Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) © IVFP
  • Von Andreas Harms
  • 08.06.2022 um 08:22
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Michael Hauer hält es für eine gute Idee, Selbstständige zur Altersvorsorge zu verpflichten. Hier erklärt der Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), warum er das so sieht, wie man Selbstständige mit zu niedrigen Einkommen schützen kann und was man bei der Rürup-Rente lockern sollte.

Pfefferminzia: Der Koalitionsvertrag sieht eine Vorsorgepflicht für Selbstständige vor. Wie wahrscheinlich ist es, dass die kommt?

Michael Hauer: Aus meiner Sicht ist es sehr wahrscheinlich. Wahrscheinlich dauert es aber noch etwas, da aufgrund des Ukraine-Kriegs derzeit alles andere nach hinten geschoben wird. Die Einführung der Vorsorgepflicht ist gemäß Koalitionsvertrag aber nur für Selbstständige vorgesehen, die sich neu selbstständig machen, das heißt, diejenigen, die bereits selbständig sind, wären davon nicht betroffen. Damit will man offensichtlich ein Bürokratie-Monster vermeiden, denn die Beurteilung von bereits vorhandener Vorsorge bei Bestands-Selbstständigen ist wohl schwer zu greifen. Darüber hinaus ist für die neuen Selbständigen eine Karenzzeit bezüglich der Versicherungspflicht von zwei Jahren vorgesehen, sodass sie also frühestens in 2024 in die verpflichtende Altersvorsorge einsteigen müssten.

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Ist das alles eine gute Idee?

Ja! Meines Erachtens hätte diese Regelung bereits vor Jahren eingeführt werden müssen. Die Selbstständigen sind offensichtlich zwar Meister auf ihrem Fachgebiet, aber die eigene Vorsorge vergessen sie leider allzu häufig oder nehmen sie zu wenig ernst. Dadurch landen verhältnismäßig mehr Selbstständige in der Grundsicherung als uns lieb ist.

Viele Freiberufler und Selbstständige kommen mit ihrem Geld gerade so hin. Kann man ihnen überhaupt eine Pflichtvorsorge aufzwingen?

Das Gesetz wird natürlich sinnvoll ausgestaltet sein müssen, das heißt, man wird Grenzen beim Einkommen festlegen, unter dem die Pflicht entfällt. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Allerdings ist der Gesetzgeber immer wieder für Überraschungen gut – warten wir‘s ab.

Wie sieht so eine Altersvorsorge sinnvoll aufgebaut aus?

Es würde Sinn machen, die Selbstständigen genauso wie die sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit in das gesetzliche Rentenversicherungssystem einzubeziehen. Als Alternative, die man meines Erachtens dringend mit zulassen sollte, bietet sich die Basisrente an. Damit hätte der Selbstständige die Wahl zwischen einer Lösung mit dem Umlagesystem oder mit Kapitaldeckung. Diese Flexibilität sollte man ihm oder ihr geben.

Welche Eigenschaften sollte die Vorsorge dann haben?

Das ergibt sich direkt aus den vorhandenen Bedingungen bei der gesetzlichen Rente beziehungsweise der Basisrente. In beiden Fällen erhält man als Leistung eine Leibrente, also eine Rente, die bis zum Lebensende gezahlt wird, egal wie alt man wird. Kapitalauszahlung ist nicht möglich. Auch die Vererbbarkeit ist nur an die oder den Ehepartner:in beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner:in und an die kindergeldberechtigten Kinder erlaubt. Dass es nur eine Leibrente gibt, kann ich verstehen, denn der Gesetzgeber will ja eine Versorgung bis zum Lebensende gewährleisten. Die Einschränkungen bei der Vererbbarkeit könnte jedoch aus meiner Sicht gelockert werden, da in der heutigen Zeit Partnerschaften ohne Trauschein nicht mehr die Ausnahme sind, sondern eher die Regel.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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