Nicht nur Kinder stehen auf Süßes. © Pixabay
  • Von Joachim Haid
  • 12.07.2019 um 17:36
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Zucker ist böse. Getreide beziehungsweise Gluten ist böse. Vollkorn jedoch gesund. Fett ist mal gut, mal schlecht. Fleisch ist gut für uns, das rote jedoch weniger. Im nächsten Moment ist dieses dann doch wieder nicht so schlimm. Und jetzt soll uns auch noch Gemüse krank machen? Es wird Zeit, Licht in das Durcheinander zu bringen.

Leere Kalorien

Eine Kalorie ist nicht gleich eine Kalorie, weshalb das reine Kalorienzählen beim Gewichtsmanagement nur wenig sinnvoll ist. Dennoch sollten wir darauf achten, beim Essen nicht nur Kalorien zu uns zu nehmen, sondern auch Mikronährstoffe, die der Körper benötigt: Vitamine, Mineralien, Spurenelemente.

Stark zuckerhaltige Speisen enthalten meist jedoch nur sehr wenig Mikronährstoffe. Süßigkeiten und Limonaden sind im Prinzip leere Kalorien. Der Körper hat weiterhin Bedarf an Nährstoffen, erhält jedoch nur Kalorien zugeführt. So verhungern unsere Zellen regelrecht vor gefülltem Teller. Obwohl wir in Europa reichlich zu essen haben, leiden viele an einem Mangel im Überfluss. Da der Körper die Nährstoffe benötigt, bleibt der Hunger bestehen. Wir werden nicht satt und essen weiter. Selbst dann, wenn wir die notwendigen Kalorien zur Deckung des Umsatzes bereits aufgenommen haben. Damit wachsen die Fettspeicher an.

Schwankender Blutzuckerspiegel

Hinzu kommt, dass die Aufnahme von einfachen beziehungsweise schnellen Kohlenhydraten, den Blutzuckerspiegel stark ansteigen lassen. In der Folge schüttet die Bauchspeicheldrüse entsprechende Mengen an Insulin aus, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren. Im Blut sollte der Zuckergehalt nicht zu lange zu hoch sein, da er ansonsten zum Beispiel Schäden an den Adern verursachen kann. Das beginnt zunächst bei den feinsten Äderchen im Auge. Das kann eine Retinopathie, ein Makula-Ödem, oder eine Linsentrübung zur Folge haben. Im schlimmsten Fall führt dies zur Erblindung. Menschen, die an Diabetes Typ II leiden, kennen diese Gefahren.

Aber auch größere Gefäße können geschädigt werden. Kommt nun noch hoher Blutdruck aufgrund von Übergewicht und/oder Bewegungsmangel dazu, kann es so zur Atherosklerose kommen, umgangssprachlich Arterienverkalkung genannt. Die verletzten Gefäße entzünden sich, das lockt Immunzellen an, was die Entzündungssituation noch verstärkt. Es bilden sich Schaumzellen, die verhärten können. Die Adern verengen sich (Stenose). Im schlimmsten Fall kommt es zu einem vollständigen Verschluss, was zum Beispiel einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zur Folge haben kann. Alternativ kann sich aus den Ablagerungen ein Thrombus lösen, der ebenfalls feine Gefäße verschließen kann.

Durch die hohe Insulinausschüttung kann der Blutzuckerspiegel jedoch unter einen für das Gehirn kritischen Wert sinken. Dieses ist primär auf Glukose als Energielieferant angewiesen und verfügt nur über einen Energiepuffer von rund 15 Minuten. Deshalb reagiert das Gehirn sehr sensibel auf einen zu starken Blutzuckerabfall. Wird dieser registriert, werden Botenstoffe ausgeschüttet, die wiederum Heißhunger auf schnelle Kohlenhydrate erzeugen. Schließlich erhöhen diese den Blutzuckerspiegel am schnellsten. Damit beginnt der Kreislauf von vorne.

Sind die Glykogenspeicher der Muskelzellen gefüllt, wird weiter anströmender Zucker in den Fettzellen als Fett gespeichert. Diese haben enorme Speicherkapazitäten. Gerade das Organ-/Bauchfett (viszerale Fett) ist in diesem Zusammenhang jedoch problematisch. Es ist stoffwechselaktiv und schüttet bestimmte Entzündungsstoffe aus (zum Beispiel Zytokine). Diese können entzündliche Reaktionen weiter anheizen. Da diese Entzündungen weder schmerzen noch Schwellungen oder Rötungen verursachen, spricht man von stillen oder auch unterschwelligen Entzündungen. Diese beschäftigen nicht nur das Immunsystem, wodurch der Mensch insgesamt anfälliger für Infekte wird. Über Jahrzehnte hinweg droht die Entstehung der oben genannten Atherosklerose. Auch Demenz oder Parkinson können die Folge sein.

Das ständige Auf und Ab des Blutzuckerspiegels stresst jedoch auch die Zellen. Ständig werden Sie durch Insulin regelrecht belästigt, das an ihre Zellwände klopft und um Einlass für die Glukosemoleküle bittet. Über die Jahre hinweg kann das dazu führen, dass die gestressten Zellen auf Insulin immer weniger reagieren. Dies stresst nun die Bauchspeicheldrüse. Denn sie muss immer mehr Insulin ausschütten, um den Zucker aus dem Blut zu bekommen. Dieser Teufelskreislauf führt über kurz oder lang zu Diabetes Typ II. Die Zellen sind insulinresistent geworden. Die Beta-Zellen der Bauspeicheldrüse geben vor Erschöpfung auf und sterben im schlimmsten Fall ab. Jetzt hat sich Diabetes Typ II manifestiert.

Auch im Gehirn kann in der Folge der Zuckerstoffwechsel gestört sein. Die Gehirnzellen können Zucker schlechter aufnehmen. Dessen Energie benötigen sie aber, um volle Leistung erbringen zu können. Außerdem können sich Schlacken (Advanced Glycation Endproducts, kurz AGEs) ablagern. Wer als Erwachsener Diabetes entwickelt, hat ein deutlich erhöhtes Risiko an Demenz oder Alzheimer zu erkranken.

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Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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