oder Inhaber/in sein. Das heißt, Nachhaltigkeit darf sich nicht in werbewirksamen Einzelmaßnahmen („Wir pflanzen jetzt einen Baum für jeden Neukunden!“) erschöpfen, sondern muss ganzheitlich und strategisch begriffen werden. Damit Sie also nicht nur nachhaltige Rentenversicherungen verkaufen oder Hafermilch im Büro anbieten, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

 

Schauen wir uns die Schritte im Detail an:

Ausgangspunkt ist Ihr Status quo. Es spielt überhaupt keine Rolle, wo genau Sie stehen. Entscheidend ist ihr Commitment, loslegen zu wollen. Nutzen Sie eine Stakeholder-Analyse (Stakeholder = Anspruchsgruppen). Stakeholder können sein: Mitarbeiter, Kunden, Produktpartner und so weiter. Sie hilft Ihnen, einen Überblick zu bekommen, mit wem Sie interagieren und wer ein Interesse an Ihnen hat. Diese Anspruchsgruppen befragen Sie im nächsten Schritt zur Nachhaltigkeit. So erhalten Sie einen ersten externen und internen Blick auf ihr Unternehmen. Ermitteln Sie ihren CO²-Fußabdruck soweit möglich. Erstellen Sie eine Wesentlichkeitsanalyse. Sie zeigt, wo in ihrem Geschäftsmodell Nachhaltigkeit wesentlich wirkt. Sammeln Sie, gern gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen, alle Maßnahmen und Bemühungen, die Sie jetzt schon durchführen. Erfahrungsgemäß sind das schon viele. Wenn Sie mit den Methoden und Werkzeugen hadern, holen Sie sich externe Beratung ins Haus!

Ausgehend von ihrer grundsätzlichen Nachhaltigkeitsstrategie (defensiv oder impact-orientiert) und ihrem Status quo entwickeln Sie ihre Gesamtstrategie. In dieser formulieren Sie, wie Sie ganz grundsätzlich mit Nachhaltigkeits-Aspekten in Ihrem Betrieb umgehen wollen und welche Ziele Sie aus dieser Haltung ableiten. Sie wissen nun, wo Sie stehen und wo Sie hin wollen. Nun geht es um das „Wie“, also den Weg zu ihren Zielen.

Nachdem Sie ihre Ziele aufgestellt haben, übertragen Sie sie in einen Maßnahmenfahrplan. Dieser dient für die Kommunikation nach innen und außen. Machen Sie ihn sichtbar in ihrem Betrieb. Das erhöht einerseits den Druck, auch wirklich aktiv zu werden und andererseits das Commitment ihrer Mitarbeiter:innen.

Ein zentrales Element in der Nachhaltigkeitsstrategie nimmt die Berichterstattung ein. Auch sie wirkt nach innen und außen. Damit erhöhen Sie die Verbundenheit aller Anspruchsgruppen mit ihrem Unternehmen. Eine gute Möglichkeit ist die Vorlage des BVK. Selbstverständlich können Sie auch andere Standards verwenden (wie etwa nach DNK). Diese sind aber oftmals sehr ausführlich und dürften die meisten Kleinbetriebe überfordern. Veröffentlichen Sie ihren Bericht auf ihrer Homepage, in ihrem Blog und/oder auf Social Media. Passen Sie ihren Bericht jährlich an, indem Sie die Fortschritte (und Rückschritte) prüfen.

Wie gestalte ich meine Beratung nachhaltig?

Einer der wesentlichsten Aspekte der Nachhaltigkeit ist ihre Beratung. Entsprechend sollte hier also der Fokus auf Verbesserungen liegen. Konstituierend dafür ist, zu erkennen, dass nachhaltige Finanzen ein ganz wesentlicher Teil von Nachhaltigkeit sind. Hier liegt aus unserer Sicht eine große Verantwortung der Makler:innen. Dafür reicht jedoch der ausschnittsweise Blick nur auf Versicherungen nicht aus. Das heißt, um wirklich nachhaltig zu beraten, braucht es eine ganzheitliche Finanzberatung. Das heißt übrigens nicht, dass Sie alles und jedes Thema beraten (und können) müssen. Wenn Sie nicht jedes Thema beraten können und/oder wollen, brauchen Sie ein gutes Netzwerk.

Seite 2: Perspektive vom Versicherungsprodukt zur Kundenlösung wechseln

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Stephan Busch

Stephan Busch und Tom Wonneberger

Stephan Busch und Tom Wonneberger sind Versicherungsmakler und Inhaber der Progress Finanzplaner aus Dresden.

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