Fabian von Löbbecke ist Vorstandsvorsitzender von HDI Pensionsmanagement und im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG für bAV verantwortlich. © HDI
  • Von Lorenz Klein
  • 25.05.2020 um 13:21
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 04:15 Min

„Die Betriebsrente ist sicher. Arbeitnehmer können mit ihr viel gewinnen, aber nichts verlieren“, sagt HDI-Leben-Vorstand und bAV-Experte Fabian von Löbbecke. Das gelte auch für die Betriebsrenten des ins Trudeln geratenen Kaufhof-Konzerns. Wie es für die betroffenen Rentner jetzt weitergeht, welche Lehren zu ziehen sind und wie Makler mit dem vermeintlichen Damoklesschwert Haftung umgehen sollten, verrät er im Interview.

Pfefferminzia: „Königsweg bAV: effiziente Vorsorge, sichere Lösungen und vertrieblicher Mehrwert“, lautet Ihr Vortrag, den Sie am 9. Juni den Teilnehmern des HDI bAV-Expertenforums 2020 im Web präsentieren. Das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein. Können Sie uns verraten, was die Makler von diesem Dreiklang erwarten können?

Fabian von Löbbecke: Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist effizient, weil sie Arbeitnehmern für den eingezahlten Beitrags-Euro am meisten Rente bietet. Das liegt daran, dass die bAV aus mehr Fördertöpfen schöpfen kann als jede andere Vorsorgeform. Zur reinen Produktrendite addieren sich in der Anwartschaftsphase Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse sowie obligatorische Arbeitgeberzuschüsse und eine teilweise Sozialversicherungsfreiheit in der Leistungsphase. Hinzu kommen günstige Sonderkonditionen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Gute kommen, deren Arbeitgeber einen Kollektivvertrag mit einem Versicherer abgeschlossen hat.

Zu guter Letzt steht bAV-Sparern auch die Ertragsquelle der Riester-Förderung offen. Hier sprudeln Zulagen und der Staat gewährt einen Sonderausgaben-Abzug auf die Beiträge. Kurzum: Nutzt der Arbeitnehmer all diese Ertragsquellen, kann er mit seiner bAV eine Gesamtrendite von mehr als sieben Prozent erzielen – und das, ohne sich Kapitalmarktrisiken auszusetzen, wie private Vorsorgeprodukte sie häufig mit sich bringen.

Denn zugleich gilt: Die Betriebsrente ist sicher. Arbeitnehmer können mit ihr viel gewinnen, aber nichts verlieren. Mit der Bruttobeitragsgarantie zum Rentenbeginn hat der Gesetzgeber für die bAV ein sehr hohes Schutzniveau festgelegt. Arbeitgeber und Vermittler können die bAV mit Hilfe durchdachter Beratungskonzepte weitgehend frei von Haftungsrisiken anbieten.

Rendite und Sicherheit – das sind im Übrigen zwei Merkmale, die sich bei den meisten Vorsorge- und Anlageprodukten ausschließen. Je stärker das eine Merkmal ausgeprägt ist, desto schwächer das andere. In der bAV ist das anders. Sie schafft es, beide Vorteile in sich zu vereinen. Das ist ihr Alleinstellungsmerkmal, das macht ihren vertrieblichen Mehrwert aus.

Die Zuversicht, die der Titel Ihres Vortrags ausstrahlt, prallt dieser Tage allerdings auf Schlagzeilen, wie diese: „Kaufhof zahlt aktuell keine bAV-Renten“. Was ist da los? Besteht die Gefahr, dass sich solche Vorkommnisse künftig häufen – und vielleicht sogar Nachahmer findet?

Zugegeben, die Schlagzeile klingt erst einmal dramatisch. Aber: Nach allem, was ich als Außenstehender weiß, sind auch die Kaufhof-Betriebsrenten sicher. Es war zu lesen, dass der Arbeitgeber sich seit Anfang April in einem Schutzschirmverfahren befindet. Dessen Ziel ist, die Insolvenz abzuwenden und den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens langfristig zu sichern. Hinzu kommt: Insolvenzgerichte genehmigen ein Schutzschirmverfahren nur, wenn der Antragsteller noch zahlungsfähig ist und eine realistische Chance auf Sanierung besteht. Auch für die Betriebsrentner besteht also die Perspektive, dass am Ende alles wieder ins Lot kommt.

Klar ist aber auch: Die betroffenen Rentner müssen vorübergehend Einschnitte hinnehmen. Der Arbeitgeber zahlt während des Schutzschirmverfahrens keine Betriebsrenten mehr. Der Pensionssicherungsverein (PSV) hingegen, über den die Renten hier wohl abgesichert sind, wäre erst dann leistungspflichtig, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet würde. Das ist bis jetzt glücklicherweise nicht der Fall.

Doch zurück zu Ihrer Frage: Ich gehe nicht davon aus, dass wir solche Schlagzeilen künftig häufiger lesen müssen. Die Antragsvoraussetzungen für das Schutzschirmverfahren sind streng. Deshalb rechne ich weder damit, dass es zum Massenphänomen wird, noch damit, dass Trittbrettfahrer es missbrauchen.

Wie geht es für die betroffenen Rentner jetzt weiter?

Die wichtigste Botschaft zuerst: Die Rentenzahlungen sind nur ausgesetzt, nicht gestrichen. Nach Abschluss des Schutzschirmverfahrens müssen alle fälligen Zahlungen nachgeholt werden – je nach Ausgang entweder vom Arbeitgeber oder vom PSV. Den Rentnern geht kein Cent verloren. Zweitens: Der missliche Schwebezustand, in dem sich die Rentner aktuell befinden, dauert nur kurze Zeit. Meines Wissens verlangen die Insolvenzgerichte spätestens drei Monate nach Eröffnung des Schutzschirmverfahrens einen Sanierungsplan. Drittens: Um kurzfristige Liquiditätsengpässe auszugleichen, rate ich Rentnern, die temporären Gesetzesänderungen zu nutzen, die der Staat im Zuge der Corona-Krise eingeführt hat. Denkbar wäre zum Beispiel, wiederkehrende Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen auszusetzen.

Das bieten viele Unternehmen übrigens auch aus Kulanz an. Beispiel HDI Leben: Im Rahmen unserer sogenannten „Corona-Pause“ können Kunden ihre Beiträge bis zu sechs Monate aussetzen und die Zahlungen anschließend zinsfrei nachholen. Wichtig: Im Gegensatz zur Prämienfreistellung bliebt der Versicherungsschutz während der Corona-Pause vollständig erhalten.

Welche Lehren für die Zukunft können Arbeitgeber und Vermittler aus den Ereignissen ziehen?

Das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Wahl des Durchführungswegs geht. Der Berichterstattung ist zu entnehmen, dass der betroffene Arbeitgeber auf Pensionszusagen gesetzt hat. Hier richtet sich der Versorgungsanspruch des Rentners direkt gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Nur deshalb kann es im Schutzschirmverfahren zum Zahlungsverzug kommen. Das wäre nicht passiert, wenn die Arbeitnehmer zum Beispiel Direktversicherungen abgeschlossen hätten. Denn ein externer Versorgungsträger bleibt von der Arbeitgeber-Insolvenz grundsätzlich unberührt. Der Rentner hat einen direkten Leistungsanspruch gegenüber dem Versicherer.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort