In der ESB-Beratung von Versicherungsvermittlern fehlt es oft noch an der Feinjustierung. © picture alliance / Zoonar | Roman Demkiv
  • Von Lorenz Klein
  • 26.05.2023 um 14:02
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:20 Min

Nur die Hälfte der Versicherungsvermittler in Deutschland (52 Prozent) fühlt sich für die Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten, kurz ESG-Beratung, ausreichend informiert. Zugleich will nur jeder zweite Kunde (53 Prozent) überhaupt über Nachhaltigkeit sprechen. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Vermittlerverbandes AfW.

Seit dem 2. August 2022 sind Versicherungsvermittler gesetzlich dazu verpflichtet, im Kundengespräch die Nachhaltigkeitspräferenzen ihres Gegenübers abzufragen. Doch volle Fahrt aufgenommen hat die sogenannte ESG-Beratung offenbar noch nicht, wie eine Umfrage des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung im Rahmen des 15. AfW-Vermittlerbarometers nahe legt.

Zwar bemühten sich Vermittler auf breiter Front, die Vorgaben zur nachhaltigen Beratung zu erfüllen, wie der AfW mitteilte, doch oft klaffen noch Wissenslücken auf. So sieht sich nur die Hälfte der Vermittelnden (52 Prozent) bereits ausreichend zum Thema ESG informiert. Jeder dritte (33 Prozent) verneinte dies. Immerhin 54 Prozent könnten ihren Kunden alle drei Fachbegriffe ESG, Taxonomie und Greenwashing erläutern, so der Verband. 32 Prozent hätten bei mindestens einem der Begriffe Mühe.

Doch auch das jeweilige Gegenüber macht es den Vermittlern oft nicht leicht. So sei überhaupt nur rund jeder zweite Kunde (53 Prozent) an einer Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten interessiert – und ist folglich auch dazu bereit, über die eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen zu sprechen. 22 Prozent wollen das Thema ESG hingegen gar nicht erst aufmachen und jedem vierten Kunden (25 Prozent) sei es schlicht egal, wie der AfW auf Basis des Vermittlerbarometers mitteilte.

Hier ist wichtig zu betonen, dass die Online-Umfrage, an der sich laut Verband knapp Vermittlerinnen und Vermittler beteiligten, bereits im Oktober und November 2022 durchgeführt wurde. Insofern ist davon auszugehen, dass sich in der Zwischenzeit – immerhin ein gutes halbes Jahr später – mehr Menschen für eine ESG-Beratung offen zeigen, sei es auf Vermittler- oder auch auf Kundenseite.

Quelle: 15. AfW-Vermittlerbarometer

Im damaligen Abfragezeitraum erklärten jedenfalls 40 Prozent der befragten Vermittler in Sachen Abfragepflicht genauso vorzugehen, wie es der Gesetzgeber von ihnen verlangt. 17 Prozent klärten ihre Kunden auch noch darüber hinaus auf. 19 Prozent meinten, die Beratung zu ESG-Themen auch dann anzugehen, obwohl ihre Kunden dies zunächst nicht wünschten. Jeder achte (12 Prozent) Befragte bekannte, keine Abfrage zu tätigen, weitere 12 Prozent beantworteten die Frage nicht.

Hierzu wendet AfW-Vorstand Norman Wirt ein, dass die Umfrage zu einer Zeit erfolgte, zu der für die Gewerbetreibenden mit Zulassung nach Paragraf 34 f Gewerbeordnung, sprich die unabhängigen Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler, noch keine Pflicht zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen bestand. Dies erkläre hauptsächlich die Ergebnisse bei den beiden letztgenannten Gruppen, so Wirth.

Quelle: 15. AfW-Vermittlerbarometer

Wirths Zwischenbilanz fällt dann auch eher wohlwollend in Bezug auf die Vermittlerschaft aus: „Wir sehen, dass viele Vermittler sich mittlerweile in die Thematik eingearbeitet haben und die Abfrage nach Nachhaltigkeitspräfenzen in ihren Beratungsprozess integriert haben.“ Hierzu hätten auch viele Beratungshilfen beigetragen, die es mittelweile am Markt gebe.

Noch einmal zurück zur Umfrage: Schriftliche Fragehilfen werden knapp 31 Prozent der Vermittelnden aktiv in der Beratung genutzt. Noch häufiger werden Software-Tools (42 Prozent) und allgemeines Informationsmaterial (34 Prozent) verwendet (Mehrfachnennungen waren hier zugelassen). Ohne technische Hilfe sei eine rasche Zuordnung der Produkte zu den passenden Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden kaum möglich, heißt es beim AfW. Hier seien aktuell noch in erster Linie die Produktgeber gefragt.

Wirths Fazit und Prognose:

Die Verankerung der Nachhaltigkeit in der Beratung ist ein Prozess, der Zeit braucht. Die überstürzte und inkonsistente Einführung seitens der Regulierung hat den Start unnötig erschwert. Wir erwarten aber, dass sich in einem Jahr der Kenntnisstand und die Umsetzung in der Praxis bei den Beraterinnen und Beratern deutlich verbessert haben wird.“

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort