Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht für Kliniken drei Leistungs-Level vor. © picture alliance/dpa | Carsten Koall
  • Von René Weihrauch
  • 08.02.2024 um 16:42
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Weg mit den bisherigen Fallpauschalen, her mit einem neuen Vorhalte-Vergütungssystem. Die wichtigsten Eckpunkte der Krankenhausreform sind bekannt, viele Details aber noch strittig. Was kommt da auf Versicherer und Kliniken, Patienten und Makler zu? Ein Überblick.

Eine weitere Konsequenz war allerdings, dass Krankenhäuser hohe Patientenzahlen brauchten, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Das stellt einerseits einen Leistungsanreiz dar. Andererseits bedroht es Häuser in ländlichen Gebieten mit wenig potenziellen Patienten in ihrer Existenz. Laut einem Bericht des „MDR“ wurden zwischen 2003 und 2021 bundesweit 304 Kliniken geschlossen. Außerdem schreibt – auch im Zuge von Corona – inzwischen jedes zweite Krankenhaus rote Zahlen. Experten fürchten eine Schließungswelle.

Grundsätzlich wird die Notwendigkeit einer Reform deshalb auch von allen Seiten gesehen. Während der GKV-Spitzenverband „die einheitliche Strukturierung der Krankenhauslandschaft durch Leistungsgruppen mit Qualitätsanforderungen ausdrücklich begrüßt“, übt der PKV-Verband aber genau daran Kritik: „Eine Vorhaltefinanzierung nach dem Motto ,Geld ohne Leistung‘ birgt große Risiken“, heißt es in einem Positionspapier. „Es drohen massive Fehlanreize, wenn die Bezahlung sich nicht auf erbrachte Leistungen bezieht.“

Was machen die Versicherer?

Doch was bedeutet die Reform für die Versicherer? Wie sollten sie reagieren? „Wie sich die geplante Krankenhausreform – wenn sie denn beschlossen wird – auf die private Krankenversicherung auswirken wird, lässt sich aktuell nicht genau vorhersagen“, antwortet Norbert Loskamp, medizinischer Leiter beim PKV-Verband, auf eine Pfefferminzia-Anfrage. „Bislang konnten die beteiligten Akteure sich nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen. An Spekulationen wollten wir uns deshalb nicht beteiligen. Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich aber sagen, dass auf Basis der zuletzt verhandelten Überlegungen die Reform mit dem dualen System durchaus kompatibel ist. Das Leistungsangebot der privaten Krankenversicherer für den stationären Bereich im Voll- und Zusatzgeschäft hätte weiter seine Berechtigung.“

Schon jetzt wächst das Interesse an Zusatzversicherungen für Wahlleistungen im Krankenhaus kontinuierlich. Zwischen 2011 und 2021 ist die Zahl solcher Policen von 5,71 auf 6,44 Millionen gestiegen. Als Makler sollten Sie im Blick behalten, ob in diesem Bereich mit der Reform etwa neue Produkte auf den Markt kommen.

So sieht man beispielsweise bei der Signal Iduna zwar „in der aktuellen Analysephase keine direkten Auswirkungen auf bestehende Produkte“. Aber: „Bei künftigen Produktentwicklungen beziehungsweise -überarbeitungen, insbesondere im Bereich der Krankenhauszusatzversicherung, wird geprüft, inwieweit die geänderten Rahmenbedingungen durch die Krankenhausreform Einzug in die Tarife erhalten“, erklärt Stephanie Griese, Bereichsleiterin Produktmanagement und Tribe Lead KV Produktmanagement bei den Dortmundern.

Annette Niessen-Wegener, Leiterin Produkt- und Geschäftsentwicklung bei der Barmenia Krankenversicherung, weist auf einen anderen Aspekt hin, nämlich die geplante Verlagerung von Operationen in den ambulanten Bereich – laut GKV-Spitzenverband immerhin etwa 300.000 vollstationäre Fälle pro Jahr, die künftig ambulant erfolgen sollen. Für die stationären Ergänzungstarife der Barmenia sieht sie dennoch keine kritischen Auswirkungen. Der Grund: „Die ambulanten Operationen und die ambulante Aufnahme- und Abschlussuntersuchung sind von unseren neueren stationären Ergänzungstarifen bereits heute gedeckt, solange sie im Krankenhaus stattfinden.“

Allerdings rechnet die Barmenia-Expertin vor dem Hintergrund der neuen Vergütungsform und der Verlagerung von Leistungen in den ambulanten Bereich mit Veränderungen in der Kostenstruktur: „Es ist zu erwarten, dass die Kosten im ambulanten Bereich steigen werden, da der Katalog für ambulante Operationen erweitert wurde. Demgegenüber steht, dass dadurch stationäre Strukturen entlastet werden. Die konkreten Auswirkungen lassen sich noch nicht abschätzen.“

Das gilt wohl für viele Konsequenzen, die sich aus der geplanten Krankenhausreform ergeben. Maklerinnen und Makler, die im PKV-Bereich unterwegs sind, fahren jedenfalls gut, wenn sie die Entwicklung in den nächsten Monaten genau verfolgen.

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René

René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

kommentare
jan.lanc@deuass.de
Vor 3 Monaten

Die Reform ist mehr als überfällig. Wir haben ein überteuertes Gesundheitssystem und viele Operationen werden nur aus finanziellen Gründen durchgeführt.

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Vor 3 Monaten

Die Reform ist mehr als überfällig. Wir haben ein überteuertes Gesundheitssystem und viele Operationen werden nur aus finanziellen Gründen durchgeführt.

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