Geschäftsmänner am Verhandlungstisch. © Yanalya/Freepik.com
  • Von Peter Schmidt
  • 19.09.2023 um 10:15
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Es ist schon merkwürdig. Die Ziellinie eines Verkaufs ist fast erreicht. Und dann kommt der Verkäufer mit Details um die Ecke, die die Verhandlungen neu anheizen und manchmal auch zum Scheitern bringen. Einige dieser Sonderthemen erörtert Unternehmensberater Peter Schmidt in seiner Kolumne.

Die Verhandlungen zum Verkauf eines Bestandes oder einer Maklerfirma sind oft langwierig und zeitraubend. Und so ist es verständlich, dass Käufer und Verkäufer froh sind, wenn ein Ende absehbar ist und der Kaufpreis fixiert ist. Und dann passiert es. Vom Verkäufer werden Details aus der Jackentasche gezogen, die Verhandlungen und Diskussionen neu beginnen lassen. Besonders beim potenziellen Käufer regen sich dann nicht nur positive Emotionen. Dazu gehören Themen wie Stornoreserven, Bankguthaben, Darlehen oder Einkünfte aus bestimmten Produkten. Nehmen wir uns die einzelnen Punkte einmal vor.

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Kern der Bestandsbewertung sind die regelmäßig wiederkehrenden Einkünfte

Die Grundsätze der Bewertung von Firmen und Beständen haben wir in unserem Nachschlagewerk „Nachfolge – gewusst wie“ ausführlich beschrieben. Deshalb gehen wir nicht noch einmal darauf ein. Im Kern der Bewertungen stehen die regelmäßigen wiederkehrenden Einkünfte. Wir nennen dies in unsere Branche meist Bestandscourtagen oder kurz BP. Damit werden alle Courtagen aus den Sparten Sach, Gewerbe, Leben und Kranken zusammengefasst.

Zu den regelmäßig wiederkehrenden Einkünften gehören auch Vergütungen aus genau solchen Kapitalanlagen des Maklers mit ihren unterschiedlichen Bezeichnungen wie Kickbacks oder Servicepauschalen. Apropos Servicepauschalen. Auch die Servicevereinbarungen, die der Makler mit seinen Kunden für zusätzliche Services abschließt, zählen wir auch zu den regelmäßig wiederkehrenden Einkünften, die man in eine Wertermittlung einbeziehen kann.

Das Anlagevermögen einer Maklerfirma in der Bewertung

Natürlich ist es für Investoren und Käufer wichtig, das Anlagevermögen einer Firma zu kennen. Damit können (auch) Rückschlüsse auf die Zukunftsfähigkeit einer Firma gezogen werden. Stellt sich aber die Frage, ob Rücklagen, Bankguthaben oder auch bestehende Darlehen Einfluss auf die Bewertungen haben können oder sollen. Rechtsanwälte würden sagen: Es kommt darauf an.

Bei der Bestimmung des Unternehmenswert über den Ertrag spielt es eher eine untergeordnete Rolle, denn hier ist nur der Ertrag der vergangenen Jahre wichtig. Wurde beispielsweise die komplette IT-Basis erneuert und ein höherer Betrag für die Investition über ein Darlehen realisiert, dann hat das Darlehen zunächst keinen direkten Einfluss auf den Ertragswert. Allerdings gehen dann die entsprechenden Abschreibungen in die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ein, was wiederum seine Auswirkungen auf den Ertrag haben kann. „Kann“ deshalb, weil es steuerlich bedeutsam ist, ob hier eine Ersatzinvestition erfolgte, oder wirklich eine Neuanschaffung.

In ähnlicher Weise sind auch Guthaben oder Darlehen im Umlaufverfahren zu würdigen. Auch hier kommt es auf das Bewertungsverfahren an. Keine Auswirkungen sind beispielsweise beim herkömmlichen „Umsatzwertverfahren“ (Bestandscourtage als Basis) zu erwarten. Auch der Unternehmenswert ist davon selten betroffen, wie Ende voriges Jahres Käufer und Verkäufer einer Makler-GmbH in Sachsen erkannten und entsprechend handelten.

Im konkreten Fall gab es eine ansehnliche Rücklage auf dem Firmenkonto. Diese wurde in den Verkaufsverhandlungen transparent dargestellt. Die Käufer hatten aus mehreren Gründen kein Interesse daran, dass diese Rücklage über einen erhöhten Kaufpreis mit übertragen wird. Der Umsatz- und Ertragswert waren ermittelt, die Rücklage war dabei nicht zu berücksichtigen, also wurde der Verkäufer gebeten, die Rücklage vor den Verkauf seiner GmbH als zusätzliche Gewinnausschüttung zu entnehmen. Der entsprechende Gesellschafter-Beschluss erfolgte und beiden Seiten waren zufrieden. Das Finanzamt des Verkäufers hat sich sicher auch gefreut.

Natürlich geht auch der andere Weg, dass das Guthaben in der Firma bleibt und der Käufer dies mit übernimmt. Eine solche Konstellation kann auch ein Bankdarlehen auf Seiten der Käufer ebenso fördern wie ein Verkäuferdarlehen. In jedem Fall, also auch wenn beispielsweise ein Gesellschafterdarlehen im Raum steht, sollte im Kaufvertrag auch dann eine Regelung getroffen werden, wenn das Darlehen nicht in den Umsatz- oder Ertragswert eingegangen ist.

Warum sollte man dies tun? Ganz einfach: Um nachvertraglichen Stress und Missverständnisse zu vermeiden. Schauen Sie dazu gerne einmal die den Video-Podcast #Nachfolge90, wo weitere Spezialthemen rund um den Verkauf von Maklerbeständen und Maklerfirmen erläutert werden.

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Peter Schmidt

Dr. Peter Schmidt ist seit 2013 Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Berlin und als Experte für Strategie- und Prozessberatung für Versicherer, Maklerpools, Vertriebe und Makler tätig.

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