Autos und Rasenmäher in der Warteschlange vor einer Tankstelle in San Jose, Kalifornien, 1974: Knappes Öl erzeugte in den 70ern hohe Inflation © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Anonymous
  • Von Redaktion
  • 09.08.2022 um 09:32
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Wahrscheinlich lesen Sie das jetzt nicht zum ersten Mal: Die aktuelle Inflation ähnelt in einigen Punkten verblüffend jener aus den 70er Jahren. Nur in welchen? Und wo sind Unterschiede? Und was heißt das für die Gegenwart? In seinem Gastbeitrag liefert Erik Weisman Antworten. Er ist Chefvolkswirt bei MFS Investment.

Genau zu dem Zeitpunkt, als sich die Inflation ausgehend von fast null nach dem globalen Lockdown zu Beginn der Pandemie erholte, ging die Fed, der es zehn Jahre lang nicht gelungen war, die Inflation auf den von ihr angestrebten Wert zu heben, zu einem flexiblen durchschnittlichen Inflationsziel über. Das hieß, dass sie nach Jahren mit einer Teuerung unter 2 Prozent die Inflation eine Weile über dem Zielwert belassen würde, damit sich im Zeitablauf der gewünschte Durchschnittswert einstellen würde. Das Timing der Zentralbank hätte kaum schlechter sein können. Pandemiebedingte Lieferengpässe, Arbeitskräftemangel und eine Verschiebung der Konsummuster von Dienstleistungen zu Gütern ließen die Preise schnell steigen. Die Fed hielt diese Entwicklung für vorübergehend und reagierte zu spät. Jetzt muss sie die verlorene Zeit aufholen.

Starker Arbeitsmarkt

In den Siebzigerjahren waren erheblich mehr Arbeitskräfte gewerkschaftlich organisiert und viele Arbeitsverträge waren an die Inflation gebunden, sodass die Löhne mit der Inflation stiegen. Heute gibt es bei Weitem nicht so viele Gewerkschaftsmitglieder wie damals. Aber wegen des starken Arbeitsmarktes und der Demografie sind die Arbeitskräfte heute so mächtig wie seit vielen Jahren nicht mehr, und die Gewerkschaften gewinnen etwas mehr Mitglieder, aber noch ist nicht klar, ob sich dieser Trend fortsetzt.

Unterschiede

Lockere Geld- und Fiskalpolitik

In den Siebzigern waren Geld- und Fiskalpolitik dauerhaft expansiv, wodurch lange sehr viel Liquidität zur Verfügung stand. Trotz der außergewöhnlichen Wachstumsprogramme während und kurz nach der schlimmsten Phase der Pandemie sind beide heute enger. Tatsächlich dauerten die meisten geld- und fiskalpolitischen Programme der letzten Zeit weniger als ein Jahr, in den Siebzigern dagegen fast ein Jahrzehnt.

Unabhängigkeit der Zentralbanken und Inflationserwartungen

Heute sind die Zentralbanken unabhängiger, weil sie aufgrund der Reformen, die nach der Inflationsphase der 70er-Jahre eingeführt wurden, glaubwürdiger geworden sind und die Inflationserwartungen nicht mehr entgleisen.

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