Oliver Schoeller ist Vorstandsvorsitzender des Gothaer Konzerns. © Gothaer
  • Von Lorenz Klein
  • 31.03.2023 um 15:46
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Der Versicherer Gothaer hat eine positive Bilanz für 2022 gezogen. Es sei „in Summe ein außerordentlich gutes Jahr“ für die Gothaer gewesen, wie Konzernchef Oliver Schoeller erklärte. Während sich das Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung nahezu halbiert hat, wollen die Kölner künftig verstärkt im Mittelstand wachsen – und dort den nachhaltigen Wandel vorantreiben.

Gothaer-Chef Oliver Schoeller hat am Freitag in einem virtuellen Pressegespräch eine positive Bilanz des Geschäftsjahres 2022 gezogen. Trotz einer schwierigen Gemengelage, geprägt vom Ukraine-Krieg, der Inflation und Rezessionsängsten, habe der Kölner Versicherer „ein sehr gutes Ergebnis erzielt“. Die konzernweiten Beitragseinnahmen lagen bei 4,6 Milliarden Euro – 2,3 Prozent weniger als im „sehr starken Jahr 2021“. Der Jahresüberschuss stieg um 1,3 Prozent auf 83 Millionen Euro.

„Wir wollen unsere führende Position im Mittelstand weiter festigen“, skizzierte Schoeller die Pläne seines Hauses. „Es gibt unglaublich viel Risikoberatungsbedarf“, betonte der Gothaer-Chef und verwies beispielhaft auf Energiekrise und Cybergefahren. Dieser Beratungsbedarf erzeuge wiederum eine Dynamik und führe dazu, so Schoeller, dass dem Versicherer bei seinen Firmenkunden eine besondere Rolle zukomme „in der Neusortierung im Kontext der geopolitischen Verwerfungen“.    

Insofern überraschte es nicht, dass sich Schoeller „ganz besonders“ über das starke Wachstum im Unternehmerkundensegment mit einem Plus von 9,1 Prozent freute. Dazu muss man wissen, dass  dieses Wachstum nicht zuletzt davon getrieben wurde, dass viele Verträge Klauseln beinhalten, die eine automatische Anpassung der Prämienhöhe an die Inflation festschreiben. Zugleich seien die Zuwächse aber eben auch der Nachhaltigkeitsstrategie der Gothaer für den Mittelstand zu verdanken, wie Schoeller betonte.

Gothaer tritt als Energieberater für Firmenkunden auf

Dass Firmenkunden in Sachen Nachhaltigkeitsstrategie oft noch ganz am Anfang stehen – und folglich auf eine helfende Hand angewiesen sind –, ließ Schoellers Vorstandskollege und Gothaer-Allgemeine-Chef Thomas Bischof durchblicken. Hier hat die Gothaer vor allem die Energieberatung als Thema mit hohem Mehrwert ausgemacht: „Wir unterstützen den Mittelstand aktiv bei der Senkung seines Energieverbrauchs und bei der Umstellung auf erneuerbare Energien“, schilderte Bischof das Vorgehen.

Dafür stelle die Gothaer ihren Kunden einen Zugang zur hauseigenen Plattform econize.de zu Verfügung. Das Portal umfasse ein individuelles Energieaudit, Maßnahmen zur CO2-Reduktion sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse. „Angesichts der ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung und der drastisch gestiegenen Energiepreise steigt die Nachfrage nach diesem Angebot stark“, so Bischof.

Ohnehin sieht sich die Gothaer als einer der größten Kapitalanleger im Bereich Erneuerbare Energien, gemessen am Kapitalanlagevolumen. Im Neugeschäft erzielte die Gothaer Allgemeine laut Bischof ein Rekordergebnis von 94 Millionen Euro, was einem Plus von über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspreche. „Der deutliche Zugewinn im Neugeschäft zeigt, dass wir die richtigen Angebote haben, um die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden abzudecken“, freute sich der Manager.

Sorgenkind Lebensversicherung

Tatsächlich konnte die Gothaer Allgemeine sowie die Gothaer Krankenversicherung im Beitragsvolumen zulegen, während die Lebensversicherung erwartungsgemäß das Sorgenkind bleibt – während also Komposit- und Krankensparte ein Beitragswachstum von 6,5 und 0,9 Prozent erzielten, sanken die Beitragseinnahmen in der Lebensversicherung deutlich um 18,4 Prozent.

Der herbe Rückgang im Leben-Segment sei praktisch ausschließlich dem Einbruch beim Einmalbeitragsgeschäft geschuldet, „das sich fast halbiert hat“, wie Finanzvorstand Harald Epple erklärte. Von  505 Millionen Euro rauschte das Einmalbeitragsvolumen auf 249 Millionen Euro herunter. Zwar sei das Einmalbeitragsgeschäft branchenweit zurückgegangen, jedoch „nicht so stark wie bei uns“, wie Epple einräumte. Das habe wiederum damit zu tun, so der Finanzvorstand, dass die Gothaer im Einmalbeitragsgeschäft in den vergangen vier bis fünf Jahren viel stärker gewachsen sei als die Branche. Salopp formuliert: Die Gothaer hat hoch gepokert und muss nun die Risiken dieser Geschäftspolitik in Kauf nehmen.

Gothaer will 2023 über Marktniveau wachsen

Konzernchef Schoeller räumte dann auch ein, dass das Umfeld in der Lebensversicherung anspruchsvoll bleibe. In der Sachversicherung würden sich wiederum die Inflationswirkungen in den Schadenaufwänden zunehmend bemerkbar machen. Dennoch sehe der Konzern „aufgrund der strategisch guten Positionierung, der operativen Agilität und der hohen Resilienz optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr“. Bereits für das laufende Jahr strebe die Gothaer ein Beitragswachstum von 3 bis 5 Prozent an, was deutlich über Marktniveau liegen, wie Schoeller resümierte.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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