Wer schlägt sich besser: passive oder aktive Fonds? © picture alliance / AP Photo | Vincent Thian
  • Von Sabine Groth
  • 12.04.2022 um 12:45
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ETFs gelten als einfacher und kostengünstiger Zugang zu den Kapitalmärkten. Aber die börsennotierten Indexfonds sind keine Selbstläufer und nicht zwingend die bessere Wahl im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds. Worauf ist zu achten?

Ob in den USA, Europa oder Deutschland: 2021 war das neue Rekordjahr für Zuflüsse in Investmentfonds. Es gibt jedoch einen Unterschied: Während in den USA nach Zahlen des Analysehauses Morningstar rund 80 Prozent in passive Strategien flossen, konnten in Europa die aktiv gemanagten Fonds den Großteil der Gelder vereinnahmen. Für Deutschland vermeldet der Fondsverband BVI Nettozuflüsse in Publikumsfonds in Höhe von 118 Milliarden Euro, knapp ein Fünftel davon entfällt auf ETFs. Im Aktienbereich beanspruchten die Indexfonds allerdings mehr als ein Drittel der Zuflüsse für sich.

ETF steht für Exchange Traded Fund, übersetzt heißt das börsengehandelter Fonds. Es handelt sich dabei um passive Fonds, die versuchen die Entwicklung eines Index möglichst genau abzubilden. Ein solcher Ansatz verursacht deutlich weniger Kosten als ein aktives Fondsmanagement, werden doch das teure Research und die Gehälter der Manager gespart. ETFs werden daher zunehmend von deutschen Privatanlegern als einfache, transparente und kostengünstige Lösung für ein breit gestreutes Investment an den Aktienmärkten gesehen.

Auch die Anlagepaletten der Fondspolicen haben sie erobert. „Grundlegend ist gegen ETFs nichts einzuwenden. Sie sind allerdings nicht die eierlegende Wollmilchsau, als die sie häufig dargestellt werden“, warnt Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement bei Helvetia Leben, und rät davon ab, nahezu blind auf die Indexfonds als ultimative Lösung zu setzen. Aktiv gemanagte Fonds sollten ebenfalls bei der Auswahl berücksichtigt werden. Denn Fondskosten sind nicht alles, und gebührenmäßig teurere Strategien können sich am Ende auszahlen.

Fondskosten sind in der ausgewiesenen Rendite bereits enthalten

Zwar zeigen Untersuchungen immer wieder, dass viele aktive Fonds den Index nicht schlagen. Sie zeigen aber gleichzeitig, dass eine ganze Reihe aktiver Strategien den entsprechenden Index sehr wohl hinter sich lassen – und zwar trotz der höheren Kosten auf Fondsebene. „Wer einen Fonds mit guter Performance finden will, sollte sich daher bei der Suche, etwa in Fondsvergleichen von Finanzportalen, nicht auf ETFs beschränken“, rät Overbeck. Und dabei müsse eines klar sein: „Die ausgewiesene Wertentwicklung von Fonds ist stets die Rendite nach Fondskosten und nicht vor Fondskosten. Vielen Kunden, aber auch Beratern, ist dies nicht bewusst.“

In den Fondsvergleichen fällt immer wieder auf, dass ETFs verschiedener Anbieter auf den gleichen Index zwar meist eine ähnliche, aber nicht die gleiche Performance aufweisen. Das liegt nicht nur an den unterschiedlichen Kosten, sondern auch an der Weise, wie der Index nachgebildet wird. Kein ETF gibt die Entwicklung eins zu eins wieder. Ziel ist es vielmehr, den betreffenden Index „möglichst exakt“ abzubilden.

Am genauesten und am kosteneffizientesten erfolgt die Nachbildung bei ETFs, die auf einem Swap, einem Tauschgeschäft, basieren. Diese bergen jedoch ein Kontrahentenrisiko, das heißt das Ausfallrisiko eines Swap-Partners, und sind mit der Finanzkrise 2008 in der Gunst der Anleger gesunken. Viele ETFs bilden den Index daher “physisch” nach und kaufen die Indextitel. Bei Indizes mit einer hohen Zahl an Werten wird in der Regel aus Kostengründen eine Optimierungsmethode angewendet, bei der nur in eine repräsentative Auswahl der Werte investiert wird.

Um den Fondskosten entgegenzuwirken, nutzen einige ETF-Anbieter die Wertpapierleihe, um Erträge zu produzieren. Sie „verleihen“ einzelne Aktien für eine bestimmte Zeit an Leerverkäufer und erhalten dafür eine Leihgebühr, die der ETF-Performance zugutekommt, aber auch Risiken mit sich bringt.

Der Indexname sagt nicht alles über den Inhalt

Es ist nicht nur wichtig zu wissen, wie ein Index repliziert wird, sondern auch was überhaupt drin ist. Die Zahl der Indizes, die über ETFs abgebildet werden, ist mittlerweile so gigantisch, dass die Auswahl nicht viel einfacher ist als die Auswahl der passenden aktiven Strategie. Aber selbst bei den Indexklassikern lohnt ein genauerer Blick.

Der beliebte MSCI World Index beispielsweise enthält nur Werte aus Industrieländern, derzeit machen US-Titel mehr als zwei Drittel des Index aus. Wer bei einem internationalen Aktieninvestment auch auf China und andere Emerging Markets setzen will, kann den MSCI ACWI (All Countries World Index) wählen, aber auch hier ist der weltgrößte Aktienmarkt USA mit rund 60 Prozent vertreten. Ist eine solche Dominanz nicht gewünscht, ist ein Mix aus mehreren regionalen Indizes vielleicht die bessere Wahl – oder eine entsprechende aktive Strategie.

Fazit: ETFs sind eine wertvolle Erweiterung des Anlagespektrums für Privatanleger, ob direkt oder innerhalb von Fondspolicen. Sie müssen aber nicht immer die beste Wahl sein. Das Motto lautet daher: nicht aktiv versus passiv, sondern aktiv und passiv.

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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